
Die Startbedingungen für das Sägewerk Baier in Neuwirtshaus waren 1950 nahezu ideal: Der Neuwirtshäuser Forst liegt direkt vor der Haustür, es gab viel örtliche Erfahrung mit dem Rohstoff Holz, und das Wirtschaftswunder begann. Die Nachfrage nach Bauholz in den Jahren des Wiederaufbaus war immens.
Firmengründer Robert Baier erkannte die Zeichen der Zeit: Er spezialisierte sich auf die Produktion von Fichten-Bauholz. In die ganze Region und bis nach Würzburg lieferte das Unternehmen. Bis auf 25 Mitarbeiter wuchs der Betrieb in den 80er Jahren heran. Rund 15 000 Festmeter Bauholz wurde seinerzeit pro Jahr etwa mit zwei Gattersägen produziert, erinnert sich Jürgen Baier .
Hart umkämpfter Markt
Jürgen Baier , der Sohn des Firmengründers , trat 1980 nach dem Abitur und einer Lehre zum Bankkaufmann als Auszubildender zum Sägewerker in den Betrieb ein und absolvierte 1985 die Prüfung zum Sägewerksmeister. Er schaffte Trockenkammern an sowie neue Hobelmaschinen. Der Handel mit Holzprodukten auch von anderen Herstellern wurde ein zusätzliches Standbein. 1992 übernahm er den Betrieb.
Dass es kleine Sägewerke später einmal ganz schwer haben sollten, am umkämpften Markt zu bestehen, war da in seiner ganzen Breite noch gar nicht abzusehen. Doch die Konzentration in der Holzbranche schritt schnell voran. Mit dafür verantwortlich waren schwere Stürme, wie Wiebke und Kyrill.
Zur Aufarbeitung des Schadholzes entstanden riesige Sägewerke. Das große Angebot drückt die Preise. "Die kleinen Sägewerke sterben alle", prophezeit Jürgen Baier heute aus eigener Erfahrung. "Wir haben 2019 den letzten Stamm gesägt", fügt er an. Weitere Sägewerke in der Region haben sich ebenso entschieden. Mit zu der schmerzlichen Entscheidung für 15 Mitarbeiter trug auch bei, dass im modernen Holzbau inzwischen oft verleimte Hölzer zum Einsatz kommen. "Die Produktion von Brettschichtholz und Konstruktionsvollholz hätte riesige Investitionen erfordert", sagt Baier.
Ausstellung ist gewachsen
Obwohl der vergleichsweise kleine Betrieb sich das nicht leisten wollte, soll der Werkstoff Holz in Neuwirtshaus weiter Arbeitsplätze sichern. Ende 2020 ist der Umbau vom Sägewerk Baier zum reinen Holzhandel fast abgeschlossen. Die Sägen sind inzwischen verkauft, die ehemalige Sägehalle zur Lagerhalle umfunktioniert und die Ausstellungsräume gewachsen. Dort werden Bodenbeläge, Türen, Wand, Deckenverkleidungen und Fassadenprofile präsentiert.
Zu diesem Zweck ist sogar das Wohnhaus des Firmengründers umgebaut. Außerdem gibt es einen Schaugarten zur Terrassengestaltung. Acht Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen aktuell vor Ort. Dazu kommen sieben in der Holzwelt Baier in Würzburg. Mit dem Fachmarkt hat sich das Unternehmen in den 1990er Jahren regional breiter aufgestellt.
Sonderkonjunktur im Coronajahr
Bei allem Wandel kämen immer noch Kunden , die nach dem Sägewerk Baier fragen, sagt Jürgen Baier . Die will er nicht enttäuschen. Das 1,5 Hektar große Firmengelände verleugnet seine ursprüngliche Bedeutung nicht. Doch das dort gelagerte Bauholz wird von auswärts angeliefert. Bis zu einer Länge von 13 Metern sind viele Formate samt Zuschnitt zu haben.
Auch im Coronajahr laufe das Geschäft gut, lässt der Firmenchef wissen. Er spricht sogar von einer Sonderkonjunktur im zurückliegenden Sommer. Unter dem Eindruck der Kontaktbeschränkungen sei bei vielen die gemütliche Gestaltung des eigenen Zuhauses in den Fokus gerückt. Insgesamt prophezeit Jürgen Baier dem Baustoff Holz weiter starke Nachfrage. Zumal er für klimafreundliches Bauen prädestiniert sowie schnell und trocken zu verarbeiten sei. Auch ohne Sägewerk sieht Jürgen Baier den Holzstandort Neuwirtshaus auf einem guten Weg.