Es grunzt und quiekt, wenn Georg Kaufmann und Petra Schaub ihren Aufzuchtstall betreten. Zahlreiche kleine Ferkel wuseln um ihre Beine herum, andere lassen sich gar nicht stören und hängen weiter an den Zitzen ihrer Muttersauen. Auf dem Aussiedlerhof bei Ramsthal betreiben die beiden Geschwister die größte Bioferkelzucht im LandkreisBad Kissingen.
"Die Nachfrage steigt ständig", weiß Julian Schaub. Der Sohn von Petra Schaub bereitet sich auf der Landwirtschaftsschule Schweinfurt auf die Meisterprüfung vor, die er 2021 schaffen möchte. Längerfristig plant er die Übernahme des Familienbetriebes.
Erweiterung auf 80 Zuchtsauen
Schon jetzt werden die Weichen dafür gestellt, der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. So ist geplant, im Laufe des Jahres den Bestand von 75 auf 80 Zuchtsauen auszubauen. Dann werden rund 1500 Ferkel pro Jahr an Schweinemastbetriebe der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall geliefert.
"Unser Betrieb ist eine Antwort auf die aktuelle Diskussion um die Tierhaltung in der Landwirtschaft", findet der angehende Meister. Bereits 2013 hat sein Onkel Georg Kaufmann den Offenstall mit 1300 Quadratmetern Fläche unter viel Eigenleistung errichtet. Wegen der großzügigen Öffnungen im Dach und an den Wänden braucht der Stall keine künstliche Belüftung.
In allen Bereichen steht den Schweinen hier mehr als doppelt soviel Fläche wie in der konventionellen Aufzucht zur Verfügung. Die Tiere haben die Möglichkeit sich auf Stroh zu betten. Dafür muss von Hand ausgemistet werden. "Das kostet ungefähr die doppelte Zeit", beschreibt Petra Schaub den Mehraufwand zum Betrieb konventioneller Ställe. Dort gibt es Spaltenböden, durch die Kot und Urin ablaufen.
Länger bei den Muttersauen
Die ersten knapp sechs Wochen verbringen die Ferkel mit den Muttersauen im sogenannten Ferkelnest. In der konventionellen Landwirtschaft beträgt die Säugezeit lediglich bis zu viereineinhalb Wochen. Danach geht es in den Aufzuchtstall. Hier gibt es Rückzugsbereiche mit wärmenden Holzböden. Nach rund dreieinhalb Monaten werden die Ferkel mit einem Gewicht von etwa 28 Kilogramm verkauft.
Abnehmer ist die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall. Sie ist, wie der Hof Kaufmann, ein Ecoland-Betrieb, der sich zur ökologischen Produktion verpflichtet hat. Um den strengen Anforderungen zu genügend, verfüttern Kaufmanns fast ausschließlich selbst angebautes Getreide. Die vorbeugende Verabreichung von Antibiotika an die Tiere ist tabu.
"Natürlich wäre es schöner, für die Ferkel Abnehmer in der Region zu haben", sagt Julian Schaub. Vereinzelt gebe es auch Nachfragen. Aber es sei schwierig, mit kleinen privaten Abnehmern über die Runden zu kommen, die vielleicht gerade keine Ferkel brauchen, wenn der Hof wieder welche zur Verfügung hat. Mit einem Großabnehmer sei man da auf der sicheren Seite.
Die Tierhaltung auf dem Aussiedlerhof hat Tradition. Mit der Umstellung auf ökologische Produktion im Jahr 1994 hatte der Betrieb von Rindern auf Milchziegen gewechselt. Doch nachdem der Preis der Ziegenmilch auf Kuhmilchpreis-Niveau gefallen war, stieg die Familie komplett auf Schweinezucht um.
Noch Platzreserven
Bestehende Ställe auf Ökoferkelzucht umzustellen, sei wegen der Platzvorgaben kaum möglich, sagt Georg Kaufmann. Weil er 2014 seinen Offenstall vorausschauend ungewöhnlich groß auslegte, könnte er weiteren Verschärfungen der gesetzlichen Bestimmungen vorerst gelassen entgegen sehen. Dennoch sieht er die Landwirtschaft in einem Dilemma. Denn während Investitionen 20 Jahre brauchen, bis sie abgeschrieben, biete die EU durch immer neue Vorschriften kaum Planungssicherheit für fünf Jahre. Umso mehr sind die Kaufmanns von ihrer Hinwendung zum ökologischen Landbau überzeugt. Dass dies auch der Umwelt zuliebe erforderlich ist, könne man nicht wegreden und auch nicht wegdemonstrieren, sagt Kaufmann in Richtung der konventionellen Landwirtschaft.
Angehende Meister zu Besuch
Auf Interesse stieß der Hof Kaufmann jetzt auch bei der jährlichen Exkursion der Landwirtschaftsschule Schweinfurt. Angehende Meister des ersten und dritten Semesters schauten sich auf vier Höfen unterschiedlicher Ausrichtung im Landkreis Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld um. "Die Verunsicherung ist gerade sehr groß", beschreibt Lehrer Joachim Weber (Mitgenfeld) die Stimmung unter den Landwirten. Investitionen gebe es fast nur noch in den ökologischen Landbau. Viele Bauern warteten ab. Es drohe ein weiteres Höfesterben, weil einerseits die Kosten in der Landwirtschaft durch gesetzliche Auflagen weiter steigen, andererseits Verbraucher aber kaum bereit sind, mehr für die Erzeugnisse zu bezahlen. Da sei es wertvoll, Einblicke in unterschiedliche Betriebsphilosophien zu bekommen, um sich zukunftsweisend aufzustellen.