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BAD BOCKLET
„Sauerbrunnen“ für die Räte
Von unserem Redaktionsmitglied ISOLDE KRAPF
 |  aktualisiert: 25.07.2012 12:01 Uhr

Den Zusammenschluss von Steinach und Bad Bocklet im Zuge der Gebietsreform bezeichnet Helmut Schuck noch heute als „schwierige Geburt“. Viele draußen in den Dörfern konnten sich das nicht vorstellen, hatten Angst vor einem Machtverlust und davor, ihre Identität zu verlieren. „Aber es war richtig so, wir sind eine Gemeinschaft geworden“, sagt der Mann, der als Bürgermeister seinerzeit maßgeblich daran mitwirkte, dass die sieben Dörfer gütlich zusammenfanden.

Eigentlich sollte Steinach bereits 1972 zu Bad Bocklet kommen, „aber wir wollten unsere Selbstständigkeit erhalten, was nicht einfach war“, sagt Schuck. Erst kurz zuvor, im April 1971, hatten sich Roth und Nickersfelden zu einem Zusammenschluss mit Steinach bewegen lassen, schließlich gingen die Kinder ja eh dort in die Schule und auch wenn sie etwas Verwaltungstechnisches zu erledigen hatten, mussten sie ins Rathaus nach Steinach. In einer Bürgerbefragung waren zudem 86 Prozent der Rother und gar 97,5 Prozent der Nickersfeldener für den Zusammenschluss gewesen.

Anders war das mit der Ortschaft Hohn, deren Bürger sich etwas störrischer zeigten. Dort gab es lange Zeit eine Gemeindekanzlei und bis in die 50er Jahre hinein eine Schule, in der die Kinder vom ersten bis zum achten Jahrgang einklassig unterrichtet wurden. Dann sollten die Schüler nach Steinach umgesiedelt werden, was der damalige Bürgermeister jedoch ablehnte. Die Hohner vergaßen das nicht. Alle vier Ortschaften einte jedoch die gemeinsame Pfarrei und der Friedhof in Steinach.

Im Januar 1972 war Hohn schließlich auch bereit, sich in Steinach eingliedern zu lassen. Inzwischen hatten sich Aschach und Großenbrach mit Bad Bocklet zusammengetan. Jetzt gab es also zwei große Einheiten, die sich gegenüberstanden. Wenn es nach der Regierung von Unterfranken gegangen wäre, hätten beide gleich 1972 fusionieren sollen, „aber wir wollten unsere Selbstständigkeit erhalten, was nicht einfach war“, sagt Schuck.

Als Lösung schwebte den Steinacher Verantwortlichen damals der Anschluss an eine Verwaltungsgemeinschaft (VG) im benachbarten Landkreis Rhön-Grabfeld vor. In einer VG konnte man sich als selbstständige Kommune integrieren, wenn man 1500 Seelen in seinen eigenen Reihen zählte. Zwar hatte die neue Marktgemeinde Steinach damals nur 1350 Einwohner aufzubieten, aber man machte sich dennoch ans Werk und fühlte bei den Nachbarn in Unter- und Oberebersbach sowie Schmalwasser auf den Zahn. Vielleicht könnte man mit diesen Ortschaften eine VG bilden? Wieder waren es die Hohner, die ausscherten und sich bei einer Bürgerbefragung gegen den Beitritt zu Rhön-Grabfeld entscheiden.

Es war ein langwieriger Prozess, der viel Kraft kostete, sagt Schuck rückblickend. Aber es half alles nichts: Die Regierung von Unterfranken drang schließlich darauf, dass sich Steinach und Bad Bocklet nun doch verbünden. Das Lockmittel waren Schlüsselzuweisungen in Höhe von 400 000 Mark, die speziell den Steinachern zugutekommen sollten. Da war guter Rat teuer, denn zwangsweise eingemeinden wollte man niemanden, so der Altbürgermeister weiter.

Und dann kam es im Dezember 1977 zu jener denkwürdigen Steinacher Gemeinderatssitzung, in der am Ende acht Ratsmitglieder für den Zusammenschluss und nur fünf dagegen plädierten. Voraussetzung war allerdings, dass sich der Markt Bad Bocklet verpflichtete, die in Aussicht gestellten Schlüsselzuweisungen auch tatsächlich den Steinachern zukommen zu lassen. Die Gelder bildeten laut Schuck übrigens dann den Grundstein für den Bau der Henneberghalle. „Verräter“ sollen dann doch ein paar gerufen haben, nachdem die Entscheidung gefallen war, und erregt aus dem Saal gelaufen sein.

Aber als man dann nach der Sitzung im Gasthaus Schneider einkehrte, ging es dann doch weitgehend friedlich zu, erinnert sich Schuck und lacht, als er noch folgende Anekdote preisgibt: Der Wirt von „Adler Und Post“, dem zweiten Gasthaus am Ort, war eigenmächtig noch am Abend nach Bad Bocklet gefahren und hatte genau acht Flaschen „Sauerbrunnen“ abgefüllt, die er den Gemeinderäten dann postwendend vor die Nase knallte, als Zeichen dafür, dass die Mehrheitsentscheidung im Gemeinderat vielen „sauer“ aufgestoßen war.

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