Maßbach
Premiere am Maßbacher Theater: "Ein Käfig voller Narren"
Die Komödie "Ein Käfig voller Narren" stellt am Maßbacher Theater Konventionen in Frage. Über scheinbare Rollenbilder und ein umgekehrtes Coming Out.
Der Vorhang auf der Freilichtbühne im Theater Schloss Maßbach öffnet sich. Leise Klavierklänge sind zu hören, der Pianist sitzt mit dem Rücken zum Publikum. Rechts von ihm beginnt eine Diva mit einem Lied, dessen Kehrvers immer wieder lautet: "Ich bin, was ich bin". Soweit eigentlich alles ganz normal. Der Blick zum Zuschauer schweift von diesem Geschehen in der Mitte des Theaters unwillkürlich etwas ab, beim Mustern der Bühne fallen männliche Schaufensterpuppen auf, die in erotische Kleidung gehüllt sind. Auch die Bilder an der Wand - zumeist männliche Akte - lassen doch etwas verwundern: Geht es hier mit rechten Dingen zu?
Spätestens, als sich die bezaubernde Zaza umdreht, zeigt sich, dass hier alles etwas anders läuft: Die Diva ist in Wahrheit ein Mann, dessen bürgerlicher Name Albin ist - meisterhaft gespielt von Ingo Pfeiffer. Doch was ist schon bürgerlich in diesem Stück. Spätestens, als der Pianist Jakob (Georg Schmiechen), der ebenfalls Frauenkleider trägt, sein Stück beendet hat und mit einem "I wanna be loved by you" auf den Lippen mit heftigem Powackeln von der Bühne hopst, weiß das Publikum, dass hier der Begriff "normaler Haushalt" sicherlich fehl am Platz wäre.
Stattdessen befindet sich der Zuschauer mitten in einem "Käfig voller Narren", einer Komödie aus der Feder von Jean Poiret, die am Freitag auf der Freilichtbühne im Theater Schloss Maßbach aufgeführt wurde. Dieser Klassiker über Bühnentravestie-Künstler stellte bereits seit seiner Uraufführung Anfang der 70er zahlreiche Konventionen in Frage und ist heute immer noch aktuell. Die althergebrachten Frauen- und Männerrollen werden dabei außer Kraft gesetzt, scheinbare Sicherheiten bewusst in Frage gestellt. Urkomisch ging es im Narrenkäfig zu, aber auch berührende Augenblicke zogen hier in ihren Bann. Die Widersprüche waren dabei in der Vorlage in einem für die Zuschauer sehr angenehmen Verhältnis eingearbeitet, die tragischen und komischen Elemente gut ausbalanciert.
Im Mittelpunkt des Stücks stand der Nachtclub "Der Narrenkäfig", der in Saint Tropez angesiedelt ist. Dessen Besitzer Georges (Marc Marchand) und eben erwähnter Albin sind seit 20 Jahren ein Paar. Letzterer gibt auf die Bühne die große Diva, der, beziehungsweise die, ganz "ladylike" natürlich auch eine kleine "Drama Queen" ist. Natürlich bleibt da ein Zickenkrieg nicht aus, so beispielsweise mit Mercedes (Wini Gropper), einer kastagnettenspielenden "Schönheit", die bei Georges mehr Bühnenpräsenz und längere Auftritte fordert. Dass "Mercedes" dabei eigentlich im Alltag am Steuer eines städtischen Müllautos sitzt und als Vater sein siebtes Kind erwartet, sorgt natürlich für besondere Erheiterung.
Eine Animierdame, deren Frau in anderen Umständen ist, dürfte auch im sonnigen Saint Tropez etwas Exotisches sein. Doch auch der Nachtclubbesitzer Georges hat eine "dunkle" Vergangenheit. Aus seinem einzigen amourösen Abenteuer vor 25 Jahren stammt sein Sohn Laurent (Benjamin Jorns), der liebevoll von ihm und seiner großen Liebe Albin großgezogen wurde. Den extravaganten und schrägen Kleiderstil hat er dabei eindeutig von den beiden übernommen, nicht jedoch die sexuelle Ausrichtung.
