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BAD KISSINGEN
Rossini: Von Blumen und stillem Glück
Frank Kupke
 |  aktualisiert: 14.07.2019 02:10 Uhr

Mitunter ist ja zu hören, dass das Publikum in klassischen Konzerten immer älter werde. Eine generelle Aussage würde sich Rossini hierzu niemals erlauben. Doch beim Konzert des hervorragenden norwegischen Pianisten Leif Ove Andsnes und der Tschechischen Philharmonie unter Tomáš Netopil war das zumindest nicht der Fall. Denn hier bemerkte Rossini im bestens besuchten Großen Saal des Regentenbaus zahlreiche junge Leute. Und auch ein paar Reihen vor ihm saß fast ein Dutzend junger Frauen im Alter um die zwanzig, die offenbar hingerissenen den Darbietungen lauschten. Das freute Rossini gleich doppelt. Zum einen, weil das bewies, dass das klassische Konzert durchaus eine Zukunft hat. Und zum anderen aus optischen Gründen, weil Rossini weibliche Reize stets zu schätzen weiß.

Eine interessante Frage, die sich Rossini in Konzerten immer stellt, ist, was der Dirigent wohl mit dem Blumenstrauß macht, den er üblicherweise am Ende überreicht bekommt. Tomáš Netopil, der die Tschechische Philharmonie dirigierte, fand seine Lösung, indem er sich kurzentschlossen dem Orchester zuwandte. Er übergab das herrlich-üppige Blütenwerk, das er erhalten hatte, der Oboistin. Rossini fand das eine schöne Geste. Zumal sich die Musikerin die Blumen dank ihrer Orchesterpartien in den Mozartstücken auch redlich verdient hatte.

Dass das menschliche Mitteilungsbedürfnis während eines Konzert möglichst heruntergeregelt werden sollte, ist für Rossini eine Selbstverständlichkeit. Allenfalls zwischen zwei Stücken oder, wenn es denn unbedingt mal sein muss, zwischen den Sätzen einer Sinfonie oder eines Solokonzerts kann man sich vielleicht mal kurz an seinen Sitznachbarn wenden. Doch wenn es so arg pressiert, dass unbedingt während des Spiels etwas mitgeteilt werden muss, dann ist das, wenn überhaupt, nur an lauten Stellen denkbar. Denn da ist es für den Rest des Publikums nicht zu hören. Aus Rossinis Sicht überhaupt nicht in Frage kommt es allerdings, ausgerechnet an leisen Stellen seinem Nachbarn etwas zu sagen. Denn erstens bekommt das dann jeder im Umfeld mit. Und zweitens sind die leisen Einleitungs- und Übergangsstellen in jeder Komposition stets die eigentlich wichtigen Abschnitte. Allerdings muss Rossini immer wieder erkennen, dass einige Zuhörer eher gegenteiliger Ansicht sind. Noch schlimmer ist es freilich, wenn Zuhörer an wirklich entscheidenden Knackpunkten eines Werkes ihrem Kommunikationsverlangen nachgeben. So geschah es beispielsweise beim Konzert des Pianisten Leif Ove Andsnes. Im ersten Satz von Mozarts d-Moll-Konzert meinte ein Herr wenige Reihen vor Rossini doch tatsächlich just an jener Stelle am Ende der Beethoven-Solokadenz, auf die dann ja das Orchester-Tutti von Mozart folgt, unbedingt seinem Nachbarn halblaut etwas erklären zu müssen. Das war nicht nur störend, sondern banausisch. Aber Rossini beruhigte sich bald wieder. Jeder wie er kann, dachte Rossini und genoss die Musik. (kup)

 
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