Im Internet sorgt in den sozialen Medien ein Video für Furore. Zimmerer machen darin ihrem Ärger Luft: Ihnen geht allmählich das Holz aus. Ein Großteil des nachwachsenden Rohstoffs geht von den Sägewerken ins Ausland - etwa in die Vereinigten Staaten. Grund dafür ist laut Franz Stangl, Pressesprecher des bayerischen Forstministeriums, ein Boom in der dortigen Baubranche . Der Bayerische Rundfunk führt zudem an, dass dort wegen der Corona-Pandemie die Holzindustrie ihre Produktion herunterfahren musste. Die Folge: Amerikaner kaufen deutsches Holz. Die gestiegene Nachfrage führt zu einer regelrechten Preisexplosion. Leidtragende sind die hiesigen Zimmereien und deren Kunden . Sind die zwischen Bauherr und Firma vertraglich festgehaltenen Preise für das Einfamilienhaus noch haltbar? Und: Verzögert sich der Traum vom Eigenheim?
Zimmereien am Limit im Landkreis Bad Kissingen
Petra Albert, Prokuristin der Fertighausfirma Albert in Burkardroth, sagt: "Wir versuchen die Termine, bis das Haus steht, einzuhalten. Es ist ein großer Kraftaufwand für alle. " Denn die Engpässe bei Stahl, Dämmmaterialien und insbesondere Holz machen der Zimmerei zu schaffen.
"Wir haben massive Probleme, Material zu bekommen", sagt Petra Albert. Üblich seien sonst Lieferzeiten von zwei Wochen gewesen - das hat sich mittlerweile geändert. "Jetzt sind es etwa sechs Wochen." Um trotzdem den Termin zum Stellen eines Fertighauses einzuhalten, müssen die Zimmerer in der Produktion ranklotzen.
Große Ungewissheit in der Rhöner Fertighaus Branche
Tobias Hahn , der Geschäftsführer von Natura-Haus, ist in der Firma für den Haus- und Holzbau verantwortlich. Er sagt: "Die Lieferzeit geht bis zu acht Wochen, die Preisbindung bis vier Wochen. Das heißt: Ich kaufe Holz, weiß aber nicht was es kostet."
Bei der Zimmerei Albert Haus aus Burkardroth gibt es für den Kunden eine Festpreisgarantie von einem Jahr für das Eigenheim. Aber: "Es ist momentan ein absolutes Draufleggeschäft", kommentiert sie. Probleme machen die Materialien. "Normalerweise verhandelt man die Preise für ein Jahr aus. Das wurde komplett aufgekündigt von den Lieferanten", sagt Petra Albert. Derzeit werden Tagespreise für die Baustoffe aufgerufen. "Der Markt ist leergesaugt." Dem stimmt auch Tobias Hahn zu.
Ein Problem, das Unternehmen Falten auf die Stirn treibt
Udo Frank, der bei Natura-Haus für die Schreinerei zuständig ist, fügt an: "Wir fragen überall herum, wer wann wo was liefert." Das Gewähren einer achtwöchigen Preisgarantie für die Rohstoffe sei nicht mehr möglich. "Wir können nicht in die Zukunft planen. Wir haben ein richtiges Problem. Es treibt uns Falten auf die Stirn".
Damit sind die Unternehmer nicht allein. Einige Zimmereien sind laut ihm deshalb bereits in Kurzarbeit. Besonders schwierig sind laut Tobias Hahn derzeit Sonderhölzer zu bekommen. Das Holz braucht es, um die Statik zu gewährleisten. Von Haus zu Haus ist das Material - aufgrund der verschiedenen Hausmaße - anders bemessen.
Kosten schießen in die Höhe
Zum organisatorischen Aufwand kommen noch die Kosten. Konstruktionsvollholz, das etwa in Dachstühlen verwendet wird, hatte laut Tobias Hahn sonst einen Preis von etwa 300 Euro pro Kubikmeter. Mittlerweile steht ein Preis von bis zu 550 Euro für die gleiche Menge im Raum. "Im Wohnhausbereich brauche ich pro Haus 20 Kubik. Durch die Preisexplosion sind das etwa 4000 Euro mehr." Das Brisante: "Das muss ich selbst tragen, die Verträge mit den Kunden sind fix."
