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Bad Kissingen
Quellenkönigin Ann-Sophie Brath: Mehr als ein schönes Kleid
Ann-Sophie Brath steht am Rakoczy-Fest 2022 als Quellenkönigin an der Seite von Fürst Rákóczi. Ein Gespräch über akribische Vorbereitung, Vergleiche zu ihrer Schwester und wieso sie die Rolle unbedingt haben will.
Die Quellenkönigin 2022, Ann-Sophie Brath, schätzt die Ruhe und Gelassenheit ihrer Heimatstadt, wie hier auf dem Arkadensteg am Kurgarten.       -  Die Quellenkönigin 2022, Ann-Sophie Brath, schätzt die Ruhe und Gelassenheit ihrer Heimatstadt, wie hier auf dem Arkadensteg am Kurgarten.
Foto: Benedikt Borst | Die Quellenkönigin 2022, Ann-Sophie Brath, schätzt die Ruhe und Gelassenheit ihrer Heimatstadt, wie hier auf dem Arkadensteg am Kurgarten.
Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 21.09.2022 16:52 Uhr

Die Quellenkönigin ist eines der prominentesten Gesichter des Rakoczy-Festes. Sie gehört zu den Historischen Persönlichkeiten, die Bad Kissingen an den Festtagen (29. bis 31. Juli) besuchen und ist die Partnerin von Fürst Ferenc Rákóczi. Dieses Jahr verkörpert Ann-Sophie Brath die Quelle. Die 23-Jährige bezeichnet sich als echtes Kissinger Mädel. Im Interview erklärt sie, wie sie ihre Heimatstadt schätzen gelernt hat, warum sie Quellenkönigin werden will, wieso sie sich beruflich mit Heilwasser auskennt und wie sie mit Vergleichen zu ihrer Schwester Victoria umgeht, die 2016 die Rolle innehatte.

Du kommst aus einer stadtbekannten Familie. Vater Ralph kennen die Kissinger als Haus-, Kur- und Notarzt, Mutter Agnes als Gymnasiallehrerin, Schwester Victoria war Quellenkönigin. Wie ist das für dich?

Ann-Sophie Brath: In Kissingen kennt man den Namen Brath. Ich bin stolz darauf, aus dieser Familie zu stammen. Ich würde keine andere haben wollen.

Wieso willst du Quellenkönigin werden?

Als ich so acht, neun Jahre war und die Quellenkönigin beim Festzug auf ihrem Wagen entlanggefahren ist, habe ich mir immer so gedacht: wow, die ist voll hübsch in ihrem tollen Kleid. Später ist mir dann klar geworden, was wirklich die Aufgabe der Quellenkönigin ist, und zwar daran zu erinnern, warum Bad Kissingen Bad Kissingen ist. Es ist ja nur ein Bad wegen der Heilquellen. Die Quellenkönigin hat die Ehre, die Heilquellen zu repräsentieren. Bei den anderen Historischen Persönlichkeiten wird daran erinnert, wer alles da war, Sisi und Franz zum Beispiel oder Bismarck. Dass es eigentlich ein riesengroßer Zufall war, dass die Rakoczy-Heilquelle entdeckt worden ist, das vergisst man schon gerne mal. Wenn es keine Quellenkönigin gäbe, dann würde das hinten runter fallen. Dabei macht das Bad Kissingen aus.

Wann ist dir das so klar geworden? Redet ihr zuhause am Esstisch darüber, warum es wichtig ist, dass es hier die Heilquellen gibt und Bad Kissingen eine Kurstadt ist?

Eher weniger. Mir ist das bewusst geworden als ich nach Bayreuth gezogen bin. Für mich war das hier alles selbstverständlich, die Konzerte, die Theaterstücke, der Rosengarten direkt vor der Tür - das war Alltag. Als ich umgezogen bin, wurde mir klar, dass das nicht alltäglich ist. Irgendwann habe ich mich dann damit beschäftigt. Und wenn ich dann nach Hause gekommen bin, habe ich gemerkt, hier hast du Ruhe und trotzdem alles, was du fürs Leben brauchst. Und da ist dann die Frage gekommen, warum ist das so; warum ist es so ruhig hier?

