Bad Kissingen
Rhön: Schutz der Nacht - weißt du, wie viel Sternlein stehen?
Die Rhön bietet einen beinahe ungetrübten Blick in den Sternenhimmel. Sabine Frank erklärt, warum der Schutz der Nacht gerade tagsüber so wichtig ist.
"Das ist eine Waffe", sagt Sabine Frank und zückt ein dunkles Kästchen, das aussieht wie eine Fernbedienung. Diese LED-Taschenlampe - ein Geschenk - würde sie nie benutzen, ohne sie zu kastrieren, erzählt die Chefin des Sternenparks Rhön gut einem Dutzend Frauen und Männer. Die haben sich in gefütterte Mäntel gehüllt und die Schneestiefel geschnürt. Mitten im Schwarzen Moor wollen sie heute Nacht erleben, was es am Himmel zu entdecken gibt. Oder besser: den Rest, der noch geblieben ist.
Sabine Frank will besseres Licht, statt mehr Licht. "Es geht nicht ums Ob, sondern ums Wie", sagt sie. Die Sternenpark-Chefin will wachrütteln. Ihre Mission: der Schutz der Nacht. Sie meint: "Lichtverschmutzung muss so assozial werden wie das Rauchen."
Am Kragen ihres Jackett heften drei Buttons. Auf dem größten: ein Stern. Um ihren Hals baumelt ein silberner sternförmiger Anhänger. Sabine Frank ist Leiterin des Sternenparks Rhön, Sternenführerin, Hobby-Astronomin. Wenn sie als Retterin der Nacht unterwegs ist - und das ist sie ständig - hat sie mehr im Sinn als eine gute Sicht auf ihr Lieblingssternbild.
Sabine Frank hat sich einer Aufgabe verpflichtet: Wie wird Licht umweltverträglich, jenseits der Energiegewinnung? Mit einer "Licht-Orgie im Garten" sicher nicht, meint sie. Und so kann es schon mal passieren, dass sie im Supermarkt an der Kasse versucht, ihre Mitmenschen vom Kauf eines LED-Solar-Garten-Steckers abzuhalten.
Was sie so richtig grantig macht: "Baumquälerei", geblendet zu werden und ein "Lampenzoo" in Dörfern. Gegen das und noch mehr versucht sie anzugehen - vor allem mit ihren Vorträgen und Führungen.
Mit 3000 Leuten sind die Sternenführer des Sternenparks im vergangenen Jahr durch die Rhöner Nacht gewandert. Touristen wie Einheimische können sich nachts auf eine geführte "Sternguckwanderung" oder eine "Mondlichtwanderung" begeben. Ein Dutzend Sternenführer spüren mit ihnen Sternbilder auf. Sie erzählen Geschichten, die sich um die Bilder ranken und gehen ganz nebenbei den wissenschaftlichen Hintergründen nach: Wie entstehen die Jahreszeiten, welche Bedeutung hatte der Sternenhimmel für die Menschen früher?
Die Decke aus Schnee hat eine frostige Kruste, die mit jedem Schritt unter den Stiefelsohlen kracht. Der eisige Wind wird zu Musik in den Schatten der Bäume am Schwarzen Moor. Er treibt die Wolken an, der Himmel bleibt dennoch dicht. Derweil rast Sabine Frank mit den Nachtwanderern auf ihrem Tablet per App durchs All. Ein Blick in die Dunkelheit der Nacht, wie er sich von der Rhön aus bietet - unverseucht vom Smog des Lichts - ist selten geworden. So selten, dass die Region damit für sich Werbung macht.
"Der Sternenpark Rhön steht für nachhaltigen Tourismus und ist damit für den Landkreis Bad Kissingen mit seinem Biosphärengebiet sehr wertvoll", sagt Thorn Plöger, Chef der Rhön GmbH. Wie viele alleine der Sternenpark in die Region lockt? Fraglich. Wie der Geschäftsführer sieht auch der Landkreis in dem Sternenpark das Potenzial, das Toursimusgeschäft anzukurbeln. Klar, der Sternenpark "trägt zur Attraktivität des Rhöntourismus bei", heißt es aus dem Amt. Wer bei uns Sterne beobachtet, soll ob der einmaligen Attraktion um die faszinierende Nachtlandschaft bestenfalls zum Wiederholungsgast werden. Ein Selbstläufer sei der aber nicht, warnt Sabine Frank.
Kommunen, Firmenchefs, Privatleute - jeder trage Verantwortung für die natürliche Dunkelheit. Ihr Anliegen: Die Nacht muss in der Rhön als "Land der offenen Fernen" tagsüber mehr Raum einnehmen. Quer durch die Rhön sollen "Spielplätze für Erwachsene" entstehen. Noch in diesem Jahr könnte der Bau starten. Einer dieser "Himmelsguck-Plätze" könnte an der Kissinger Hütte montiert werden. Das Plateau mit dem offenen Blick gilt als Eldorado für Sternengucker. Die Installation soll nachts wie tags etwas bieten.
