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Wildflecken
Rhönkaserne in Wildflecken wird ein IT-Zentrum
Im Gefechtssimulationszentrum Heer in der Rhönkaserne gibt es bereits viele IT-Spezialisten. Ab 2023 wird der Standort zu einem von zwei Knotenpunkten des Bundeswehr-Netzes.
Foto: Florian Gensch | Im Gefechtssimulationszentrum Heer in der Rhönkaserne gibt es bereits viele IT-Spezialisten. Ab 2023 wird der Standort zu einem von zwei Knotenpunkten des Bundeswehr-Netzes.
Von Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 13.10.2019 02:10 Uhr

Zwei Jahre lang hat eine ganze Region auf die Entscheidung gewartet, durch den Führungswechsel im Verteidigungsministerium ging sie nun fast unter: Die Bundeswehr baut in den kommenden zehn Jahren eine komplett neue digitale Infrastruktur auf, und die beiden wichtigsten Knotenpunkte im militärischen Netz werden Wildflecken in der Rhön und Strausberg in Brandenburg sein. Roth in Mittelfranken bekommt zudem ein Datencenter als eine Art Backup. Nach aktueller Planung wird an den drei Standorten insgesamt mehr als eine Milliarde Euro investiert.

Es handle sich um eine „strategische, langfristige Entscheidung“, sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums auf Nachfrage. Bis Ende 2021 soll das Detail-Konzept für die drei neuen Standorte stehen, der Baubeginn ist für Anfang 2023 geplant.

Genau genommen erhalten sowohl Wildflecken, als auch Strausberg jeweils drei Rechenzentren, die dann „Cluster“ bilden. Die Rechenzentren sollen nach und nach in Betrieb gehen: „Wir warten nicht ab, bis alles fertig ist und legen dann 2030 den großen Schalter um“, heißt es aus Berlin.

Wegen der drei Gebäude war auch der Platz vor Ort eines der wichtigsten Kriterien: Mindestens 15 Hektar werden für die Rechenzentren benötigt. Weitere Vorgabe: Die beiden Cluster und das Backup mussten „geo-redundant“ liegen, sprich: So weit voneinander entfernt, dass Naturkatastrophen oder Stromausfälle nicht zwei gleichzeitig treffen. Ausgeschlossen waren Standorte, an denen Hochwasser oder Erdbeben drohen und die zu nahe an Atomkraftwerken, Krankenhäusern oder Raffinerien liegen. Außerdem kamen nur größere Standorte mit bestehendem Objekt-Schutz und eigenem Munitionsdepot in Frage. „Das hat nicht jede Kaserne“, heißt es aus dem Ministerium, und: „Innerhalb der Gebäude wird es natürlich zusätzliche Zugangssicherungen geben.“ Vermutlich werden die Cluster auch im Kriegsfall speziell gesichert, dafür gebe es aber noch keine genauen Pläne.

Betreuen werden die neue IT-Infrastruktur eine Tochtergesellschaft des Bundes und bereits vorhandene Betriebsführungselemente. „Deshalb ist das jetzt keine Stationierungs-, sondern eine Standortentscheidung“, weist ein Ministeriumssprecher darauf hin, dass nur wenige neue Arbeitsplätze entstehen. Wie viele, sei noch unklar, aber: „Wir brauchen nicht nur Hausmeister, sondern auch IT-Kräfte, die die Technik einbauen und im Notfall auch vor Ort damit arbeiten können.“

Laut Bundeswehr soll „eine der größten Rechenzentrumsinfrastrukturen in Deutschland“ entstehen. Mit dem cloud-fähigen Netz, das nicht nur alle Standorte, sondern auch Schiffe oder Panzer verbinden wird, sei Deutschland „in der Nato ganz weit vorne“. Aktuell habe lediglich die USA Pläne für ein ähnliches eigenständiges militärisches Netz: „Aber auch die sind erst im Aufbau“, betont das Verteidigungsministerium.

