zurück
NÜDLINGEN
Rektorin will Anzeige nach Abschluss-Streich stellen
Der Schulstreich der Mittelschüler vergangene Woche, kurz vor der Abschlussfeier, sorgt in Nüdlingen derzeit für Diskussionen.
Foto: Isolde Krapf | Der Schulstreich der Mittelschüler vergangene Woche, kurz vor der Abschlussfeier, sorgt in Nüdlingen derzeit für Diskussionen.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:53 Uhr

Nicht nur Schüler, Eltern und Lehrer der Mittelschule diskutieren über den Schulabschluss-Streich vom 18. Juli. Auch in anderen Schulen des Kreises verfolge man aufmerksam, wie mit dem Geschehen in Nüdlingen umgegangen wird, sagt Schulrat Harald Bötsch auf Anfrage.

Zum Hintergrund: Streich-Beteiligte hätten sich im Zuge des Streichs auch Zugang zum Sekretariat und Rektorat verschafft und dort unter anderem die Computer in beiden Räumen entstöpselt. Weil in beiden Zimmern vertrauliche und sensible Daten gespeichert sind, sei die Polizei gerufen worden.

Laut Schulrat Harald Bötsch liegt die Verantwortung für den heftig kritisierten Streich bei den an diesem Tag beteiligten Eltern. Für Rektorin Ritta Helfrich ist inzwischen klar: „Wir werden Strafanzeige gegen einzelne stellen.“

Die Mutter eines Neuntklässlers habe ihm gesagt, dass die Schüler am Mittwoch einen Abschlussstreich planen und einen Schlüssel zu den Klassenzimmern bräuchten, erklärt Bürgermeister Harald Hofmann die Vorgeschichte. Angeblich sollten in den Klassenzimmern Stühle und Bänke aufgetürmt und mit rotem Absperrband umwickelt werden. Ja, er habe veranlasst, dass die Räume geöffnet wurden, so Hofmann weiter. „Die Eltern hatten gesagt, dass sie bei der Aktion dabei sind.“

Hausrecht bei der Schulleitung

Erst am Donnerstag, 19. Juli, habe er mitbekommen, dass bei diesem Streich auch das Rektorat mit einem Schlüssel geöffnet wurde, sagt Hofmann und findet: „Das Rektorat ist aber tabu. Dort einzudringen ist kein Spaß mehr.“ Er habe eingesehen, dass er mit der Schlüssel-Freigabe seine „Kompetenzen überschritten“ habe, sagt Hofmann. „Denn das Hausrecht hat die Schulleitung. Auch ein Bürgermeister muss im Leben oft noch was dazu lernen.“

14 Eltern der 16 Abschlussschülerinnen und -schüler hätten den Streich im Vorhinein mitgetragen, sagt Klassenelternsprecher Thomas Blaha im Gespräch mit der Redaktion. Am Mittwochabend seien dann jedoch nur zwei Elternteile, das heißt er und eine weitere Mutter, dabei gewesen. Blahas Angaben zufolge hätten die Jugendlichen, wie besprochen, das Mobiliar der Klassenzimmer ausgeräumt und in den Gängen aufgetürmt und umwickelt. Dann hätten sie auch das Rektorat mit einem Schlüssel aufgeschlossen und das Mobiliar dort umwickelt. Mehr sei nicht passiert, versichert Blaha.

Rektorin findet Durcheinander vor

Schulleiterin Ritta Helfrich schildert das, was sie am Donnerstag in der Aula, in den Gängen und einigen Klassenzimmern vorfand, als „Chaos“. Das Mobiliar sei in den Gängen kreuz und quer gestellt und teilweise umgestoßen worden. Nicht nur rotes Absperrband sei überall benutzt, sondern auch Toilettenpapier durch die Gänge gerollt worden. Im Rektorat seien die Stühle umgeworfen und Mobiliar mit rotem Band umwickelt worden. Zudem seien zwei Computer ausgestöpselt gewesen. „Und ich fand auf meinem Schreibtisch Gegenstände vor, die zuvor im Schrank standen.“ Daraus folgert Helfrich, dass die Schüler auch Schränke öffneten.

