Dass nach einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die eine Seite als „Sieger“ und die andere als „Verlierer“ den Sitzungssaal verlässt, ist vom Gesetz nicht zwangsläufig vorgeschrieben. Und deswegen hat die 5. Kammer des Gerichts in Würzburg den Anwalt eines Bad Kissinger Hotels und die Mitarbeiter der Stadtverwaltung zum gemeinsamen Nachdenken über die Gestaltung eines schmalen Grünstreifens ohne Urteil heimgeschickt.
Mit dem Fällen von vier bis zu acht Meter hohen Pappeln hatte der Rechtsstreit begonnen. Bis Ende Januar 2024 haben die Beteiligten nun Zeit, so der um eine friedenstiftende Lösung bemühte Vorsitzende Richter Dr. Gerhard Weinmann, wie der Fall ohne Urteil beendet werden könnte. Wenn nichts kommt, werde das Gericht entscheiden, rechtzeitig vor der neuen Vegetationsperiode.
Ersatz für die gefällten Pappeln werde es nicht geben, das steht schon fest, denn gegen die könnte der Grundstücksnachbar mit Aussicht auf Erfolg klagen, wegen der Nähe zur Grundstücksgrenze.
Gefällt ohne Genehmigung
Bei einer Kontrolle der Stadtverwaltung im Januar 2021 stellte man auf dem Hotelgelände, auf einem schmalen Grundstücksstreifen neben dem Parkplatz, an der Grenze zum Nachbarn fest, dass irgendwann vier Pappeln gefällt worden waren, und zwar ohne Genehmigung. Das bedeutete einen Verstoß gegen den Bebauungsplan „Sondergebiet Kurgebiet 4. Änderung“, nach dem der vorhandene Baum- und Strauchbestand zu erhalten ist. Bei natürlichem Absterben sei eine Wiederanpflanzung vorzunehmen, über das Roden von Bäumen und Sträuchern werde im „bauaufsichtlichen Verfahren“ entschieden. Dabei sei auf äußerste Schonung von im Orts- und Straßenbild besonders markanten Bäumen und Strauchgruppen zu achten.
Ersatzpflanzung keine Lösung
Ein Jahr später stellte die Stadtverwaltung bei einer erneuten Kontrolle fest, dass das Hotel der Aufforderung zum Pflanzen von vier neuen Laubbäumen als Ersatz nicht nachgekommen war. Begründung: die geforderte Bepflanzung sei gar nicht möglich, da der Nachbar dagegen mit einer zivilrechtlichen Klage vorgehen könne. Daraufhin wurde das Hotel aufgefordert, für die vier gefällten Pappeln eine einmalige Ablöse in Höhe von 3200 Euro zu leisten und eine Ersatzpflanzung von vier Großbäumen vorzunehmen. Falls sich nichts tut, wurde Zwangsgeld angedroht.
„Vor Ort über Lösung nachdenken“
An der Wiederanpflanzung, es müssten ja nicht wieder Pappeln sein, bestehe ein öffentliches Interesse für den Erhalt des Orts- und Landschaftsbildes, so das Rathaus. Und man dachte laut darüber nach, ob nicht durch eine Neuanlage des Hotelparkplatzes mehr Platz und Luft für Grün Richtung Nachbargrundstück entstehen könnte. Das würde, so das Hotel, zulasten der Zahl der Parkplätze gehen.
Der Vorsitzende Richter und die für den Fall zuständige „Berichterstatterin“ hatten Zweifel, ob die Grün schützende Satzung der Stadt nicht ein bisschen weit gefasst sei, wenn sie für jeden einzelnen Strauch gelte und zum Beispiel auch Bäume schützt, die nicht gepflanzt wurden, sondern „zufällig“ entstanden sind. Das könnten die Verfasser der Satzung so nicht gewollt haben. Auf Klägerseite bezweifelte man, ob dieses „Grün ohne Ende“ praktikabel ist.
Verfahren ruht
Nun ruht das Verfahren bis Ende Januar 2024. Falls Hotel und Stadtverwaltung bis dahin keine gemeinsame Lösung gefunden haben, wird das Gericht den Fall ohne erneute Verhandlung entscheiden, passend zum Start einer neuen Grünphase in Bad Kissingen .
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