Günter Kühnlein muss sich konzentrieren. „Moment, wann waren wir in Rostow? Genau. Das war doch erst gestern!“ Man kann sich schon etwas vertun mit den Städten in einem großen Land wie Russland. Nach Moskau und Nischni Nowogorod haben die WM-Fans aus Schondra und Hammelburg auch den knappen Sieg von Uruguay gegen Saudi-Arabien in der Stadt am Don gesehen. Von dort sind sie im Nachtzug weiter ans Schwarze Meer nach Sotschi: achteinhalb Stunden und 600 Kilometer.
Im Vorfeld der WM war viel über gewaltbereite Fans zu lesen in allen Zeitungen. „Wir haben rein gar nichts davon gemerkt hier bei diesen Spielen. Im Gegenteil. Alles ist friedlich“, erzählt der Schondraer erneut. Das Spiel der Urus gegen die Saudis war offensichtlich ein Hochsicherheitsspiel. „Da mussten wir schon an martialischen Raketenwerfern vorbei, bis wir ins Stadion kamen.“
Kühnlein glaubt, dass das alles mit der Fan-ID zusammenhängt, die alle Besucher lösen mussten, bevor sie nach Russland kamen. Sie muss in jedem Hotel, vor jeder Zugfahrt oder jedem Flug gezeigt werden. „Da können die Behörden schon viele Fans präventiv selektieren“, sagt er.
Die Preise in Russland seien insgesamt günstiger als in Deutschland. „Für eine Taxifahrt zahlst du vier, fünf Euro; ein üppiges Essen kostet ähnlich wie bei uns.“ Überhaupt: Von den landestypischen Speisen sind die Rhöner begeistert. „Wir haben überall gut gegessen. In Rostow aber gehörten die Lammspieße und die scharfen Suppen zum Bestem bisher.“ Einzig in den Hotels müsse man etwas Abstriche machen, so die Beobachtungen.
Auch die Städte seien alle sehr sauber, das Abfall-System mit Mülltrennung funktioniere sehr gut. Und sollte mal etwas schief gehen, hilft sogar die Polizei weiter. Als Kühnlein und ein Freund mit dem Bus in Rostow vom Stadion zum Hotel gefahren sind, wurden sie ein, zwei Kilometer vor der Unterkunft herausgelassen. „Wir wussten erst nicht, wohin. Sahen dann aber Licht in einer Werkstatt und fragten da nach unserem Weg. Das bekam eine Polizeistreife mit und hielt vor der Werkstatt an“, erzählt der 59-Jährige.
„Mit Händen und Fingern erklärten wir den Weg zu unserem Hotel. Und als mein Kumpel fragte, ob die Polizei uns nicht gleich selbst dorthin fahren könne, haben sie es sofort gemacht!“, lacht Günter Kühnlein. Überhaupt sind die Rhöner angetan von der Gastfreundlichkeit der Russen.
Mit den Russen gefeiert
„Wir haben den Achtelfinaleinzug der Russen mit ihnen gefeiert. Das war super, auch wenn es einen starken Wodka gab“, erzählt er. Die Russen würden momentan mitfiebern, dass die DFB-Elf ihr Spiel gegen Schweden gewinnt. „Die stehen voll hinter unserer Mannschaft“, hat der Schondraer erkannt. Und: „Sie wollen ständig alle mit uns Bilder machen!“ Vor dem Spiel gegen Schweden ist ihm nicht Bange. „Ich habe in Moskau bei der Niederlage den Spielern direkt in die Augen geschaut. Da war eine absolute Leere. Jetzt sind sie wieder da, da bin ich mir sicher.“ Zumal die Deutschen in Sotschi auf den Beistand von den russischen Fans hoffen dürfen.