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Bad Kissingen
Pferde-Pushball und der Deal mit Olympiasieger Winkler
Bad Kissingens Reitsportgeschichte ist ein Schatz an Anekdoten. Ein Blick ins Familienalbum von Peter Kohlhepp, dessen Großvater Heinrich der erste Vorsitzende des Reitervereins war.
Ankedoten rund um den Reiterverein Bad Kissingen       -  Plakate aus dem Jahr 1960 mit der Ankündigung von Reitsport-Ikone Hans-Günter Winkler.
Foto: Peter Kohlhepp/Archiv | Plakate aus dem Jahr 1960 mit der Ankündigung von Reitsport-Ikone Hans-Günter Winkler.
Jürgen Schmitt
 |  aktualisiert: 17.03.2025 02:36 Uhr

Die Berichterstattung rund um das im Jahr 1922 eröffnete Turniergebäude in der Au hat Peter Kohlhepp nicht nur aufmerksam verfolgt. „Aus Erzählungen von meinem Großvater kenne ich Anekdoten, die womöglich gar nicht in der Öffentlichkeit bekannt sind“, sagt der Unternehmer. Historisch interessantes Wissen aus erster Hand quasi. Aus dem Mund von Heinrich Kohlhepp, Jahrgang 1892, dem ersten Vorsitzenden des Reitervereins Bad Kissingen.

Im Jahr 1926 wurde der Reiterverein Bad Kissingen gegründet. Exakt aus diesem Jahr tauchen die ersten Turnierbilder auf im Familien-Album der Kohlhepps. Ein Schatz in Bildern. „Mein Großvater war ein Pferde-Mensch. Der wäre lieber Tierarzt anstatt Fuhrunternehmer wie sein Vater geworden“, erklärt der Enkel beim Durchblättern.

Erinnerungen an die Gespräche mit dem Opa sind allgegenwärtig. Sogar der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke , ein erklärter Pferdeliebhaber, hatte in den 60er Jahren die Familie in der Promenadenstraße besucht und schaute gerne im Tattersall vorbei, der ehemaligen Reithalle . Auch dies ist bildhaft belegt.

Es war die Zeit, in der das Reitturnier seine Blütezeit erlebte. Dass Reitsport-Legenden wie Hans-Günter Winkler und Paul Schockemöhle unter den Teilnehmern waren, ist bekannt. „Aber nicht, warum der Winkler nach Bad Kissingen gelockt werden konnte“, lacht Peter Kohlhepp. Und kommt ins Plaudern. Damals schon war der gebürtige Rheinländer mehrfacher Olympiasieger – aber auch Repräsentant der Firma „VDO“, an deren Spitze Liselott Linsenhoff stand. Als Tochter und Allein-Erbin des Industrieunternehmers und Gestütsbesitzers Adolf Schindling.

Ankedoten rund um den Reiterverein Bad Kissingen       -  Im Rahmen der Reitturniere kamen auch Persönlichkeiten aus der Politik nach Bad Kissingen. Unser Bild zeigt den damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke (2. von links) bei einem Besuch im Tattersaal. Links: Heinrich Kohlhepp.
Foto: Peter Kohlhepp/Archiv | Im Rahmen der Reitturniere kamen auch Persönlichkeiten aus der Politik nach Bad Kissingen. Unser Bild zeigt den damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke (2. von links) bei einem Besuch im Tattersaal.

Über Jahrzehnte war Linsenhoff die bestimmende Dressurreiterin in Deutschland. „Damals stand die Stadt Bad Kissingen mit VDO in geschäftlichem Kontakt. Es ging wohl um den Kauf einer Ampelanlage. Und da kam mein Großvater , der ja 2. Bürgermeister unter Hans Weiß war (von 1956 bis 1972, Anm. d. Red.), auf die Idee, durch diese Kontakte den Hans Günter Winkler nach Bad Kissingen zu bringen“, sagt Peter Kohlhepp.

Teilweise über 10.000 Besucher verfolgten die einzelnen Wettkämpfe mit solchen Reitsport-Ikonen. „Die Au war damals mit Publikum regelrecht geflutet“, sagt Kohlhepp. Im Rahmen des Turniers gab es Auftritte der Dinkelsbühler Knabenkapelle, die auch beim Rakoczy-Festumzug mit ihren schmucken Rokoko-Uniformen viele Blicke auf sich zog. Und da packt der Logistik-Unternehmer die nächste Geschichte aus. 

