Na, wenn „Bazinga!“ und „Kaboom!“ auf dem Fräckle steht und die Ärmel hochgeschoben sind, dann ist das Power pur! Ja, das ist sie, die Stefanie Kloß. Die Sängerin von Silbermond ist ein Energiebündel – und das zeigt sie den 5000 Zuschauern im Bad Kissinger Luitpoldpark. Von der ersten bis zur 120. Minute. Im Fußball bedeutet das Nachspielzeit, aber nicht immer ein Plus an Klasse. Bei dem Bautzener Quartett schon.
Auch wenn sich die Leute vor der Bühne erst mal am Kopf kratzen müssen. Drei Jungs da droben, Stefanie singt. Aber wo isse? Hach, da hinten. Es dauert etwas, bis die Menge merkt, dass die 31-Jährige weiter hinten am Mischpult über den Köpfen zu schweben scheint, sich dann nach vorn vorarbeitet und schließlich über eine kleine Rampe auf die Bühne schlendert. Eine nette Einlage einer netten Sängerin einer netten Band. Diese Sachsen muss man einfach gern haben.
Sie verbreiten gute Laune, werden selbst in den sentimentalen Momenten nicht zu weinerlich. Sie ecken nicht an. Und sind dennoch nicht ganz ohne Ecken und Kanten, nicht glatt gebügelt. Immer, wenn's zu ruhig werden könnte, hauen Johannes und Thomas Stolle in die Saiten. Silbermond können beides ganz gut: rocken und träumen. Nur mit dem Anklagen, mit dem Meinungzeigen, da tun sich die vier ähnlich schwer wie tags zuvor Santiano (siehe unten).
Aber Stefanie Kloß will halt auch was sagen zum aktuellen internationalen Irrsinn. „Unsere Welt ist eine andere geworden. Da fährt so ein verdammter LKW zwei Kilometer durch die Menschen. Ich weiß nicht, warum bei uns immer noch Leute glauben, durch Radikalismus etwas besser machen zu können.“ Das ist ja richtig, wirkt aber im Pop halt immer irgendwie aufgesetzt. Obwohl Kloß dabei ein Tränchen zu verdrücken scheint.
Scherze mit dem Publikum
Da steht es ihr deutlich besser, wenn sie wieder die Ärmel hochkrempelt: „Ich lebe in einem Land, in dem Männer und Frauen gleich sind. Ich kann lieben, wen ich will. Das ist unsere Freiheit, für die es sich zu kämpfen lohnt.“ Sie liebt übrigens den Bandkollegen Thomas und singt nach ihrer Ansprache „In Zeiten wie diesen“.
Sie ist gut gelaunt im Kurpark („ein schönes Fleckchen“) scherzt mit dem Publikum („mal ehrlich, wer wurde von der Partnerin mitgeschleppt?“) und wird fündig auf der Suche nach einer gewissen Katja, von der sie am Vortag im Netz gelesen hat, dass die „zum ersten Mal zu einem Silbermond-Konzert geht und das so romantisch findet wie das erste Date“. Aha. Ist aber auch ein Stückchen Romantik, wenn die Band nach vorn auf den Steg kommt, die Verstärker auslässt und insbesondere Drummer Andreas Nowak ganz leise Töne anschlägt bei „Letzte Bahn“, einer der ersten Nummern überhaupt in eineinhalb Jahrzehnten Silbermond-Historie.
Mit „Ich bereue nichts“, „Krieger des Lichts“ und „Nichts passiert“ klopfen die Sachsen dann wieder auf die Party-Trommel, werden bei „Symphonie“ fast episch. Und bei „Indigo“ mischt sich „Steffi“ wieder unters Volk. Und hat noch lange nicht genug. Meist belassen's Silbermond bei drei Zugaben, die Kissinger bekommen vier. Natürlich das brandneue „Leichte Gepäck“ sowie „Durch die Nacht“, „Das Beste“ und schließlich „Zeit zu tanzen.“
Die dazugehörigen Beine werden in den Saale-Auen tüchtig geschwungen an diesem wunderschönen Sommerabend. Und Arme im Takt von links nach rechts und wieder zurück bewegt. Silbermond live – da werden Publikum und Band eins. Eine große Familie. Ohne dass es pappig wird. Die Vier sind authentisch, verstehen sich auch nach 18 Jahren Zusammensein, die Zeit der Jugend-Combos Exakt und JAST eingerechnet, offenbar prächtig. „Bazinga!“ und „Kaboom!“ auch . . .