Du meinst, man muss erst einmal etwas anderes kennenlernen, damit man das schätzt, was für einen zuhause normal ist.

Wenn ich im Sommer im Rosengarten stehe, der Blick über die Rosen, dann der Springbrunnen und dahinter der Regentenbau, dann denke ich mir: Mann, hier bist du groß geworden, du hast das jeden Tag und andere zahlen richtig viel Geld, um hier für drei Wochen Urlaub zu machen.

Was macht für dich Bad Kissingen aus?

Es ist sehr ruhig und gelassen hier, in einer Welt, in der alles immer sehr schnell von dannen gehen muss. In größeren Städten ist alles sehr hektisch und man muss im Strom mitlaufen. Durch Bad Kissingen kann man auch einmal durchschlendern, ohne dass man gleich umgerannt wird. Außerdem wohne ich direkt in der Innenstadt und hier ist es trotzdem so ruhig wie auf dem Land, dass ich die Vögel zwitschern höre. In einer Großstadt bekommt man das nicht mit. Dazu kommt das kulturelle Angebot und man kann auch in der Innenstadt einkaufen gehen. Man bekommt alles, was man braucht, ohne ins Auto zu steigen.

Hast du Lieblingsplätze in Bad Kissingen ?

Sehr gerne gehe ich auf die Botenlaube. Dort ist es ruhig und man schaut über ganz Kissingen hinweg. Vor allem wenn es abends dämmert, ist es traumhaft. Am Café Jagdhaus gibt es eine Aussichtsplattform mitten im Wald. Da gehe ich auch sehr gerne hin. Es ist ein bisschen abgelegen und man muss den Weg wissen. Das ist ein echter Geheimtipp. Es ist wunderschön dort oben.

Du beschäftigst dich ja nicht nur als Quellenkönigin mit den Kissinger Heilquellen, sondern auch in deinem Beruf als Physiotherapeutin . Wie sieht das aus?

Ich habe natürlich die physiotherapeutische Sicht. Aber ich frage bei den Patienten schon nach, ob der Kurarzt Heilquellen verordnet hat und welche und ob die Patienten sie auch einnehmen. Wenn ein Patient zum Beispiel Unterbauchbeschwerden hat und die Rakoczy-Quelle nimmt, dann wird da schon etwas gemacht, dann muss ich da nichts zusätzlich behandeln. Dann kümmere ich mich zum Beispiel mehr um die Gelenke und schaue, dass da alles passt. Das muss alles aufeinander abgestimmt sein. Nur das Wasser zu trinken oder nur die krankengymnastische Behandlung ist keine komplette Kur.

Wie hast du davon erfahren, dass der Verein sich für dich entschieden hat?

Es ist Tradition, dass die Eltern angerufen werden. Ich habe es dann von ihnen erfahren und habe mich sehr gefreut.

Das Schicksal jüngerer Geschwister ist es, dass sie die Kleider der älteren zum Anziehen bekommen. Das Risiko gab es für dein Quellenköniginnen-Kleid sicher nicht. Oder doch?

Ja das Schicksal gibt es, aber nicht in der Hinsicht. Das Kleid meiner Schwester ist wunderschön und passt zu ihr perfekt, aber zu mir und meinem Stil überhaupt nicht. Das wäre, als würde ich in eine komplett andere Person schlüpfen. Ich habe von vorn herein zu meinen Eltern gesagt, ich bewerbe mich da jetzt, das heißt aber, wir machen ein komplett anderes Kleid, eine andere Frisur und nehmen nichts von meiner Schwester .

Ann-Sophie ist nicht Victoria...

Korrekt. Das ist auch die Gefahr. Wir sehen uns beide unwahrscheinlich ähnlich und wir können es nicht verleugnen, dass wir Schwestern sind. Mir ist es wichtig zu zeigen, dass ich keine bin, die ihre Schwester imitiert. Gerade auch, weil sie erst vor sechs Jahren Quellenkönigin war, soll es nicht heißen: "Die macht es nur, weil es ihre Schwester auch gemacht hat". Das ist meine Entscheidung.