Und so hat er sich in Muriel (Anna Schindlbeck) verliebt, eine Tochter aus erzkonservativem Hause, was er seinem Vater gesteht - ein "Coming Out" in anderer Richtung sozusagen.
Auch wenn für George diese "seltsame" sexuelle Ausrichtung nicht zu verstehen ist, so setzt er doch alles drauf und dran, dass sein Sohn glücklich wird. Um einen Eklat und das Platzen der Hochzeit zu vermeiden, erklären sich Georges und Albin bereit, eine heile Familie vorzutäuschen, wobei es besonders Albin Schwierigkeiten macht, über diesen doch recht großen Schatten zu springen.
Das Vortäuschen einer konservativen Familie funktioniert auch zuerst recht gut: das Haus wird umdekoriert, die erotischen Männergemälde müssen Heiligenbildern Platz machen - bezeichnenderweise sind aber auch diese allesamt männlich. Und so sind die Eltern Muriels, Herr und Frau Dieulafoi (Elke Domroes und Angela Koschel-de la Croix), zuerst von der Atmosphäre des ach so anständigen Hauses angetan. Mit zunehmenden Stunden wird das Überspielen der Heimlichkeiten jedoch kompliziert.
Verwechslungen und Verwirrungen stören das Bild der heilen Welt. Frau Dieulafoi muss am Ende erkennen: "Das sind ja Tunten. T-u-n-t-e-n". Bis dorthin ist es ein fulminanter Ritt, der mit liebgewonnen Bildern, scheinbaren Sicherheiten und auch Klischees spielt.
Die Leistung der Schauspieler auf der Freilichtbühne war brillant, sie stellten glaubhaft die schräge Atmosphäre im "Narrenkäfig" dar. Ernste und nachdenkliche Untertöne sorgten für eine emotionale Tiefe, die Dialoge wussten mit Hintersinn und Biss zu gefallen. Groß war die Begeisterung beim Publikum, das nach der gelungenen Premiere in Maßbach laut und langanhaltend applaudierte. Das Spiel mit Klischees, Vorurteilen und scheinbar festgelegten Rollenbildern hatte gut gefallen, auch das Bühnenbild sprühte nur so vor kreativen Ideen, die ein echter Hingucker waren. Der Abend im Narrenkäfig hat sich auf jeden Fall gelohnt.
Spätestens, als sich die bezaubernde Zaza umdreht, zeigt sich, dass hier alles etwas anders läuft: Die Diva ist in Wahrheit ein Mann, dessen bürgerlicher Name Albin ist - meisterhaft gespielt von Ingo Pfeiffer. Doch was ist schon bürgerlich in diesem Stück. Spätestens, als der Pianist Jakob (Georg Schmiechen), der ebenfalls Frauenkleider trägt, sein Stück beendet hat und mit einem "I wanna be loved by you" auf den Lippen mit heftigem Powackeln von der Bühne hopst, weiß das Publikum, dass hier der Begriff "normaler Haushalt" sicherlich fehl am Platz wäre.
Rollenbilder hinterfragen
Stattdessen befindet sich der Zuschauer mitten in einem "Käfig voller Narren", einer Komödie aus der Feder von Jean Poiret, die am Freitag auf der Freilichtbühne im Theater Schloss Maßbach aufgeführt wurde. Dieser Klassiker über Bühnentravestie-Künstler stellte bereits seit seiner Uraufführung Anfang der 70er zahlreiche Konventionen in Frage und ist heute immer noch aktuell. Die althergebrachten Frauen- und Männerrollen werden dabei außer Kraft gesetzt, scheinbare Sicherheiten bewusst in Frage gestellt. Urkomisch ging es im Narrenkäfig zu, aber auch berührende Augenblicke zogen hier in ihren Bann. Die Widersprüche waren dabei in der Vorlage in einem für die Zuschauer sehr angenehmen Verhältnis eingearbeitet, die tragischen und komischen Elemente gut ausbalanciert.
