Was war das für ein Wechselbad der Gefühle für Kim Müller, die sich am zweiten Wettkampftag mental schon verabschiedet hatte. Dabei war ihr Auftaktspringen gar nicht mal schlecht gelaufen. Auf dem dritten Platz lag die 21-Jährige nämlich im Ranking der Fränkischen Meisterschaften der Jungen Reiter, die der Reit- und Fahrverein Grafenrheinfeld im Rahmen seiner Maingau Classics ausrichtete. Die seit diesem Jahr für den Reiterverein (RV) Bad Kissingen startende Schondraerin grübelte.
„Das Rakoczy-Turnier neulich war für mich nicht gut gelaufen. Daher kam ich ohne große Erwartungshaltung nach Grafenrheinfeld. Die zweite von drei Prüfungen wollte ich dann nicht mehr reiten. Mit einem schlechten Gefühl auf dem Pferd kann es zu Fehlern kommen, oder einer Verweigerung“, gibt Kim Müller Einblicke in die Psyche.
Für den Titel brauchte es einen langen Atem, denn für Frankens Reiterkrone bei den Jahrgängen 2002 und jünger galt es nach dem M*-Springen zum Auftakt noch zwei M**-Springen mit bis zu 1,35 Meter hohen Hindernissen zu meistern. Der Sieg würde an die Person gehen, die in der Addition aller drei Wettbewerbe die wenigsten Fehlerpunkte aufwies.
Was als Allerweltsgespräch begann, endete mit einem Gesinnungswandel. „Verbandsjugendwartin Kerstin Popp und ein guter Freund haben mich schließlich überredet weiterzumachen“, erinnert sich die 21-Jährige, die im zweiten Springen prompt auf die Pole Position vorrückte. „Nach dem dritten Sprung hatte ich auf einmal ein richtig gutes Gefühl und gewann dieses Springen sogar.“
Nervosität löste die Selbstzweifel ab. Jetzt hatte Kim Müller, die in Schondra als Bauzeichnerin arbeitet, auf einmal etwas zu verlieren. „Beim Frühstück am letzten Wettkampftag war die Aufregung bei mir und meiner Mutter schon sehr groß“, gibt die 21-Jährige zu, die in ihrer Karriere zwar schon reichlich Top-Platzierungen und gute Runden vorweisen kann, aber noch nie so nah an einem Titel war. Fehlerfrei und möglichst schnell musste die Schondraerin sein, um als letzte Reiterin im finalen Springen die Führung zu verteidigen. Eine Vorgabe, die Kim Müller erfüllte – ehe das allerletzte Hindernis fiel. Aber auch die Konkurrenz, 17 Bewerber gab es um den Titel, hatte gepatzt, sodass es tatsächlich zum Sieg reichte. „Erst, als es der Sprecher durchgesagt hat, habe ich realisiert, dass ich gewonnen habe. Danach war die Freude riesengroß.“
Vier Pferde haben die Müllers in ihrem Familienbesitz. Darunter seit gut einem Jahr „Baumann’s Calle“, der Kim Müller zu diesem gänzlich unerwarteten Erfolg trug. „Calle ist im Parcours eine total coole Socke und extrem nervenstark. Das hilft mir, selbst ruhiger zu werden“, sagt Kim Müller über den Westfalen, der mit zehn Jahren im besten Alter für ein Springpferd ist und der über einen Händler aus Wächtersbach in die Rhön kam.
Altersbedingt kann Kim Müller künftig nicht mehr bei den Jungen Reitern starten. Herausforderungen in der Zukunft werden vor allem die anspruchsvollen Springen der Klasse S sein. „Da wollen Calle und ich weiter Fuß fassen. Aber ohne jeden Druck“, sagt Kim Müller, die vor ihrem Wechsel an die Fränkische Saale für den RSG Rhön Detter-Weißenbach im Sattel saß.
Nicht minder aus dem Häuschen über diesen Titel war der Reiterverein Bad Kissingen . „Wir sind richtig stolz auf unsere Kim, die nicht nur ein Ausnahmetalent ist, sondern auch eine kollegiale und freundschaftliche Reiterin . Kim ist sich nicht zu schade, unseren Nachwuchs zu unterstützen und ihn auf den richtigen Weg zu bringen. Das alles ist keine Selbstverständlichkeit“, sagt RV-Vorsitzende Ulrike Waldhofen.
Zu den 300 Reiterinnen und Reitern , die in Grafenrheinfeld starteten, gehörte auch Diana Gleißner vom RV Bad Kissingen , die bei den Fränkischen Meisterschaften der älteren Jahrgänge – beim Sieg von Selina Höger (PSG Wiedersbach) – eine Top-6-Platzierung ebenso verpasste wie Adrian Keller und Eva-Maria Müller vom RSG Rhön Detter/ Weißenbach, die sich dafür aber über einen zweiten Platz freuen durfte beim Großen Preis der Maingau Classics. Der Sieg bei dieser Springprüfung der Klasse S* mit Siegerrunde ging an Manuel Prause (RFV St. Georg Löbnitz).
Lesen Sie hierzu auch