
Anfang Dezember trat die Wählergemeinschaft Motten geschlossen zurück. In einer gemeinsamen Presseerklärung legten Ute Becker, Alfons Erb, Rudi Will, Guido Schreiner, Manuel Mehler, Thomas Statt, Steffen Herbert und Andrea Wirsing ihre Gründe der Öffentlichkeit dar und erheben in einigen Punkten Anschuldigungen gegenüber Bürgermeisterin Katja Habersack.
Der menschliche Umgang ist das Problem
Einer von ihnen ist Alfons Erb. Rund 20 Jahre war er als Gemeinderat für seine Heimatgemeinde Motten tätig. Seine Erklärung für die aktuelle Situation: „Unser Problem ist der menschliche Umgang.“
Zwei Punkte konkretisiert er: „Fehlende Kommunikationsbereitschaft und das Hierarchiedenken der Bürgermeisterin .“
Hilfeschrei der Verwaltung
Erb erinnert sich: „Die Verwaltung kam Ende Juli auf mich zu. Es war ein Hilfeschrei. Ich war wirklich erschrocken und es war klar, dass ich sie nicht hängen lassen kann.“
Alfons Erb wirft der Bürgermeisterin vor, sich wie die Vorstandsvorsitzende eines Großkonzerns aufzuführen. Sie nehme die Menschen nicht mit, ob in der Verwaltung oder im Gemeinderat . „Wir sind eine kleine Gemeinde, man muss doch vernünftig miteinander umgehen, aufeinander zugehen und sich Wertschätzung entgegenbringen.“
Fehler in der Personalführung?
Erb fasst es so zusammen: „Hier geht es um Fehler in der Personalführung. Frau Habersack denkt in Hierarchien, sie spricht von Führungs- und Arbeitsebene. Anweisungen müssen von oben kommen, dabei wäre es so wichtig, dass sie die Leute mitnimmt. Sie spricht viel von Führung, doch es fehlt an Führungsqualität. Sie spricht nicht mit den Leuten, bringt ihnen keine Wertschätzung entgegen.“ Auch sei Habersack nicht kritikfähig und könne keine Fehler eingestehen. „Sie reitet Paragrafen und ist in bürokratischen Dingen gut geschult.“
Hierarchiedenken passt nicht in die Welt
Erb: „Von oben wird entscheiden und wenn Fehler passieren, dann nur unten.“ Für Alfons Erb ist klar: „Das Hierarchiedenken passt nicht in die Welt. Es muss in die heutige Zeit passen, wie man miteinander auf dem Dorf umgeht. Wir brauchen ein Miteinander und kein Obrigkeitsdenken.“
Die Wählergemeinschaft wirft der Bürgermeisterin vor, in Bezug auf eine Kündigung den Gemeinderäten einen Sachverhalt nicht korrekt dargelegt zu haben. Ute Becker: „Der Gemeinderat wurde hinter Licht geführt.
Handelt es sich eine Falschaussage?
In der Pressemitteilung schreiben die Vertreter der Wählergemeinschaft von einer „nachweislichen Falschaussage“. Konkrete Details zum Fall könne die Wählergemeinschaft nicht nennen, da es sich um nicht öffentliche Angelegenheiten handele. Kritisiert wird, dass sowohl die „Falschaussage“ als auch die Rücktrittforderung an die Bürgermeisterin nicht im Protokoll vermerkt wurden. Das Protokoll wurde gar vor Genehmigung durch den Gemeinderat im Gemeindeblatt veröffentlicht.
Auch Becker sieht die Problematik auf der menschlichen Ebene. „Wenn fachlich etwas machbar ist, stellt sich immer noch die Frage, ob es auch menschlich richtig ist und man es als Bürgermeisterin wirklich so machen sollte.“
Motten verliert wichtige Personen
Gemeinderat Steffen Herbert bedauert, dass lang gediente Gemeinderäte wie Ute Becker und Alfons Erb zurückgetreten sind. „Sie haben viel im Ehrenamt geleistet. Die Gemeinde Motten verliert mit ihnen wichtige Personen.“
Den Rücktritt sieht Herbert als Solidaritätsbekundung für die Verwaltungsmitarbeiter. „Es kann nicht sein, dass jemand in der Verwaltung von der Bürgermeisterin zum Weinen gebracht wird. Wir stehen hinter unseren Leuten.“
Kritik übt Herbert an inhaltlichen Versäumnissen. „Die Bürgermeisterin versteckt sich hinter dem Kindergarten und Josefsheim, die Projekte sind schon länger abgeschlossen. Sie hat die Projekte nicht höchstpersönlich und allein umgesetzt, dafür wurden Architekten bezahlt.“
Motten stagniert?