Die Sternenpark-Chefin will niemandem die Lichter ausknipsen - im Gegenteil. Sie will, dass den Leuten ein Licht aufgeht: "Naturschutz findet in Deutschland nur am Tage statt", bedauert sie. Die Folgen? Fatal: Wird die Nacht zum Tag, driftet das sensible Ökogefüge auseinander, erklärt sie. Nachtaktive Vögel, Insekten, Pflanzen geraten aus dem Takt. Bäume in der direkten Nähe zu Leuchten verlängern etwa ihre Photosynthese. Beleuchtungsrichtlinien, denen sich Kommunen verschreiben, könnten es richten.
Burkardroth macht mit, Wildflecken, Münnerstadt und Bad Brückenau auch; die Gemeinden Motten, Oberleichtersbach, Riedenberg, Geroda und Schondra haben noch nicht abgestimmt. Das Ziel: die richtigen Lampen, mit dem passenden Leuchtmittel, am sinnvollsten Platz. Seit Neuestem reicht das Landratsamt die Empfehlung des Sternenparks an alle Häuslebauer weiter, die eine Baugenehmigung beantragen.
Sabine Frank trommelt weiter für die Nacht. Ihr Erfolg: "Viele haben verstanden, worum es geht, sie sehen den Himmel - die Nacht - als Teil unserer Heimat, die es zu bewahren gilt." Menschen machen sich Gedanken über das Ortsbild - fernab der Bepflanzung: Wie erscheint es bei Nacht - oder eben nicht.
Und der LED-Garten-Stecker im Supermarkt? "Bis wir vorne waren, war der Mann überzeugt", sagt sie und lacht.
Führung Die nächste astronomische Sternenführung mit freien Plätzen startet am Samstag, 17. März, in Bastheim. Beginn ist um 20 Uhr, Treffpunkt ist das Mauritiushaus, über der Raiffeisenstraße in Bastheim. Interessierte können sich anmelden unter 0800/971 97 72 oder über info@sternenpark-rhoen.de.
Vortrag Einen Vortrag gibt es am Mittwoch, 21. Februar, zum Thema: "Der bestirnte Himmel über mir ...und was davon noch übrig ist". Beginn ist um 19 Uhr in der Elstalhalle in Oberelsbach.
Aktion Am "Tag der Astronomie" am Samstag, 24. März, können Hobby-Astronomen in Münnerstadt auf ihre Kosten kommen. Treffen ist ab 20 Uhr am Sportplatz.
Infos und noch mehr Termine unter www.sternenpark-rhoen.de .
Sabine Frank will besseres Licht, statt mehr Licht. "Es geht nicht ums Ob, sondern ums Wie", sagt sie. Die Sternenpark-Chefin will wachrütteln. Ihre Mission: der Schutz der Nacht. Sie meint: "Lichtverschmutzung muss so assozial werden wie das Rauchen."
Am Kragen ihres Jackett heften drei Buttons. Auf dem größten: ein Stern. Um ihren Hals baumelt ein silberner sternförmiger Anhänger. Sabine Frank ist Leiterin des Sternenparks Rhön, Sternenführerin, Hobby-Astronomin. Wenn sie als Retterin der Nacht unterwegs ist - und das ist sie ständig - hat sie mehr im Sinn als eine gute Sicht auf ihr Lieblingssternbild.
Das Grauen: erleuchtete Gärten
Sabine Frank hat sich einer Aufgabe verpflichtet: Wie wird Licht umweltverträglich, jenseits der Energiegewinnung? Mit einer "Licht-Orgie im Garten" sicher nicht, meint sie. Und so kann es schon mal passieren, dass sie im Supermarkt an der Kasse versucht, ihre Mitmenschen vom Kauf eines LED-Solar-Garten-Steckers abzuhalten. Was sie so richtig grantig macht: "Baumquälerei", geblendet zu werden und ein "Lampenzoo" in Dörfern. Gegen das und noch mehr versucht sie anzugehen - vor allem mit ihren Vorträgen und Führungen.
Mit 3000 Leuten sind die Sternenführer des Sternenparks im vergangenen Jahr durch die Rhöner Nacht gewandert. Touristen wie Einheimische können sich nachts auf eine geführte "Sternguckwanderung" oder eine "Mondlichtwanderung" begeben. Ein Dutzend Sternenführer spüren mit ihnen Sternbilder auf. Sie erzählen Geschichten, die sich um die Bilder ranken und gehen ganz nebenbei den wissenschaftlichen Hintergründen nach: Wie entstehen die Jahreszeiten, welche Bedeutung hatte der Sternenhimmel für die Menschen früher?