„Damit war für mich eine rote Linie überschritten“, sagt die Rektorin. Denn in einem Rektorat befänden sich stets sehr brisante Dokumente, wie zum Beispiel Personalbögen, vertrauliche Unterlagen von Schülern und Eltern, aber auch Unterrichtstests. „Man weiß ja nicht, ob da nicht jemand vielleicht sogar Unterlagen fotografiert hat.“ Für die Rektorin war klar, dass sie jetzt Polizei und Schulamt rufen muss. Die Polizei habe registriert, dass es ein „Streich“ sein sollte, habe aber auch von „Hausfriedensbruch“ gesprochen.

Schülerstreich oder Elternstreich?

„Für die Genehmigung eines Abschlussstreichs ist die Schulleitung zuständig. Ein Bürgermeister ist nicht berechtigt, einen Schulstreich zu genehmigen“, stellt Schulrat Bötsch klar. Er kritisiert, dass in Nüdlingen aus einem Schülerstreich ein „Elternstreich“ wurde. Dass die Eltern im Rektorat dabei standen, als die Schüler dort herum räumten, sei für ihn ein „No-Go“. Beim gemeinsamen Gespräch am Donnerstag habe er nicht das Gefühl gehabt, „dass die beteiligten Protagonisten ein Schuldgefühl hatten“. Für ihn gehe es um Hausfriedensbruch und einen entwendeten Schlüssel. „Es sind Dinge, die nicht rechtens sind. Das können wir nicht durchgehen lassen.“

Dass der Schlussstreich von Eltern „hinter dem Rücken der Schulleitung angezettelt“ worden sei, darauf reagiert Rektorin Helfrich empfindlich. Denn schließlich hatte die Schulleitung den Schlussstreich aus verschiedenen Gründen zwei Wochen vor der Abschlussfeier verboten – obwohl es der letzte an dieser Schule gewesen wäre. Dass die Schüler nun doch heimlich etwas vorbereiten, habe sie am Mittwochabend erfahren und zunächst „toleriert“, sagt Helferich. Doch als sie am Donnerstag die Bescherung sah, fand sie, dass dies „zu weit“ gehe. Die Schulleitung werde Strafanzeige „gegen einzelne“ stellen. Betroffen seien jedoch nicht die Jugendlichen, versichert sie.

„Ich habe mich bei der Rektorin entschuldigt“, sagt Elternsprecher Blaha. Seines Wissens nach habe die Polizei zwar von „Hausfriedensbruch“ gesprochen, aber „keinen Straftatbestand“ festgestellt, da nichts kaputt gegangen sei. Dass die Kinder sich heimlich einen Generalschlüssel besorgten, davon habe er erst am Donnerstag erfahren. „Das habe ich nicht gut geheißen, das war nicht richtig“, sagt Blaha. Alle Eltern seien nach dem Vorfall der Ansicht gewesen, „dass man das mit dem Rektorat nicht hätte machen sollen.“

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Nüdlingen
Isolde Krapf
Harald Bötsch
Harald Hofmann
Hausfriedensbruch
Hausrecht
Schulleitungen
Strafanzeigen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • P. K.
    Was ist das nur für ein Bürgermeister?
    Klar, Eltern und Schüler könnten ihn, falls er widerborstig wäre bei der nächsten Wahl abstrafen.
    Aber Unbefugten Zugang zu einer Schule zu gewähren geht doch absolut nicht. Eltern und Schüler sind jedenfalls in Sachen Einbruch oder Hausfriedensbruch unschuldig. Sie hatten ja den Zugang vom Bürgermeister gewährt bekommen. Offizieller geht es ja aus Sicht juristischer Laien nicht mehr.

