
Was den „Randfichten“ aus dem Erzgebirge der Holzmichl ist, ist bei hiesigen Musikanten der „Schnitzer aus der Rhön“. In einem häufig gespielten Volksmusikstück ist er die Titelfigur. Doch wer steckt dahinter?
Da es immer mal wieder Vermutungen und Ansätze gibt, den besungenen Bildhauer für sich zu vereinnahmen, wollte Alois Wehner, Krippenbaumeister aus Windshausen, es genau wissen. Ohnehin hatte er schon einen starken Verdacht, wer in dem Lied verewigt ist.
Auf die Spur gebracht worden war er durch eine weitere Strophe des Liedes, erzählt Wehner. In ihr ist von einem alten Schäfer die Rede, die der namentlich nicht genannte Holzschnitzer hergestellt hat. Und den kennt Wehner bestens, denn er hat selbst ein Exemplar davon in seiner Sammlung von Holzfiguren. Den Schäfer gibt es in verschiedenen Größen und er ist einer der Lieblingsmotive des Stangenrother Holzbildhauers Gebhard Keßler.
Das wisse er so genau, weil er selbst aus dem Burkardrother Ortsteil stammt und daher den weit über die Rhön hinaus bekannten Bildhauer bestens kenne. Er habe viel von ihm gelernt und eine ganze Reihe seiner Arbeiten in seinem Besitz.
Eines der bekanntesten Motive ist dabei der alte Schäfer, bei dem es sich um Thomas Arnold aus Gefäll handelt, der von 1875 bis 1954 gelebt hat.
Ausführlich wird Keßler in dem von Elke Böhm verfassten Buch über Krippen aus der Rhön beschrieben. Darin wird der 1998 verstorbene Keßler als „Vater der Rhöner Krippen“ bezeichnet. Typisch für ihn sind die Darstellungen markanter Persönlichkeiten, die für das entbehrungsreiche harte Leben in der Rhön stehen.
Letzte Gewissheit erhielt Wehner schließlich vom Textautor selbst. Berthold Geis, selbst Musiker, der jetzt bei Frankfurt lebt, stammt aus Katzenbach, einem Nachbarort von Stangenroth. Eine Nichte von ihm ist mit dem Sohn des Holzschnitzers verheiratet, weshalb er Keßler häufiger getroffen habe.
Aus Respekt und, weil es sich bei Keßler um ein „echtes Rhöner Original“ handele, habe er ihm den Text gewidmet, habe der heute 85-jährige Berthold Geis beteuert.
Darüber hinaus habe er bestätigt, dass mit dem Schäfer der Gefäller Thomas Arnold gemeint ist. Der Schäfer sei Geis durch Wanderungen in der Umgebung der Schwarzen Berge nicht unbekannt gewesen.
Die Melodie stammt hingegen von Wenzel Caba und war von ihm für die von Geis geleiteten Rhöntaler Musikanten komponiert worden. Von Hessen trat das Marschlied quasi wieder den Rückweg in die Rhön an, wo es bei vielen Kapellen zu einem beliebten Stück im Repertoire heimatlicher Volksweisen geworden ist.