Im Mittelpunkt des Stücks stand der Nachtclub "Der Narrenkäfig", der in Saint Tropez angesiedelt ist. Dessen Besitzer Georges (Marc Marchand) und eben erwähnter Albin sind seit 20 Jahren ein Paar. Letzterer gibt auf die Bühne die große Diva, der, beziehungsweise die, ganz "ladylike" natürlich auch eine kleine "Drama Queen" ist. Natürlich bleibt da ein Zickenkrieg nicht aus, so beispielsweise mit Mercedes (Wini Gropper), einer kastagnettenspielenden "Schönheit", die bei Georges mehr Bühnenpräsenz und längere Auftritte fordert. Dass "Mercedes" dabei eigentlich im Alltag am Steuer eines städtischen Müllautos sitzt und als Vater sein siebtes Kind erwartet, sorgt natürlich für besondere Erheiterung.
Eine Animierdame, deren Frau in anderen Umständen ist, dürfte auch im sonnigen Saint Tropez etwas Exotisches sein. Doch auch der Nachtclubbesitzer Georges hat eine "dunkle" Vergangenheit. Aus seinem einzigen amourösen Abenteuer vor 25 Jahren stammt sein Sohn Laurent (Benjamin Jorns), der liebevoll von ihm und seiner großen Liebe Albin großgezogen wurde. Den extravaganten und schrägen Kleiderstil hat er dabei eindeutig von den beiden übernommen, nicht jedoch die sexuelle Ausrichtung.
Und so hat er sich in Muriel (Anna Schindlbeck) verliebt, eine Tochter aus erzkonservativem Hause, was er seinem Vater gesteht - ein "Coming Out" in anderer Richtung sozusagen.
Auch wenn für George diese "seltsame" sexuelle Ausrichtung nicht zu verstehen ist, so setzt er doch alles drauf und dran, dass sein Sohn glücklich wird. Um einen Eklat und das Platzen der Hochzeit zu vermeiden, erklären sich Georges und Albin bereit, eine heile Familie vorzutäuschen, wobei es besonders Albin Schwierigkeiten macht, über diesen doch recht großen Schatten zu springen.
Das Vortäuschen einer konservativen Familie funktioniert auch zuerst recht gut: das Haus wird umdekoriert, die erotischen Männergemälde müssen Heiligenbildern Platz machen - bezeichnenderweise sind aber auch diese allesamt männlich. Und so sind die Eltern Muriels, Herr und Frau Dieulafoi (Elke Domroes und Angela Koschel-de la Croix), zuerst von der Atmosphäre des ach so anständigen Hauses angetan. Mit zunehmenden Stunden wird das Überspielen der Heimlichkeiten jedoch kompliziert.
Verwechslungen und Verwirrungen stören das Bild der heilen Welt. Frau Dieulafoi muss am Ende erkennen: "Das sind ja Tunten. T-u-n-t-e-n". Bis dorthin ist es ein fulminanter Ritt, der mit liebgewonnen Bildern, scheinbaren Sicherheiten und auch Klischees spielt.
Schräge Atmosphäre
Die Leistung der Schauspieler auf der Freilichtbühne war brillant, sie stellten glaubhaft die schräge Atmosphäre im "Narrenkäfig" dar. Ernste und nachdenkliche Untertöne sorgten für eine emotionale Tiefe, die Dialoge wussten mit Hintersinn und Biss zu gefallen. Groß war die Begeisterung beim Publikum, das nach der gelungenen Premiere in Maßbach laut und langanhaltend applaudierte. Das Spiel mit Klischees, Vorurteilen und scheinbar festgelegten Rollenbildern hatte gut gefallen, auch das Bühnenbild sprühte nur so vor kreativen Ideen, die ein echter Hingucker waren. Der Abend im Narrenkäfig hat sich auf jeden Fall gelohnt.Themen & Autoren / Autorinnen