Ankedoten rund um den Reiterverein Bad Kissingen       -  Die Dinkelsbühler Knabenkapelle, hier bei einem Auftritt auf dem Turniergelände in der Au, diente als Vorbild für das Jugendmusikkorps Bad Kissingen.
Foto: Peter Kohlhepp/Archiv | Die Dinkelsbühler Knabenkapelle, hier bei einem Auftritt auf dem Turniergelände in der Au, diente als Vorbild für das Jugendmusikkorps Bad Kissingen.

„Die Dinkelsbühler waren das Vorbild für das Jugendmusikkorps. Deren Uniformen und Auftritte hatten den damals Verantwortlichen der Stadt Bad Kissingen so gut gefallen, dass diese auf die gute Idee kamen, solch eine Kapelle auch als Botschafter für Bad Kissingen auf die Beine zu stellen“, so Peter Kohlhepp. Seinen ersten Auftritt hatte das Jugendmusikkorps im Jahr 1964 beim Münchner Oktoberfest .

Aus den Anfängen des Pferdesports in der Au weiß der 69-Jährige zu berichten, „dass es sogar Überlegungen gab, eine Galopprennbahn in der Au zu errichten, um die große Tribüne über das Jahr hinweg zu füllen. Ähnlich der Galopprennbahn Iffezheim, wo seit dem 19. Jahrhundert die Rennwochen mondäne Ereignisse des Baden-Badener Gesellschaftslebens sind. Eine Information, die aus dem Stadtarchiv auf Nachfrage bestätigt wird: „Es gibt aus den Jahren 1912 bis 1919 Unterlagen zur geplanten Errichtung einer Rennbahn in der Au, diese Planung wurde jedoch durch den 1. Weltkrieg unterbrochen und 1919 verworfen.“

Nach Bad Kissingen gebracht wurden die Pferde damals übrigens mit der Bahn, mit Ankunft am Güterbahnhof, ehe es im Tross weiter in Richtung Turniergelände ging.

Ankedoten rund um den Reiterverein Bad Kissingen       -  Eine vergessene Sportart: Unser undatiertes Bild zeigt eine Vorführung im Pferde-Pushball in der Kissinger Au.
Foto: Peter Kohlhepp/Archiv | Eine vergessene Sportart: Unser undatiertes Bild zeigt eine Vorführung im Pferde-Pushball in der Kissinger Au.

Zu den bemerkenswertesten historischen Bildern in den Alben gehören jene, die Reiter bei einer Art Polo-Wettkampf zeigen. Allerdings mit einem riesigen Ball. Eine selten praktizierte Sportart, die sich Pferde-Pushball nennt, bei dem zwei Mannschaften mit je fünf Reitern versuchen, einen Ball in das gegnerische Tor zu befördern.

Pferde-Pushball wird zwar am diesjährigen Reitturnier gewiss nicht gespielt, dafür finden Besucher aber wieder auf der sanierten Tribüne statt. Etwa 900 Personen, 250 davon sitzend, dürfen den erhöhten Blick aufs Turniergelände genießen.

Ankedoten rund um den Reiterverein Bad Kissingen       -  Plakate aus dem Jahr 1960 mit der Ankündigung von Reitsport-Ikone Hans-Günter Winkler.
Foto: Peter Kohlhepp/Archiv | Plakate aus dem Jahr 1960 mit der Ankündigung von Reitsport-Ikone Hans-Günter Winkler.
Ankedoten rund um den Reiterverein Bad Kissingen       -  Eine vergessene Sportart: Unser undatiertes Bild zeigt eine Vorführung im Pferde-Pushball in der Kissinger Au.
Foto: Peter Kohlhepp/Archiv | Eine vergessene Sportart: Unser undatiertes Bild zeigt eine Vorführung im Pferde-Pushball in der Kissinger Au.
Ankedoten rund um den Reiterverein Bad Kissingen       -  Mit der Tribüne im Hintergrund, zeigen diese Reiter eine Quadrille am Turniergelände in der Au.
Foto: Peter Kohlhepp/Archiv | Mit der Tribüne im Hintergrund, zeigen diese Reiter eine Quadrille am Turniergelände in der Au.
 
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