In der Barnim-Kaserne in Strausberg (Brandenburg, östlich von Berlin, sollte bis vor kurzem noch geschlossen werden) und der Rhön-Kaserne in Wildflecken sollen dabei sogenannte Rechenzentrums-Cluster entstehen, in denen die digitalen Datenströme der Bundeswehr zusammenlaufen. In der Otto-Lilienthal-Kaserne in Roth ist ein weiteres Datencenter geplant, in dem die Informationen für eine mögliche Wiederherstellung gesondert gespeichert werden können. Die Bundeswehr werde mit der neuen Infrastruktur „eine zukunftsfähige Vorreiterrolle“ auf nationaler und internationaler Bühne übernehmen können, kündigte die Ministerin an.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat am 3. September 2018 das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr unterzeichnet. Dieses interne Planungsdokument beschreibt detailliert den Bedarf der Bundeswehr sowie die wesentlichen Modernisierungsschritte bis zum Jahr 2031.

Dieser Bedarf leitet sich ab aus den fundierten sicherheitspolitischen Analysen des Weißbuchs der Bundesregierung 2016 sowie der im Frühjahr 2018 gebilligten Konzeption der Bundeswehr, die die Aufgaben der Streitkräfte definiert. Damit liegt nunmehr ein umfassendes Gesamtkonzept zur Modernisierung der Bundeswehr vor.

Zwei Jahre Arbeit an Modernisierungsprogramm

Das Fähigkeitsprofil ist ein internes Planungsdokument, das der Organisation der Bundeswehr die Zukunftsplanung ermöglicht und ein bisher nicht gekanntes Maß an Vorausschau und Transparenz gegenüber dem Haushaltsgesetzgeber schafft. Anders als das Weißbuch und die Konzeption der Bundeswehr ist das Fähigkeitsprofil kein öffentliches Dokument. Im vergangenen Jahr betonte die damalige Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Hamburg: „An diesem großen Modernisierungsplan haben wir die letzten zwei Jahre gearbeitet. Er zeigt in drei Schritten 2023, 2027 und 2031, wohin die Reise geht. Die Soldatinnen und Soldaten spüren, dass wir nach dem Tiefpunkt im Jahr 2015 nach 25 Jahren des Schrumpfens in der Bundeswehr jetzt langsam die Talsohle durchschritten haben. Aber es liegt noch ein langer Aufstieg vor uns, den wir bewältigen müssen.

Alle Planungen bewegen sich innerhalb der Finanzziele, die die Bundesregierung im Sommer der Nato angezeigt hat. Wir werden danach für die Verteidigungsausgaben im nächsten Jahr 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreichen. Im Jahr 2024 wollen wir 1,5 Prozent erreichen. Dabei geht es um die umfassende Modernisierung der Ausrüstung, über das notwendige Auffüllen hohler Strukturen bis hin zur Entwicklung neuer Fähigkeiten, die die Bundeswehr in Zukunft baucht. Der Plan umfasst eine breite Investitionspalette, aber zwei Bereiche sind hoch prioritär: Das eine ist die persönliche Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten und das zweite ist das große Thema Digitalisierung. Denn jeder Konflikt der Zukunft wird auch im Cyberraum ausgetragen“.

Für die Bundeswehr sei die Digitalisierung die wohl wichtigste Herausforderung der kommenden Jahre, so von der Leyen: „Die Digitalisierung ist das Kernstück der Modernisierung der Bundeswehr. Wir brauchen alle Daten, Zahlen, Fakten auch digital zugänglich.“

Rekrutierung neuen Personals von großer Bedeutung

Daneben sei auch die Rekrutierung neuen Personals von großer Bedeutung – und das in Zeiten des demografischen Wandels und gleichzeitig brummenden Arbeitsmarktes. Deutschland sei trotz dieser Herausforderungen inzwischen der zweitgrößte Truppensteller der Nato, betonte die Ministerin. „Wir leisten unheimlich viel.“ Trotzdem müsse Deutschland noch besser werden.

Der Digitalrat Bundesministerium der Verteidigung ist jüngst mit einer konstituierenden Sitzung ins Leben gerufen worden. Diese wurde von Generalmajor Michael Vetter, Abteilungsleiter Cyber und Informationstechnik (CITCyber- und Informationstechnik) im BMVgBundesministerium der Verteidigung, moderiert.

 
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