    @Herr Hofmann
    Ich hätte gerne Zugang zur Gemeindekasse. Ich will da nichts durcheinander bringen, ich will nur Konten bereinigen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. K.
    Personenbezogene Unterlagen, Zitat MP: "... wie zum Beispiel Personalbögen, vertrauliche Unterlagen von Schülern und Eltern, ..." frei zugänglich im Rektorat ?? Hat man bei der Schulleitung schon mal was von Datenschutz und der seit Mai diesen Jahres geltenden DS-GVO gehört?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. A.
    Wenn so mancher wüsste, wie mit Personenbezogenen Daten in Öffentlichen Einrichtungen umgegangen wird, dem käme das kalte Grausen. Schlösser von Gestern, keinerlei Zutrittskontrollen, sei es geistiger oder mechanischer Art, keine Alarmanlagen, die da was melden könnten und so weiter. Sie werden es schon nicht haben rumliegen lassen, sondern im Schränkchen deponiert haben.
    Trotzdem hätte ich mich mit dieser Aussage in der Öffentlichkeit als Rektorin mal geflissentlich zurückgehalten. Die Dummheit dieser Angelegenheit liegt auf beiden Seiten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. S.
    Sie sind für die Kommentarfunktion gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. K.
    was hat eine evtl. Strafbarkeit wg. Hausfriedensbruch damit zu tun dass nicht beschädigt wurde?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. A.
    Dann wird es auf eine Ordnungswidrigkeit hinauslaufen. Wobei sobald ein Schluessel im Spiel ist, schaut die Sache eh anders aus. Genau deshalb unternimmt die Polizei auch nichts
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. H.
    Was sind denn das bloß für Schüler heute? Uns wäre es nie in den Sinn gekommen, die Eltern von einem Schülerstreich in Kenntnis zu setzen, geschweige daran teilnehmen zu lassen. Ist das die Folge der Helikoptererziehung? Also nee, was ist nur aus der Jugend geworden? Dass ich diesen Spruch einmal äußere, hätte ich niemals gedacht. zwinkern
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. A.
    Was will man bitte auch von Eltern erwarten die jeden tag ihre Sprößlinge mit dem Auto in die Schule oder den Kindergarten fahren, weder Verkehrsregeln noch Parkverbote kennen und respektieren, außer ist ist vor der eigenen Haustüre. Hoffentlich wird das so bestraft dass die Eltern noch sehr sehr lange daran denken werden wie gedankenlos sie waren und sind.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • K. K.
    Volle Zustimmung. Als nächstes liegen sie neben den Kindern wenn diese mit Freund/in ins Bett gehen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. S.
    Veranstalten wir in Zukunft auch beim Abschied aus dem Kindergarten solche Streiche?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. B.
    Eltern und Schüler sehe ich hier nicht in der Verantwortung. Der Bürgermeister hat den Fehler gemacht, indem er Räume öffnen lies für diese Aktion. Hier hätte er die Aktion unterbinden müssen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    Doch doch...auch die Eltern und volljährige Schülern haften. Wenn es vereinbart wurde, dass nur das gemacht wird, was vereinbart wurde - ist meines erachtens - auch das einzuhalten. Zugang zum Büro der Rektorin finde ich auch, dass hier eine rote Linie überschritten wurde. Aber ehrlich. Wozu denn der ganze Streich? Wem ist damit geholfen? Eigentlich niemand und es kann nur Schaden...was ja nun eingetreten ist. Die Anzeige finde ich richtig, denn es kann hier nicht jeder machen was er will...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. A.
    Dieser Hinweis verstößt gegen Persönlichkeitsrechte.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • I. S.
    Es wird doch immer verblödeter ... Hoffentlich gibt´s dafür richtig eine auf den Deckel. Dann überlegt der ein oder andere in Zukunft vielleicht vorher ob es so einen Blödsinn braucht. Was soll so ein Quatsch eigentlich? Da machen dann auch noch Eltern mit. Geht´s noch?!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Hätte hätte Fahrradkette ...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten