
Frisch, fröhlich und frei – so präsentierte Sarah Hakenberg ihr Programm „Mut zur Tücke“ mit großem Unterhaltungswert im Kissinger Kurtheater. Kenner des Sprichworts werden das Wörtchen „fromm“ vermissen, aber die Religion spielte in dem zweistündigen Programm keine Rolle. Dafür punktete die sympathische Kabarettistin beim begeisterten Publikum mit ihrer Natürlichkeit, mit ihrem Wortwitz und vor allem mit ihrem ausgeprägten Gespür für Melodien, Harmonien sowie hintergründigen Liedertexten.
Ansteckendes Lachen
Seit 20 Jahren steht Sarah Hakenberg auf der Bühne und die Freude darüber, quillt ihr aus jeder Pore und konkretisiert sich in einem ansteckenden Lachen, das das Publikum im fast ausverkauften Kurtheater von Anfang vereinnahmt.
Doch neben der einnehmenden Bühnenpräsenz sind es auch die Themen, die aus der Alltags- und Erfahrungswelt des Publikums kommen, die von der Künstlerin mal in Prosa verpackt, meist aber in Liedform vorgetragen wurden und von den Gästen ohne schlechtes Gewissen konsumiert werden können.
„Leidfiguren“ der Politik
Sarah Hakenberg hält nichts vom erhobenen Zeigefinger, weder für das Publikum , noch für die „Leidfiguren“ aus der Politik. Viel lieber greift sie die gesellschaftlichen Entwicklungen mit einem schelmischen Lächeln auf und kreiert daraus eine kurze Erzählung, meist mit persönlichem Hintergrund. Oder sie arrangiert ein Lied, das humorvoll daherkommt, dessen hintergründige Tiefe man erst im zweiten Anlauf erkennt. Dafür hat sie auf der Bühne einen Konzertflügel stehen, den das Multi-Talent ebenso gut beherrscht wie die Ukulele als zartes Alternativinstrument.
Interaktion mit dem Publikum
Bad Kissingen sei eine Premiere, gesteht die Künstlerin, den vorher sei man auf der „A8“ immer vorbeigefahren. Auf die korrigierenden Zurufe „A7“ reagierte sie sofort und es entstand im Laufe des Abends eine lebhafte Interaktion mit dem Publikum .
Auf ihre Botschaft „Wir verändern die Welt! Seid ihr dabei?“ kam ein „Ja“ aus dem Saal zurück und auf ihre Frage „Habt ihr Ideen“ kamen die Vorschläge wie „autofreies Wochenende“, „keine Fast-Fashion“ oder „mehr Therapieplätze“ – es folgte ihre Anerkennung: „Bei anderen Auftritten ist es still im Saal.“
Aber damit hatte sie ihr Thema für den Abend, und für die Einzelheiten gab es ja Google , das aus den Weiten des Internets einen Weltverbesserungs-Tipp hatte: „Suche einen Ansatz, der dir Spaß macht.“
Den fand sie wiederum im Alltagsverhalten, denn andere auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen mache mehr Spaß als eigenes Verhalten zu ändern. Ob Garten-Pool oder SUV, ob Friedrich Merz mit Millionenvermögen und der Selbsteinschätzung „gehobene Mittelschicht“ – alles laufe unter „kognitiver Verzerrung“ und kein Mensch sei frei davon. Das Publikum bestätigt diese Feststellung mit herzhaftem Lachen und kräftigem Applaus.
„Spendengala am Flüchtlingstag“
Nicht zynisch, sondern mit feiner Ironie umfing die Kabarettistin das Publikum , wenn sie von der „Spendengala am Flüchtlingstag“ sang, an dem tollen Reden gehalten werden und dabei der anwesende Flüchtling den Tombola-Hauptpreis gewinnt: Eine Kreuzfahrt auf dem Mittelmeer.
„Wohin geht die Reise?“, lautete ihre Frage in Bezug auf künstliche Intelligenz – und ihre Antwort bestand in einem Liedtext , der von Chat-GPT für ein „lustiges, gereimtes Weihnachtslied “ in vier Sekunden kreiert worden war und dessen Nonsens-Text für Erheiterung sorgte.
Im Vergleich dazu, benötige sie 38 Tafeln Schokolade, literweise Kaffee und viele Frusteinkäufe, um ein Lied zu schreiben. Dass daraus dann aber Qualität entsteht, belegte ihr Lied vom „Kinderfest der AFD“, bei dem kleine Germanen auf die rechten Bahnen gelenkt werden und eine Hüpfburg mit vier Türmen – „Hüpf-Moschee“ – für Aufregung sorgt. Köstlich auch ihr Bewerbungssong um eine stressfreie Stelle bei der Stadtverwaltung, denn dort haben sogar Stempel ein Kissen.
Enttäuschte Hoffnung auf die „Ampel“
Mal gibt es ein wenig Small Talk über das Gendern, mal philosophiert Sarah Hakenberg über die „Ampel“, mit der sie viel Hoffnung verbunden habe: „Wenn jeder der Drei das gemacht hätte, was er am besten kann, dann hätte man die Welt verbessern können.“
Eingängige Melodien mit ironisch-satirischen Texten bescherten einen „liederlastigen“ Kabarettabend, den das begeisterte Publikum mit einem herzlichen und langanhaltenden Applaus honorierte. Sarah Hakenberg bedankte sich mit fünf musikalischen Zugaben, die eine kleine Zeitreise durch ihre bisherigen Programme darstellten.
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