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Bad Kissingen
„Radverkehr müsste viel mehr gepusht werden“
Es hat sich was getan in Sachen Radfahren, sagt Richard Fix über Bad Kissingen. Aber viel zu langsam. Wie sich der Radverkehr entwickelt hat und warum ein Umdenken immer noch nötig ist.
Richard Fix       -  Radl-Experte Richard Fix im Gespräch über die Entwicklung des Radverkehrs in Bad Kissingen.
Foto: Angelika Despang | Radl-Experte Richard Fix im Gespräch über die Entwicklung des Radverkehrs in Bad Kissingen.
Angelika Despang
 |  aktualisiert: 23.08.2024 14:20 Uhr

In den vergangenen Wochen hat die Redaktion verschiedene Fahrrad-Strecken im Landkreis Bad Kissingen auf ihre Tauglichkeit geprüft. Zur Entwicklung des Radverkehrs in Bad Kissingen hat diese Redaktion den Radl-Experten Richard Fix befragt.

Der pensionierte Gymnasiallehrer sitzt seit 2002 für die Liste Grüne/Bürger für Umwelt/ ÖDP  im Stadtrat und setzt sich seit Jahrzehnten für eine fahrradfreundliche Kurstadt ein. Ein Gespräch über hohe Bordsteinkanten und einen langen Atem.

Herr Fix, wann haben Sie Fahrrad fahren gelernt?

Das war mit sechs oder sieben Jahren. Das ist natürlich mit einigen Stürzen einhergegangen. Aber ich bin auf dem Dorf groß geworden und damals gab es dort noch so wenig Verkehr, dass das kein Problem war.

Mein erstes Fahrrad habe ich mit acht Jahren bekommen und war natürlich sehr stolz.

Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Thema Radfahren in Bad Kissingen?

1988 habe ich mit meinem Grundkurs Biologie einen Antrag an den Stadtrat gestellt, mit der Bitte, der Fahrradfeindlichkeit in Bad Kissingen ein Ende zu setzen. Es ging vor allem darum, die Radwegesituation zu den Schulen zu verbessern.

Damals gab es fast keine Radwege in Bad Kissingen, wenn dann nur stückweise. Radfahrer wurden als Verkehrsteilnehmer einfach nicht berücksichtigt.

Hat der Antrag gefruchtet?

Nein, innerstädtisch eigentlich nicht. Erst viel später, ab 2014, wurde ein erster Radweg entlang der Bundesstraße Richtung Arnshausen gebaut.

Wie hat sich der Radverkehr in der Kurstadt seitdem entwickelt?

Ein bisschen was hat sich getan. 1990 hatte ein Antrag auf einen Radweg in Nord-Süd-Richtung, der teilweise durch den Luitpoldpark führt, mehr Erfolg – wahrscheinlich, weil ihn sieben Chefärzte von Kissinger Kliniken und vier Schulleiter unterschrieben hatten.

Es ging mir vor allem darum, für Kinder und Jugendliche eine Verbindung von der Ludwigsbrücke quer durch den Park zu den Sportstätten wie Tennisanlagen, Terrassenschwimmbad und Sportpark zu erhalten. Diesen Radweg gibt es mit einigen Änderungen immer noch.

Wo gibt es Hürden für den Bad Kissinger Radfahrer ?

Die Nord-Süd-Verbindung ist kein Problem, weil es dort kaum Bebauung gibt. Was ich schmerzlich vermisse, ist eine gute Verbindung für Radfahrer in West-Ost-Richtung. Die ist ein Riesenproblem.

Warum?

Die bestehende Verbindung ist für Radfahrer einfach unattraktiv. Der Stuttgarter Verkehrsplaner Hans Billinger, der die Stadt lange beraten hat, hat bereits 2003 die Schönbornstraße als Teil der West-Ost-Richtung vorgeschlagen.

Doch da hätte man an die Parkplätze rangehen müssen. Und das ist der Knackpunkt. Sobald es die Parkplätze betrifft, beißt man auf Granit, denn Deutschland ist Autoland.

Genauso im weiteren Verlauf der West-Ost-Verbindung: ich hätte die Maxstraße als ganz wichtigen Teil der Achse gesehen, da sie zu den Schulen führt – leider hatte ich keinen Erfolg. 

Stattdessen wurde 2023 die West-Ost-Verbindung über Schützenstraße, Marbachweg und Erhardstraße beschlossen.

Ja, dieser Alternative habe ich nur mit Bauchschmerzen zugestimmt, denn eine Hauptroute mit so vielen kritischen Stellen ist für mich fragwürdig.

Auf der Route gibt es zum Beispiel einige Stellen mit zu wenig abgesenkten Bordsteinen. Wenn man dort nicht rechtwinklig mit dem Rad auffährt, besteht die Gefahr zu stürzen.

Außerdem muss man an einigen unübersichtlichen Stellen Straßen kreuzen, beispielsweise die Übergänge Marbachweg – Rosenstraße – Schützenstraße oder Schützenstraße – Parkstraße. Wenn man die Parkstraße Richtung Garitz mühsam hoch strampelt, muss man die Vorfahrt von rechts aus dem Güßgraben beachten. Das ist auch nicht ideal.

In die andere Richtung fahrend muss bei dieser West-Ost-Variante verkehrsreiche Stellen wie Von-Hessing-Straße, Münchner Straße und der Berliner Platz passiert werden, um in die Erhardstraße zu kommen. Zudem führt sie nicht auf direktem Wege zum Schulzentrum . Auch Winkels ist nach wie vor nicht angeschlossen.