Verband mahnt: Marktlage nicht weiter verschärfen
Die von Petra Albert angesprochene Teuerung bei Holz, Schrauben und sonstigen Baustoffen , wie Gips, Stahl oder Dämmmaterial, bestätigt Udo Frank. "Wenn alles preislich hochgeschraubt wird - dann wird es ein Draufleggeschäft. Es sei denn, im Vertrag ist festgeschrieben, dass das Haus teurer wird." Er befürchtet, dass es aufgrund der Situation zu Hamsterkäufen seitens der Zimmereien kommt. Diese würden jedoch den Preis noch weiter nach oben treiben. Die Gefahr sieht auch Peter Aicher, der Vorsitzende des Verbands "Holzbau Deutschland Bund deutscher Zimmermeister". In einer Pressemitteilung äußert er sich: Holz solle mit Augenmaß bestellt werden, "um die Marktlage nicht weiter zu verschärfen."
Hier sehen Betroffene den Ursprung des Problems
Tobias Hahn setzt auf ortsansässige Holzhändler. "Unsere regionalen Lieferanten versuchen uns nach Kräften zu unterstützen." Ein Holzhändler aus dem Landkreis Bad Kissingen ist die Firma Baier in Neuwirtshaus. Jürgen Baier , der Geschäftsinhaber, sieht die Wurzel des Problems auch in der Vergangenheit, als die Politik größere Sägewerke förderte. Ziel sei das Stärken des Exportholzbereichs gewesen. Dadurch gerieten mittelständische Sägewerke unter Druck und mussten teils schließen. "Die kleinen Unternehmen haben damals den regionalen Markt bedient", sagt er. "Von ihnen hat kaum jemand exportiert."
Jürgen Baier weiß wovon er spricht, bis vor einigen Jahren war das eigene Sägewerk Teil des Tagesgeschäfts. Er konstatiert: "Der lokale Markt könnte von den großen Firmen mitbedient werden, aber im Exportbereich verdienen sie mehr Geld." Einen grundsätzlichen Holzmangel sieht Jürgen Baier nicht. Eher fehlen die Mengen vor Ort wegen des hohen Exportvolumens. Die Folgen schlagen dann bei Holzhändlern, Schreinereien und Zimmereien auf: "Die Phase, dass ein ordentliches Preisniveau gegeben ist, ist längst überschritten. Derzeit ist es eine Preisexplosion, bei der kein Ende in Sicht ist", sagt er.
Mehr Holz schlagen ist nicht der Ausweg
Der wohl nahe liegende Ansatz, um das Problem zu entschärfen - einfach mehr Holz zu schlagen, ist nicht möglich. Dr. Michael Kutscher von den bayerischen Staatsforsten (BaySF), Leiter des Forstbetriebs Bad Brückenau, sagt: "Wir sind der Nachhaltigkeit verpflichtet. Das heißt, wir haben den gesetzlichen Auftrag, weniger Holz zu schlagen als nachwächst."
Darauf, wie Sägewerke das zugelieferte Holz vermarkten, hat Michael Kutscher keinen Einfluss. "Unsere Kundenzusammenstellung hat sich in letzter Zeit nicht geändert. Es sind alles altetablierte Kunden , die wir nicht extraordinär bedienen", sagt Michael Kutscher. "Zehn bis 15 Prozent gehen an örtliche Sägewerke ." Die befinden sich beispielsweise in Bad Brückenau, Motten oder Untererthal.
Bayerische Staatsforsten wollen verstärkt auf regionale Vermarktung setzen
Den Grund für die Quoten erklärt Franz Stangl vom Forstministerium: "Der Anteil der regionalen Vermarktung bei Bayerischen Staatsforsten schwankt." Kleinere und mittlere Sägewerke in Gebieten mit hohem Schadholzanteil, wie etwa in Oberfranken, hatten laut ihm zuletzt sehr preisgünstig Schadholz bei anderen Waldbesitzern aufgekauft. Die Folge: Die BaySF verkauften in dem Bereich weniger Holz an die Sägewerke . Allerdings sei festzustellen, dass die Nachfrage bei kleinen und mittleren Betrieben derzeit steige. Die BaySF würden versuchen diese zu befriedigen. "Den Staatsforsten ist diese regionale Vermarktungsschiene sehr wichtig, weil sie Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Handwerk für den ländlichen Raum sicherstellt", sagt er.
Eine Umverteilung, dass kleine Sägewerke mehr Holz bekommen ist laut dem Ministerium nicht möglich. "Das wäre staatliche Planwirtschaft. Solche Eingriffe in den Markt sind in rechtlicher und wirtschaftspolitischer Hinsicht in Deutschland nicht darstellbar", sagt Franz Stangl.