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Riedenberg
Rucksack aus Basalt erinnert an Pogromnacht
In Riedenberg nimmt der Denkort Deportation weiter Gestalt an. Eine Zeitzeugin erinnert sich an die Nacht.
Die Gemeindearbeiter Berthold Schaab und Michael Detsch befestigen den von Gerwin Kellermann gemeißelten Rucksack aus Basaltstein.       -  Die Gemeindearbeiter Berthold Schaab und Michael Detsch befestigen den von Gerwin Kellermann gemeißelten Rucksack aus Basaltstein.
Foto: Evelyn Schneider | Die Gemeindearbeiter Berthold Schaab und Michael Detsch befestigen den von Gerwin Kellermann gemeißelten Rucksack aus Basaltstein.
Evelyn Schneider
 |  aktualisiert: 19.11.2022 02:40 Uhr

Der 9. November, ein für Deutschland beschämender Tag, und Beginn des dunkelsten Kapitels des Landes, die Reichspogromnacht . Dieses denkwürdige Datum nahm die Gemeinde Riedenberg jetzt zum Anlass, um die von Gerwin Kellermann gemeißelte Rucksackskulptur in einem feierlichen Rahmen auf den vorgesehenen Sockel zu montieren. Der neugestaltete Denkort Deportation, am westlichen Ortseingang, ist nun für jeden Interessierten ein Anlaufpunkt, um sich über die jüdische Geschichte des Dorfes zu informieren.

Feierstunde: Die Schrecken der Nacht werden lebendig

In einer kleinen Feierstunde gedachten Bürgerinnen, Bürger und Schulkinder an diesem Platz dieser jüdischen Menschen, die einst in Riedenberg lebten und Opfer des Nationalsozialismus wurden.

Durch die intensiven Recherchen der Schülerinnen und Schüler der St. Martin Schule konnte sogar eine noch lebende Zeitzeugin ausfindig gemacht werden. Karola Lichtstein ist inzwischen 96 Jahre alt und lebt in Amerika. In einem Videotelefonat erzählte sie, wie sie und ihre Familie sowie die jüdischen Nachbaren diese Reichspogromnacht in Riedenberg erlebte haben. Die Seniorin, die heute Carol Bermann heißt, schilderte sogar noch in deutscher Sprache wie die Nazischergen in der Nacht in ihr Elternhaus eindrangen und unter Gejohle alles Mobiliar zerschlugen und auf die Straße warfen und auch wie der Vater abgeführt wurde und erst nach einer Woche wieder freigelassen wurde. Die Familie hauste derweil in einer Scheune, wo sie von hilfsbereiten Nachbarn mit Decken und Nahrung versorgt wurde.

Flucht in die USA

Der Familie gelang glücklicherweise nach einem Umzug nach Frankfurt die Flucht in die USA. Den allermeisten Riedenberger Juden war es nicht vergönnt zu überleben. In Ghettos und Konzentrationslagern kamen sie ums Leben.

Jedes Erinnerungsstück gibt es zweimal

Viele der fränkischen Juden wurden zunächst nach Würzburg abgeführt, wo sie am Bahnhof "An der Au" in Wagons gezwungen wurden. Ihre Gepäckstücke, Koffer und Rucksäcke, mussten sie an diesem Bahnhof zurücklassen. Eben solche Gepäckstücke werden nun als mahnende Erinnerungsstücke an diesem Bahnhof von den betroffenen Gemeinden als Kunstwerke ausgestellt. Ein weiteres, identisches Mahnmal soll auch in der jeweiligen Gemeinde einen würdigen Platz finden.

In Riedenberg haben sich der bildhauende Künstler Gerwin Kellermann und die Gemeinde Riedenberg den neugestalteten Rastplatz , direkt am Radweg als am besten geeignet ausgesucht. "Es war ein großer Vorteil, dass wir mit Gerwin einen Mann dafür gewinnen konnten, der sich bereits eingehend mit der Thematik beschäftigt hatte", führte Bürgermeister Roland Römmelt in seiner Ansprache aus.

Ortschronik zum 500-Jährigen

Schließlich hatte Kellermann schon zum 500-jährigen Ortsjubiläum 1994 eine Ortschronik verfasst, die heute in jedem Riedenberger Haushalt zu finden ist. Dies weist ihn als absoluten Experten der Riedenberger Geschichte aus. Dass er über außerordentliche künstlerisch-bildhauerische Fähigkeiten verfügt, legte den Gemeinderäten natürlich nahe, ihn auch mit dem Projekt eines solchen Erinnerungsstückes zu betrauen, das er nach erstem Zögern dann doch hervorragend in die Tat umsetzte.

"Es darf nie, nie wieder passieren, dass sich so etwas, wie dieser Völkermord an den jüdischen Menschen wiederholt", mahnte Kellermann an diesem Gedenktag eindringlich.

 
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