Die Decke aus Schnee hat eine frostige Kruste, die mit jedem Schritt unter den Stiefelsohlen kracht. Der eisige Wind wird zu Musik in den Schatten der Bäume am Schwarzen Moor. Er treibt die Wolken an, der Himmel bleibt dennoch dicht. Derweil rast Sabine Frank mit den Nachtwanderern auf ihrem Tablet per App durchs All. Ein Blick in die Dunkelheit der Nacht, wie er sich von der Rhön aus bietet - unverseucht vom Smog des Lichts - ist selten geworden. So selten, dass die Region damit für sich Werbung macht.
Sterne als Touristen-Magnet?
"Der Sternenpark Rhön steht für nachhaltigen Tourismus und ist damit für den Landkreis Bad Kissingen mit seinem Biosphärengebiet sehr wertvoll", sagt Thorn Plöger, Chef der Rhön GmbH. Wie viele alleine der Sternenpark in die Region lockt? Fraglich. Wie der Geschäftsführer sieht auch der Landkreis in dem Sternenpark das Potenzial, das Toursimusgeschäft anzukurbeln. Klar, der Sternenpark "trägt zur Attraktivität des Rhöntourismus bei", heißt es aus dem Amt. Wer bei uns Sterne beobachtet, soll ob der einmaligen Attraktion um die faszinierende Nachtlandschaft bestenfalls zum Wiederholungsgast werden. Ein Selbstläufer sei der aber nicht, warnt Sabine Frank.
Kommunen, Firmenchefs, Privatleute - jeder trage Verantwortung für die natürliche Dunkelheit. Ihr Anliegen: Die Nacht muss in der Rhön als "Land der offenen Fernen" tagsüber mehr Raum einnehmen. Quer durch die Rhön sollen "Spielplätze für Erwachsene" entstehen. Noch in diesem Jahr könnte der Bau starten. Einer dieser "Himmelsguck-Plätze" könnte an der Kissinger Hütte montiert werden. Das Plateau mit dem offenen Blick gilt als Eldorado für Sternengucker. Die Installation soll nachts wie tags etwas bieten.
Die Sternenpark-Chefin will niemandem die Lichter ausknipsen - im Gegenteil. Sie will, dass den Leuten ein Licht aufgeht: "Naturschutz findet in Deutschland nur am Tage statt", bedauert sie. Die Folgen? Fatal: Wird die Nacht zum Tag, driftet das sensible Ökogefüge auseinander, erklärt sie. Nachtaktive Vögel, Insekten, Pflanzen geraten aus dem Takt. Bäume in der direkten Nähe zu Leuchten verlängern etwa ihre Photosynthese. Beleuchtungsrichtlinien, denen sich Kommunen verschreiben, könnten es richten.
Burkardroth macht mit, Wildflecken, Münnerstadt und Bad Brückenau auch; die Gemeinden Motten, Oberleichtersbach, Riedenberg, Geroda und Schondra haben noch nicht abgestimmt. Das Ziel: die richtigen Lampen, mit dem passenden Leuchtmittel, am sinnvollsten Platz. Seit Neuestem reicht das Landratsamt die Empfehlung des Sternenparks an alle Häuslebauer weiter, die eine Baugenehmigung beantragen.
Sabine Frank trommelt weiter für die Nacht. Ihr Erfolg: "Viele haben verstanden, worum es geht, sie sehen den Himmel - die Nacht - als Teil unserer Heimat, die es zu bewahren gilt." Menschen machen sich Gedanken über das Ortsbild - fernab der Bepflanzung: Wie erscheint es bei Nacht - oder eben nicht.
Und der LED-Garten-Stecker im Supermarkt? "Bis wir vorne waren, war der Mann überzeugt", sagt sie und lacht.
Führung Die nächste astronomische Sternenführung mit freien Plätzen startet am Samstag, 17. März, in Bastheim. Beginn ist um 20 Uhr, Treffpunkt ist das Mauritiushaus, über der Raiffeisenstraße in Bastheim. Interessierte können sich anmelden unter 0800/971 97 72 oder über info@sternenpark-rhoen.de.
Vortrag Einen Vortrag gibt es am Mittwoch, 21. Februar, zum Thema: "Der bestirnte Himmel über mir ...und was davon noch übrig ist". Beginn ist um 19 Uhr in der Elstalhalle in Oberelsbach.
Aktion Am "Tag der Astronomie" am Samstag, 24. März, können Hobby-Astronomen in Münnerstadt auf ihre Kosten kommen. Treffen ist ab 20 Uhr am Sportplatz.
Infos und noch mehr Termine unter www.sternenpark-rhoen.de .
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