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Hammelburg
Schauen, wo Papa arbeitet
Seit 60 Jahren schon gibt es den Bundeswehrstandort auf dem Lagerberg in Hammelburg. Familiäres Fest statt Riesensause.
In die Rolle eines Sanitäters von 1956 mit original Sanitätstasche ist Thomas Höfer geschlüpft.       -  In die Rolle eines Sanitäters von 1956 mit original Sanitätstasche ist Thomas Höfer geschlüpft.
| In die Rolle eines Sanitäters von 1956 mit original Sanitätstasche ist Thomas Höfer geschlüpft.
Kathrin Kupka-Hahn
 |  aktualisiert: 19.08.2022 22:55 Uhr
Lager Hammelburg Wie feiert man als Bundeswehrstandort einen 60. Geburtstag? Ganz groß, mit viel Tamtam, allerhand Prominenz und buntem Festprogramm? Oder doch eher klein, bescheiden, mit Wegbegleitern, Freunden, Kollegen und natürlich der ganzen Familie. Keine leichte Entscheidung, vor allem, wenn man ein bedeutender Arbeitgeber in der Region ist.
Offenbar ganz bewusst entschlossen sich die Verantwortlichen des Ausbildungszentrums Infanterie, den 60. Geburtstag auf dem Hammelburger Lagerberg mit einem kleinen, internen Fest unter dem Motto "Von uns für uns" zu begehen. Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten am Freitag stand ein Familienfest für aktive sowie ehemalige Soldaten und ihre Angehörigen. Und das kam an.
Zahlreiche Familien waren der Einladung gefolgt und genossen den Nachmittag, vor allem auf dem Gelände am Kletterturm. Dort war ein großer Spielplatz für die Kinder aller Altersklassen aufgebaut. Während sich die ganz Kleinen auf der Hüpfburg austobten, im Sand buddelten oder den kleinen Kaninchen-Streichelzoo besuchten, konnten sich die etwas größeren Kinder bei zahlreichen teils sportlichen Herausforderungen probieren.


Historische Ausstellung von einst

Ganz Mutige stiegen selbst gestapelte Bierkastentürme empor, erklommen die Kletterwand oder sausten etwa zehn Meter mit der Seilrutsche über das Geschehen - so wie Jean Luca. "Hui, das war ganz schön schnell", sagte der Siebenjährige, als er aus dem Sicherheitsgurt schlüpft.
Der Junge ist am Freitag mit seinem Opa Michael Heid auf dem Kasernengelände unterwegs, ein ehemaliger Soldat, der in Hammelburg wohnt. "Ich habe am Scheibenhof gearbeitet, das ist an der Standortschießanlage", erklärte er. Das Familienfest nutze er dazu, seinem Enkel die Bundeswehr näher zu bringen. "Dass er weiß, was Soldaten machen." Außerdem sei Heid auf den Lagerberg gekommen, um ehemalige Kameraden zu treffen und mit ihnen einen gemütlichen Abend zu verbringen.
Eileen Pütz ist Ehefrau eines Bundeswehrsoldaten und möchten ihren beiden Kindern Lasse und Lilly zeigen, "wo der Papa arbeitet" und seine Kollegen kennenlernen. "Die Kinder freuen sich riesig, hier zu sein.".
Deshalb hat die kleine Familie, die aus Iserlohn stammt und seit zwei Jahren in Langendorf wohnt, den Nachmittag auch zum gemeinsamen Spielen genutzt. "Wir waren die meiste Zeit bei der Kinderbetreuung", erzählt Eileen Pütz. Lilly hat sich dort beim Kinderschminken bemalen lassen, sie ist nun ein grüner Tiger. Ihr Bruder Lasse schwärmt von der Hüpfburg und demonstriert auch gleich, wie gut er springen kann. "So ein Fest ist auch für unsere Frauen wichtig. Schließlich verbringen wir einen Großteil unserer Zeit beim Dienst", sagt Sven Pütz.
Und der sieht heutzutage ganz anders aus als noch vor 60 Jahren. 1956 traten die ersten Bundeswehrsoldaten auf dem Hammelburger Lagerberg an. Wie das damals war, davon konnten sich die Festbesucher bei der militärhistorischen Ausstellung der Lehrsammlung Infanterie selbst überzeugen.
Was beispielsweise ein Sanitäter erledigen musste und was für eine Ausrüstung er besaß, das erklärte am Freitagnachmittag Thomas Höfer. Der 48-Jährige stammt aus der Nähe von Arnstein, ist Hobbyhistoriker und sammelt Bundeswehrutensilien. Für das Jubiläum 60 Jahre Lagerberg ist er in die Rolle des Sanitäters geschlüpft, mit original Uniform und Sanitätstasche. "Die ist noch recht gut gefüllt", erzählt er und holt verschiedene Dinge heraus, wie etwa ein Zettelsammelsurium. "Damit wurden die Verwundeten und Verletzten gekennzeichnet."


Krawatte zum Abbinden

Auch ein Zelt hat Höfer, der im zivilen Leben Krankengymnast ist, auf der Wiese aufgebaut und einige fast schon antike Dinge mitgebracht, die heut nicht mehr verwendet werden, wie etwa das Hindenburglicht und einen Helm mit Kalotte. Bleibt schließlich noch die Frage, warum er eine Krawatte trägt. "Die gehörte damals zur Uniform eines jeden Soldaten dazu. Sie war kein Schmuckelement, sondern ein ersthelferisches Instrument. Man konnte sie prima zum Abbinden verwenden", so der Hobbyhistoriker.
Am Freitagnachmittag war er aber nicht der einzige auf dem Kasernengelände, der statt einer Flecktarnuniform eine Krawatte trug. Gegen 17.30 Uhr tauchten sogar mehrere Zivilisten in feinem Zwirn auf der Fähnrichwiese auf, darunter Landrat Thomas Bold, Landtagsabgeordneter Sandro Kirchner, der ehemalige Bundestagsabgeordnete Eduard Lintner und Sparkassendirektor Roland Friedrich. Sie alle waren Gäste von Brigadegeneral Gert-Johannes Hagemann, dem Kommandeur des Ausbildungszentrums Infanterie. Denn so ganz ohne Festakt mit Prominenz und Freunden kann ein solches Standort-Jubiläum dann doch nicht gefeiert werden. Entsprechend gab es am Nachmittag einen kleinen Empfang mit geladenen Gästen, die sich später "unters Volk" mischten.


Zusage: Standort bleibt

So auch der parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium Ralf Brauksiepe. "Ich komme gerne hierher. Ich mag den Standort, die Stadt und die Menschen", erklärt der Politiker, der selbst keinen Wehrdienst geleistet hat. "Ich hatte Rücken", gibt er mit einem Schmunzeln zu. Inzwischen ist Brauksiepe ein echter Fachmann in militärischen Dingen und am Freitagabend auch bereit, Aussagen zur Zukunft des Lagerberges zu treffen: "Wir, im Verteidigungsministerium, und auch die Bundeswehr brauchen Hammelburg. Deshalb stehen wir zu dem Standort und werden weiter investieren", sagte er.
Ein schöneres Geschenk konnte er den Soldaten auf dem Lagerberg kaum machen. Schließlich ist damit eines klar: Sie werden noch weitere Feste und Jubiläen hier feiern dürfen - egal ob mit großem Tamtam oder ganz gemütlich in Familie.
 
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