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Münnerstadt
Münnerstadt: Als die Mürschter Radler wurden
Schon vor 130 Jahren begeisterte der Radsport Menschen in Münnerstadt. Welche Spuren haben diese Aktivitäten hinterlassen?
Diese Postkarte vom Nordfränkischen Radfahrverband ist im Original erhalten geblieben.       -  Diese Postkarte vom Nordfränkischen Radfahrverband ist im Original erhalten geblieben.
Foto: Sammlung Klaus Dieter Guhling | Diese Postkarte vom Nordfränkischen Radfahrverband ist im Original erhalten geblieben.
Heike Beudert
 |  aktualisiert: 22.08.2024 16:50 Uhr

Die Münnerstädter Radsportabteilung im TSV und die örtliche Fahrradinitiative sind Ausdruck dafür, welchen hohen Stellenwert zur Freizeitgestaltung das Fahrrad auch in Münnerstadt einnimmt. Doch die ersten Radsportler, die sich aus Begeisterung für ihre Freizeitbeschäftigung zusammenschließen, sind sie nicht. Schon vor 130 Jahren entdeckten die Münnerstädter das Radfahren für sich.

Radfahren war weit verbreitet

Aber auch in nahezu allen heutigen Stadtteilen hatten sich im frühen 20. Jahrhundert Radfahrvereine gegründet. In der Nachkriegszeit hatte der Sport erneut eine Blüte; ein Nachfolgeverein in Münnerstadt ließ ab 1951 die Tradition des 1893 gegründeten Veloziped-Klubs wieder aufleben.

Die Spurensuche zeigt, dass es den Fahrradfahrern schon früher nicht nur darum ging, mit dem Gefährt von A nach B zu kommen; die Mitglieder suchten die sportliche Herausforderung und die Geselligkeit. Im Stadtarchiv finden sich Unterlagen zu einem Radrennen samt Festbetrieb, das im Jahr 1900 im Städtchen abgehalten wurde und Menschenscharen anlockte.

Nur Bad Kissingen war schneller

Laut einer dem Stadtarchiv vorliegenden Statistik war der Münnerstädter Veloziped-Klub der dritte Fahrradverein , der im Altlandkreis Bad Kissingen gegründet wurde. Nur zwei Fahrradvereine in Bad Kissingen waren älter und formierten sich bereits 1888 beziehungsweise 1889.

Nordfränkischer Radfahrerverband

Wenige Jahre später, 1899, wurde in Münnerstadt der Nordfränkische Radfahrerverband aus der Taufe gehoben, dessen Mitglieder neben dem örtlichen Veloziped-Klub Radlervereine aus Bad Kissingen, Schweinfurt und Mellrichstadt waren. Im Stadtarchiv findet sich noch eine alte Postkarte, die das „1. Sportsfest“ des Verbandes in Münnerstadt ankündigt.

Wer Anfang des 20. Jahrhunderts Radfahrer war, brauchte eine Radfahrkarte, wie sie im Stadtarchiv von Münnerstadt erhalten geblieben ist.       -  Wer Anfang des 20. Jahrhunderts Radfahrer war, brauchte eine Radfahrkarte, wie sie im Stadtarchiv von Münnerstadt erhalten geblieben ist.
Foto: Heike Beudert | Wer Anfang des 20. Jahrhunderts Radfahrer war, brauchte eine Radfahrkarte, wie sie im Stadtarchiv von Münnerstadt erhalten geblieben ist.

Großes Radrennen

Stadtarchivar Klaus-Dieter Guhling hat eine Zeitungsnotiz aus der Münnerstädter Volkszeitung vom 25. Juni 1900 aufbewahrt, in der es heißt: „Als am Samstag Mittag zwei rasch aufeinander folgende Gewitter prasselnde Regenschauer herniedersandten, fürchtete gar mancher Radfahrmann das erste mit großen Mühen vorbereitete Sportsfest des nordfränkischen Radfahrverbandes würde zu Wasser werden. Aber der Himmel hatte ein Einsehen mit den Verehrern des Stahlrosses…“. In Josef Willmanns „Das 19. Jahrhundert in der Stadtgeschichte von Münnerstadt “ ist nachzulesen, dass Erstlings-, Haupt- und Meisterschaftsrennen auf der Strecke zwischen Münnerstadt und Bad Neustadt ausgetragen wurden.

