So etwas kannte Franz Zang bisher noch nicht: Seit 30 Jahren beobachtet der Naturschützer aus Bad Brückenau den Feuersalamander am Oberlauf des Zundersbachs (auch Zintersbach), dessen Tal sich um den Lösershag mit seinen Naturwäldern zieht. Dieses Jahr trocknete das Wildgewässer im Beobachtungsabschnitt des 74-Jährigen erstmals komplett aus, und zwar schon im Mai.
Kein Wasser bedeutet für die Larven des Feuersalamanders : kein Lebensraum. Der Amphibien-Nachwuchs tummelt sich besonders gern in Gumpen, kühlen Vertiefungen des Gewässergrundes, über die schnellere Fluten eines Flusses oder Baches gewöhnlich hinwegschießen. In dieser relativen Ruhe und Unberührtheit wachsen die keimentragenden Larven heran, ehe sie ihre Wandlung zum lungenatmenden Landtier vollziehen.
80 Salamander-Larven zählte Franz Zang jedes Jahr in seinem 200 Meter langen Abschnitt, heuer keine mehr. Es ist eine Stichprobe, denn niemand kann einen ganzen Wildbach überwachen.
Der Bund Naturschutz hat mehrere solcher Beobachtungsabschnitte in der Region eingerichtet - in den Schwarzen Bergen, am Kreuzberg, im Neuwirtshauser Forst. Überall herrscht das selbe Bild: Die Wildbäche trocknen aus, nicht nur der Zundersbach.
Karl-Heinz- Kolb, Gebietsbetreuer des Bund Naturschutz für den Landkreis Bad Kissingen, zählt die trautige Liste auf: Der Zufluss zum Feuerbachmoor im Wald zwischen Neuwirtshaus und Untergeiersnest ist vor längerem trocken gefallen. Der hintere Haselbach bei Bischofsheim führt seit Anfang Juli kein Wasser mehr. Der Seebach bei Gefäll trocknete in seinem Oberlauf vor vier Wochen aus, um nur einige zu nennen.
Das ist ziemlich tragisch, hatten sich die Feuersalamander-Larven doch im Frühjahr relativ gut entwickelt, so Kolb. Dafür verantwortlich auch die reichlichen Niederschläge im Winter. Doch dann kam im Mai die Trockenheit. Da dann auch einige Quellen versiegten, traf es neben dem Feuersalamander sogenannte Quellorganismen wie die Rhönquellschnecke, die nur in Rhön und Vogelsberg vorkommen.
Lediglich das Hofgrundwasser bei Bad Brückenau mit seinem großen Einzugsgebiet konnte den Larven genug Nass zum Überleben bieten. 80 von ihnen wurden dort laut Zang auch während der großen Dürre gezählt. Und Karl-Heinz Kolb gelang es immerhin, an einem Bach nahe dem Sandberger Ortsteil Kilianshof zehn Jungtiere zu retten. "An anderen Bächen war nichts zu machen. Das ging rasend schnell", sagt er.
Eigentlich waren die Rhöner Naturschützer angetreten, um die geschützte Amphibienart vor einem anderen Übel zu bewahren: der Salamanderpest, einem Pilz. Batrachochytrium salamandrivoransn (BSAL), so der wissenschaftliche Name, verursacht an der Haut der Tiere Schäden und Verletzungen, an denen sie sterben können.
Kolb hat bei Bischofsheim mehrere ausgewachsene Feuersalamander abgestrichen; die Proben wurden aber noch nicht ausgewertet. Weder er noch Zang haben aber bisher BSAL-typische Anzeichen an den beobachteten heimischen Amphibien entdeckt. Der Hautpilz scheint noch nicht in der Rhön angekommen zu sein. Gleichwohl wütet er schon in den Niederlanden, Belgien und einigen deutschen Bundesländern.
Die Experten streiten sich aber laut dem BN-Gebietsbetreuer schon darüber, was den Feuersalamander zuerst hinwegrafft: der Hautpilz oder der Klimawandel mit seiner Austrocknung.
Auf jeden Fall wird das diesjährige Sterben eines großen Teils der Larven eine Lücke in die Salamander-Population reißen, auch wenn sich jetzt noch genügend erwachsene Salamander an feuchten Stellen in der Landschaft verstecken. "Er wird sich in zwei bis drei Jahren widerspiegeln", ist Karl-Heinz-Kolb überzeugt. Er und Zang rechnen damit, dass dem extrem trockenen Sommer 2022 weitere folgen werden. "Sollten einzelne Bäche mehrere Jahre hintereinander trocken fallen, ist das Risiko, dass der Feuersalamander dort stirbt, groß."