Herberts Vorwurf: „Sie redet sich immer wieder raus. Doch Motten stagniert. Es ist an der Zeit, die anstehenden Dinge in Gang zu bringen und keine weiteren Ausreden “
Eine Abwahl ist nicht möglich
Rudolf Will: „Sicher ist, dass die Gemeinderätinnen und -räte der Wählergemeinschaft alles versucht haben, um mit der Bürgermeisterin eine gute und einvernehmliche Lösung zu finden. Leider besteht in Bayern nicht die Möglichkeit der Abwahl einer Bürgermeisterin , wie kürzlich in Frankfurt geschehen. Wir Gemeinderäte hatten keine andere Möglichkeit, als zurückzutreten. Es war die letzte Konsequenz.“
Will befürchtet, dass die Bevölkerung das ganze Ausmaß, was die Vorgehensweise der Bürgermeisterin für Motten bedeute, nicht kenne. In Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern sei im klar geworden, dass sie entweder kein Interesse an der Thematik haben oder zu wenig wissen. Umso wichtiger sei eine gute und fundierte Aufklärung.
Will kritisiert ebenso wie Herbert die Stagnation bei anstehenden baulichen Vorhaben. „Allein die Straßenausbesserungen sind keine große Sache und werden trotz Ortsbegehung im Frühjahr liegen gelassen.“
Keine schlechten Erfahrungen mit der Bürgermeisterin
Ein ganz anderes Bild von der Kommunikation mit Bürgermeisterin Katja Habersack zeichnet Gemeinderätin Lena Böhm ( Freie Wähler Kothen-Motten-Speicherz). „Ich sehe es nicht so dramatisch wie die Wählergemeinschaft Motten .“ In ihren zweieinhalb Jahren als Gemeinderätin habe sie keine schlechten Erfahrungen mit der Bürgermeisterin gemacht. Im Gegenteil. „Kothen ist ein Stück vorwärts genommen.“
Die Bürgermeisterin sei selbst in ihrem Urlaub ansprechbar gewesen, habe ihre Hilfe von sich aus angeboten und bestmögliche Unterstützung gegeben.
Positive Erfahrungen
Auch die Zusammenarbeit mit dem Kothener Kindergarten sei gut. „Wenn etwas benötigt wird, ist Frau Habersack immer ansprechbar und unterstützt. Dadurch konnte der Kindergarten zum Biosphärenkindergarten werden.“
Auch die Zusammenarbeit mit Habersack im Gemeinderat erlebt Böhm als positiv. „Natürlich wären wir bei manchen Dingen gerne ein Stück weiter, aber alles auf einmal ist nicht machbar. Dass die Bürgermeisterin eins nach dem anderen umsetzt, ist völlig legitim.“
Die Rücktrittsforderung nicht unterstüzt
Die Anschuldigungen der Wählergemeinschaft könne sie nicht teilen. Die Rücktrittsforderung habe sie nicht unterstützt. Im menschlichen Umgang habe sie Habersack immer „auf Augenhöhe“ erlebt.
„Wir haben immer ein gutes Verhältnis, wertschätzend, rücksichtsvoll und respektvoll.“ Vor allem für familiäre Belange habe Habersack stets Verständnis. „Ich möchte den Blick nach vorn richten.“
Bürgermeisterin äußerst sich nur schriftlich
Bürgermeisterin Katja Habersack war telefonisch nicht erreichbar. Sie bat um die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme per E-Mail, in der sie auf die bereits stattgefundenen Bürgerversammlungen verweist, in den sie die laufenden und anstehenden Projekte vorgestellt habe.
„Die angesprochenen Personalthemen werden von mir, wie bereits mehrfach geäußert, nicht in der Öffentlichkeit diskutiert. Von der Wählergemeinschaft Motten wurden mehrere Vorgänge zur Prüfung an die Kommunalaufsicht gegeben. Zwischenzeitlich liegt die Antwort des Landkreises Bad Kissingen vor. Es gab keinerlei Beanstandungen. Zu den Inhalten kann ich leider keine weiteren Informationen geben, es handelt sich um Sachverhalte aus den nichtöffentlichen Sitzungen“, soweit die Stellungnahme der Bürgermeisterin .
Keine Stellungnahme
Keine Stellungnahme gibt sie auf die Frage nach ihrem Verständnis von Personalführung und zwischenmenschlichem Umgang.
Die Rechtsaufsicht des Landratsamtes Bad Kissingen bestätigt die Mitteilung der Bürgermeisterin : "Die bisher überprüften Sachverhalte waren rechtsaufsichtlich nicht zu beanstanden.“ Insgesamt seien Anfragen zu drei Themenkomplexen überprüft worden, die nichtöffentlichen Angelegenheiten betreffen.

Ich denke, es ist ein bayernweit einmaliger Vorgang wenn eine so große Anzahl von Gemeinderäten geschlossen zurücktritt.
Gerade in kleinen Gemeinden spielt die Parteipolitik die solche Auswüchse fördert eine oftmals untergeordnete Rolle.
Liegen tatsächlich alle acht Gemeinederäte falsch? Gemeinderäte die seit 20 Jahren mehrfach gewählt wurden? Aber ist es auch richtig, dass sie so plötzlich zurücktreten?
Von der Bürgermeisterin kann man so wie es ausschaut keine Selbstkritik erwarten, entweder weil sie wirklich von sich überzeugt ist alles richtig gemacht zu haben oder weil sie die Probleme aussitzen möchte.
Mit EQ erreicht man ofmals mehr als mit IQ!
Ist es nicht möglich Hilfe von außen zu holen? z.B. einen Mediator? Beide Seiten hätten sich bewegen sollen.
Wenn es so weiter geht wird Motten zur Lachnummer im Landkreis.