Auch Rollschuhfahren dabei

Danach verlaufen sich die Informationen im Dunkel der Geschichte. Nach dem Krieg aber gibt es eine Neugründung. In einer Zeitungsanzeige berief Otto Blümlein für den 24. Februar 1951 Interessierte zur Gründung des Fahrradvereins in den Gasthof zur Eisenbahn. Ingeborg Schmucker kann sich an diese Zeit erinnern. Ihr Vater, der Gastwirt Hubert Holzheimer sen., war im Vorstand des Radfahrvereins.

Vereinslokal im Gasthof zur Eisenbahn

Das Vereinslokal war der Gasthof der Familie. Einige wenige Fotos aus dieser Zeit hütet sie in ihrer Fotosammlung. Ingeborg Schmucker weiß, dass im Verein nicht nur geradelt wurde. Auch Rollschuhfahren war eine Disziplin. Die Münnerstädterin war in den frühen 1950ern die Jüngste der Riege. Gerne denkt sie an die Auftritte mit ihrem Team in den Gastwirtschaften der Umgebung zurück. Die Säle wurden dafür in Rollschuharenen umgewandelt.

Erhalten geblieben ist auch dieses Foto des Radfahrvereins aus den 1950er Jahren.       -  Erhalten geblieben ist auch dieses Foto des Radfahrvereins aus den 1950er Jahren.
Foto: Sammlung Ingeborg Schmucker | Erhalten geblieben ist auch dieses Foto des Radfahrvereins aus den 1950er Jahren.

Als 1951 die Vereinsgründung stattfand, war ihr Bruder Hubert Holzheimer noch gar nicht auf der Welt. Doch der Münnerstädter Hotelier erinnert sich daran, dass in seiner Kindheit auf dem Dachboden der elterlichen Gastwirtschaft grün-weiße Trikots und eine Vereinsfahne gelagert wurden.

Bergrennen zur Schwarzen Pfütze

Bereits am 8. Mai 1951 ließ der neue Radfahrverein die Tradition „großer radsportlicher Veranstaltungen“ – so die Münnerstädter Zeitung 1951 – wieder aufleben. Veranstaltet wurde ein Radsportfest mit einem Bergrennen, das von Münnerstadt zur Schwarzen Pfütze und zurück führte.

Bericht in der Zeitung

Genannt sind im Bericht die Sieger. In der aktiven Klasse kam Karl Koch auf den 1. Platz, die Burgläurer Hubert Back und Armin Then folgten auf den Plätzen zwei und drei. Den vierten Platz errang der Münnerstädter Otto Ortner. An das Rennen kann er sich eigentlich gar nicht mehr richtig erinnern, gibt er zu, dafür daran, dass es ein Fest mit viel Blasmusik war. Das sei wohl daran gelegen, dass er damals ein Auge auf ein Mädchen geworfen hatte, aber nichts daraus wurde, schmunzelt der heute 90-jährige. Radfahrer sei er auch nicht aus sportlicher Ambition heraus gewesen, sondern weil er eine Lehre in einer Brünner Schlosserei absolvierte. Täglich radelte er früh von Münnerstadt dorthin und abends wieder zurück. Ein Auto habe er sich erst 1963 leisten können, sagt Otto Ortner.

Schöne Feste

„Es waren schöne Festchen“, sagt auch Fritz Beudert. Tagsüber gab es Radrennen , abends Tanz unter Lampions. Die Münnerstädterin Dorothee Hanshans erinnert sich an einen Radkorso, bei dem sie als Schülerin zuschaute. Sie habe die Räder bewundert, deren Speichen mit bunten Bändern geschmückt waren. Beeindruckt habe sie , wie gut die Radler im Schritttempo des Festzugs die Balance halten konnten.

Ingeborg Schmucker erinnert sich auch, dass der Verein mit dekorierten Motivwägen an den Faschingszügen teilgenommen hatte.

Nicht bekannt ist, wann der Klub aufgelöst wurde. Er hat wohl die beginnende Motorisierung der Nachkriegszeit nicht überlebt.

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1951 oder 1952 entstand dieses Gruppenbild des Münnerstädter Radfahrvereins.       -  1951 oder 1952 entstand dieses Gruppenbild des Münnerstädter Radfahrvereins.
Foto: Sammlung Ingeborg Schmucker | 1951 oder 1952 entstand dieses Gruppenbild des Münnerstädter Radfahrvereins.
 
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