Hast du schon die Historischen Persönlichkeiten kennengelernt und vor allem deinen Partner Timo Baier als Fürst Rakoczy?

Das erste Treffen war schon vor sechs Wochen, da habe ich alle kennengelernt. Aber die meisten kennt man sowieso, entweder vom Sehen oder vom Rakoczy-Zug, als man Zuschauer war. Timo Baier habe ich auf dem Rakoczy-Ball meiner Schwester kennengelernt.

Bist du gut aufgenommen worden?

Ich freue mich total auf die Zeit. Es waren alle sehr offen mit mir, haben mir gleich noch ein paar Tipps gegeben, zum Beispiel dass man sich auf dem Boot bei Saale brennt vorher mit Mückenspray einschmieren sollte. Da denkt man ja vorher gar nicht dran, sondern erst, wenn man die Mückenstiche hat.

Was verbindest du mit dem Rakoczy-Fest?

Ich habe nie ein Rakoczy-Fest verpasst. Das ist die fünfte Jahreszeit für Bad Kissingen . Viele kommen an Rakoczy wieder zurück in die Stadt. Wenn man über das Fest läuft, trifft man seinen ganzen Jahrgang irgendwo verteilt, besonders häufig aber vor der Eule, obwohl man sich nicht verabredet hat. Das ist einzigartig.

Wie läuft deine Vorbereitung? Was musst du alles machen, um zur Quellenkönigin zu werden?

Es gibt vier Laufproben vor dem Fest, auf denen wir für den Rakoczy-Ball üben. Die anderen Historischen kennen das, für die Quelle ist das aber alles neu, vor allem mit dem Kleid. Ansonsten habe ich im März erfahren, dass ich es werde und habe schon eine Woche später in Würzburg nach meinem Kleid geschaut. An dem Kleid muss noch einiges geändert und maßgeschneidert werden, dafür sind wir an fünf Nachmittagen nach Würzburg gefahren. Dann muss man sich um einen Friseur und eine Kosmetikerin kümmern, denen man vertraut. Es gibt Probe-Frisier- und Schminktermine, und dann muss organisiert werden, wie der Zeitplan aussieht und wann ich an den Rakoczy-Tagen fertig sein muss. Und es muss nicht nur mein Zeitplan gemacht werden, sondern der von der ganzen Familie.

Wieso das?

Man braucht Hilfe, allein um ins Kleid reinzukommen. Man braucht vielleicht einmal etwas zu trinken, oder das Kleid muss gerichtet werden. Und man braucht natürlich jemanden, der Fotos macht. Da brauche ich Unterstützung von meiner Familie. Die sind ganz schön eingespannt, aber die ziehen auch mit.

Wer hilft wie?

Alle. Ich habe zwei Zweier-Teams. Meine Mutter und meine Schwester können mir zum Beispiel ins Kleid helfen, meine Brüder fotografieren oder helfen mir auf den Wagen. Die wechseln sich ab, damit ich immer jemanden dabei habe. Mir ist wichtig, dass ich mich darauf verlassen kann. Mein Vater ist immer dabei. Wenn Not am Mann ist, wird er angerufen und der bringt das dann.

Er ist den Rettungsdienst ja gewohnt.

Sozusagen (lacht).

Wir sind mitten in der Corona-Sommerwelle. Mischt sich da bei dir in die Vorfreude auf das Fest auch ein ungutes Gefühl?

Die Leute zieht es in die Ferne, sie müssen keine Masken mehr tragen und sich nicht mehr testen. Dass die Zahlen steigen war nur eine Frage der Zeit. Aber ich finde, da ist jeder seines Glückes Schmied.Wenn jemand sagt, er möchte das Risiko eingehen und auf Rakoczy gehen, dann herzlich willkommen. Wenn andere sagen, dass ihnen das zu riskant ist, dann verstehe ich es, wenn sie nicht kommen oder eine Maske aufhaben. Das muss jeder entscheiden, wie er möchte. Feste in Bierzelten, auf denen ohne Abstand getanzt wird, halte ich für risikoreicher als Rakoczy, auf dem alles unter freiem Himmel stattfindet.

Das Gespräch führte Benedikt Borst.

 
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