Die Erhardstraße mit dem bestehenden Schutzstreifen wird im Radwege-Netz Teil der neuen Hauptverbindung von Ost nach West durch die Stadt.       -  Die Erhardstraße mit dem bestehenden Schutzstreifen wird im Radwege-Netz Teil der neuen Hauptverbindung von Ost nach West durch die Stadt.
Foto: Siegfried Farkas/Archiv | Die Erhardstraße mit dem bestehenden Schutzstreifen wird im Radwege-Netz Teil der neuen Hauptverbindung von Ost nach West durch die Stadt.

Warum ist das so schwierig?

Der Radverkehr hat in der Stadt immer noch keinen großen Stellenwert, im Stadtrat haben nur wenige Bezug zum Radfahren. Was schade ist: gerade an einem Gesundheitsstandort wie Bad Kissingen würde ich mir da eine andere Grundeinstellung zu einer so gesundem Fortbewegungsweise wünschen.

Außerdem leben wir in Zeiten des Klimawandels. Da müsste der Radverkehr viel mehr gepusht werden. Das heißt aber keineswegs, dass ich die Stadt vom Autoverkehr befreien will.

Was hat sich in den letzten Jahren für den Radverkehr positiv entwickelt?

Es gibt inzwischen mehr Radwege . Neben der Nord-Süd-Verbindung ist das zum Beispiel die Radwegeverbindung Bachstraße, Rathausplatz, Mühlgasse, Von-Hessing-Straße, die wir im Rahmen des Agenda21-Arbeitskreises bereits 2003 beantragt haben. 2018 wurde sie endlich beschlossen.

Positiv ist auch, dass man über die Fußgängerbrücke bei der Klinik Bavaria mit dem Rad über den Ostring fahren darf. Das tut aber niemanden weh.

Ein großer Erfolg ist, dass die Kurhausstraße durchgehend für Radler frei ist und dass Schüler jetzt die Steinstraße gegen die Einbahnstraße hoch radeln dürfen.

2022 konnte die neue Fahrradparkanlage am Bahnhof eröffnet werden. Übrigens haben wir dazu bereits 2008 den ersten Antrag gestellt. Also 14 Jahre vorher.

Radweg in der Steinstraße       -  Die Steinstraße darf gegen die Einbahnstraße mit dem Rad befahren werden.
Foto: Angelika Despang | Die Steinstraße darf gegen die Einbahnstraße mit dem Rad befahren werden.

Es ist also ein mühsames Unterfangen …

Sehr mühsam. Es dauert wahnsinnig lange, bis Radthemen durchgesetzt werden. Der Weg Bad Kissingens zu einer Radl-Stadt erfolgt mit angezogener Handbremse.

Bad Kissingen und der Landkreis haben beim Radklimatest des ADFC im Jahr 2022 die Schulnote 4,1 kassiert – wundert Sie das?

Überhaupt nicht. Der Landkreis hat immerhin in letzter Zeit einige Radwege gebaut. Aber er hat ja auch einen ganz anderen Etat.

Was war und ist Ihr Ziel?

Mein Ziel ist, das Bewusstsein bei den Leuten in der Stadt zu verändern. Bei einigen habe ich das über die Jahre hinweg erreicht. Aber es sind immer noch zu wenige.

Wie blicken Sie in die Zukunft in Sachen Radverkehr in Bad Kissingen?

Ich hoffe, dass die Zeichen des Klimawandels immer mehr Menschen nachdenklich machen und sie dazu bringen zu überlegen: Was kann ich persönlich machen? Denn wenn viele einen kleinen Beitrag leisten, kann das viel bewirken.

Was ist Ihr Lieblings-Radweg in und um Bad Kissingen?

Das ist der Radweg der Salinenpromenade entlang der Saale bis nach Aschach oder Frauenroth. Schön ist es auch Richtung Münnerstadt über Hausen, Nüdlingen, Burghausen.

Hintergrund

Richard Fix (73) lebt in Bad Kissingen / Garitz. Von 1986 bis 2015 war er Lehrer für Sport und Biologie am Gymnasium. Seit 2002 ist er für die gemeinsame Liste „B90/Grüne – Bürger für Umwelt – ödp “ im Stadtrat, seit 2008 ist er Mitglied im Kreistag. 2009 hat Richard Fix den Ökostammtisch gegründet.

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Kommentare
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  • Andreas Schubert
    Mir erschließt sich nich so recht der Sinn Ihres Kommentars, Herr Röder. Zumal wenn er dem Prinzip folgt, " gackern und kein Ei legen'. Wenn man etwas konkretes zum Diskurs beitragen möchte, wäre es doch sinnvoll, tatsächlich Beispiele aufzuzählen und dies nicht nur anzudrohen.

    Zum eigentlichen Thema: Die Interessen der Fahrradfahrer werden in den allermeisten Fällen wie festgestellt nur dann berücksichtigt, wenn es niemandem sonst weh tut, vor allem keinem Autofahrer. Dabei hötte gersde eine Stadt wie Kg mit Ihrer Lage im Saaletal unendliche Möglichkeiten, das Radfahren zu fördern. Aber wer selbst nivht aufs Rad steigt wird weder die Probleme noch die Möglichkeiten erkennen.
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  • Wolfgang Röder
    Wenn ich mein Leben lang nicht anderes gemacht hätte wie Herr Fix, könnte ich mich auch so interessant äußern. Es gibt aber auch Leute, denen es vielleicht nicht mal aus aus eigener Schuld, nicht so gut geht. Man könnte da schon Beispiele aufzählen. Haben die dann halt einfach Pech gehabt und müssen im nächsten Leben bei der Berufswahl besser aufpassen?
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  • Wolfgang Röder
    Dublette.
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