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Hammelburg
Pro Woche gab es ein Stück Butter
Johannes Deinleins Familie hat im Lager Hammelburg ein Café und später eine Gastwirtschaft betrieben. Mit vielen Fotos und Anekdoten berichtete er von seiner Kindheit zwischen Soldaten und Geflüchteten.
Hannes Deinlein (Foto) blätterte mit Erzählungen und zahlreichen Fotos in der wechselreichen Historie des Lagers Hammelburg.       -  Hannes Deinlein (Foto) blätterte mit Erzählungen und zahlreichen Fotos in der wechselreichen Historie des Lagers Hammelburg.
Foto: Christian Volkert | Hannes Deinlein (Foto) blätterte mit Erzählungen und zahlreichen Fotos in der wechselreichen Historie des Lagers Hammelburg.
Winfried Ehling
 |  aktualisiert: 02.10.2022 17:52 Uhr

Der "Taubenschlag" setzte seine Reihe zu Hammelburger Familien fort. Den jüngsten Streifzug durch die Geschichte des Lagers Hammelburg verband Zeitzeuge Johannes "Hannes" Deinlein mit Schilderungen und Bildern seiner Familie, die ab dem Bau des Truppenübungsplatzes im Jahr 1895 eng mit dem Lager verknüpft war. Zur Veranstaltung hieß die Veranstalterin des Seniorentreffs, Bianca Volkert, rund 25 Gäste willkommen.

"Café Hartmann" eröffnet

Die Großeltern Deinleins, Rosa und Johannes Hartmann , betrieben zur damaliger Zeit in der Weihertorstraße - dem späteren Kino - ein Café mit Konditorei . Als der Bau des Truppenübungsplatzes begann, witterte Hartmann ein Geschäft. "Es kommen viele Soldaten und die brauchen sicherlich eine Gaststätte", vermutete der Opa. Das Umsetzen seiner Idee scheiterte jedoch fast am geltenden Alkoholverbot und die Gaststätte bekam deshalb 1906 den Namen "Café Hartmann". Der Großvater kam aus dem 1. Weltkrieg nicht mehr zurück und der Betrieb musste verpachtet werden.

Erholungsheim für Kinder

Für das Lager gab es unterschiedliche Verwendungszwecke. So verweilten hier von Oktober 1918 bis Januar 1919 mehr als 10.000 Kriegsgefangene. Später umgetauft auf den Namen "Erholungsheim Marienruhe", betreuten ab 1921 80 Tutzinger Benediktinerinnen rund 3500 Kinder aus ganz Deutschland. Insgesamt erholten sich mehr als 60.000 Kinder in den Soldatenunterkünften.

Nach dem 2. Weltkrieg betrieben die Eltern von Hannes Deinlein, Hedwig und Bernhard, gemeinsam mit Oma "Hartmanns Rosa" den Gastronomie-betrieb im Lager , in das 1945 die Amerikaner einzogen. Aus dem Café wurde eine Wache und die Bäckerei eignete sich als Versorger für bis zu 5000 Inhaftierte im Internierungslager.

In einem bitterkalten Winter wurde Hannes schwer krank und die Ärzte hatten kaum noch Hoffnung. Der kranke Bub fiel einem amerikanischen Soldaten auf, der das lebensrettende Penicillin besorgte. Täglich bekam der Patient einen Liter Milch und wöchentlich ein Stück Butter.

Gerne erinnert sich der so Genesene an seine erste Cola für fünf Cent.

Ab 1948 diente das Areal als Flüchtlingslager. Ein Teil des Nordlagers wurde schon im Vorjahr zur Unterbringung von Flüchtlingen eingerichtet und ab dem Oktober 1948 bezogen.

Mit durchschnittlich 2000 Bewohnern belegt, fanden im zweitgrößten bayerischen Flüchtlingslager Heimatvertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und Geflohene aus der sowjetischen Besatzungszone Aufnahme. Das Leben fand im Lager Einkehr mit einer Schule, einer Kirche und etwa 30 Gewerbebetrieben.

Auch eine Tankstelle kam dazu

Das Gasthaus erfuhr 1950 seinen Umbau. Eine zwölf Meter lange Theke nutzten die Soldaten gerne, um die Wartezeit auf den Bus oder das Taxi zu verkürzen. Auch eine Bäckerei und eine Tankstelle wurden bis 1972 im Familienbetrieb geführt.

Zu dem mit Applaus bedachten Beitrag, für den Bianca Volkert dankte, konnten viele der Zuhörer manche Anekdote beitragen.

 
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