"In Anerkennung besonderer Verdienste um die Kleinkunst in Unterfranken " überreichte Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel ( CSU ) vier Kulturehrenbriefe des Bezirks Unterfranken an Vereine und Solisten. In Anwesenheit zahlreicher Kulturschaffender und -verantwortlicher aus Unterfranken würdigte er im Rahmen eines geselligen Festakts auf Schloss Aschach das Engagement der Künstlerinnen und Künstler als wichtigen Motor für gesellschaftlichen Fortschritt. "Anspruchsvolle Kleinkunst erfordert große Könnerschaft."
Einer der zwei mit dem Kulturehrenbrief ausgezeichneten Vereine ist die vor 15 Jahren gegründete Kürnacher Kultur-Werkstatt unter Leitung ihres Vorsitzenden Alexander Schramml. Mit ihrem vielseitigen Programm aus Konzerten , Lesungen, Ausstellungen, Theater und Kabarett gelingt es den Kulturschaffenden seit 2007, Gäste aus der weiten Region ins Alte Rathaus der Würzburger Stadtrandgemeinde zu locken, dessen Raumkapazität auf 99 Plätze begrenzt ist. Der Grundsatz "Klasse statt Masse" komme hier voll und ganz zum Tragen, würdigte der Bezirkstagspräsident die Leistung der Kürnacher.
Ebenfalls ausgezeichnet wurde der Kulturverein Giebelstadt. Seit 1996 haben dessen Mitglieder im so genannten Kartoffelkeller hinter dem Rathaus mehr als 300 Veranstaltungen für Erwachsene und Kinder organisiert, um auch den Bewohnern auf dem Land "die Möglichkeit zu bieten, sich mit Kultur vor Ort auseinanderzusetzen". Die Bandbreite der Darbietungen reicht von Kleinkunst bis zu Konzerten klassischer Musik, von Kabarett bis zu Lesungen.
Weit besser als mit ihrem bürgerlichem Namen kennen die meisten die beiden Stockheimer Kabarettisten Silvia und Wolfgang Klösel wohl als Durchschnittsehepaar "Edgar und Irmi", als die sie seit 2009 "hintergründig und niemals einfältig die kleinen menschlichen Schwächen und die großen politischen Katastrophen" analysieren. Mit ihren Programmen lassen sie nicht nur abseits der Metropolen ihr Publikum ein anspruchsvolles Kulturprogramm erleben, sondern sind schon auf Kleinkunstbühnen in ganz Deutschland aufgetreten.
Es hagelte Preise für Peter Kuhn
Der bekannteste aller in diesem Jahr mit dem Kulturehrenbrief des Bezirks ausgezeichneten Kleinkünstler dürfte der Karnevalist Peter Kuhn aus Schweinfurt sein, der alljährlich mit seinen Büttenreden in Versform bei "Fastnacht in Franken" durch die TV-Übertragung des Bayerischen Fernsehens in ganz Deutschland ein Begriff sein dürfte. Nachdem er seine Urkunde entgegengenommen hatte, dankte der bereits 1996 als bester Büttenredner mit der "Goldenen Bütt", zwei Jahre später mit der "Brillantenen Bütt", später mit vielen anderen Preisen wie dem "Frankenwürfel" aller drei fränkischen Regierungspräsidenten ausgezeichnete Kabarettist prompt in der von ihm gewohnten Art mit intellektuell und sprachlich geschliffenen "Versen allen Damen, Herren und Diversen". Nur "mangels Einwand und Beschwerden" konnte er Kulturehrenbriefträger werden. Zunächst habe er gedacht, er sei nun Briefträger des Bezirks ehrenhalber und müsse mit Briefen von Tür zu Tür "und bekomme nichts dafür". Doch dann sei ihm klar geworden, dass der Kulturehrenbrief ja dem Oscar der Filmwirtschaft vergleichbar sei, weshalb man statt des missverständlichen Begriffs diese Auszeichnung doch lieber "Erwin" nennen sollte.
Noch vor der Verleihung der vier Kulturehrenbriefe hatte Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel in seiner Festansprache auf die 1998 gegründete Unterfränkische Kulturstiftung hinwiesen, mit deren Hilfe der Bezirk "der mit Abstand größte Kulturförderer unserer Region" ist. Allein im Jahr 2022 werden Kultur und Kulturschaffende mit über 7,5 Millionen Euro unterstützt. "Zu den größten Posten unseres Kulturhaushalts gehören nach der Denkmalpflege, den Museen und der Musik das Theater und die Kleinkunstbühnen ." Zur besseren Förderung der vielfältigen Kleinkunst-Einrichtungen und kulturellen Initiativen habe der Bezirk sogar ein eigenes Kleinkunst-Förderprogramm aufgelegt. Dotzel: "Entscheidend für unsere Kulturförderung ist es, dieses Geld nicht nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen, sondern qualitativ hochwertige Projekte zu unterstützen."
Unterhaltsame Beispiele typischer Kleinkunst bot zwischendurch der in Großwallstadt lebende Schauspieler, Autor und Regisseur Kurt Spielmann (68). Ganz ohne Bühne und Kulisse auskommend, spielte er in kurzen Szenen erst einen mittelalterlichen Herold, dann den edlen Ritter Knuzius und zuletzt einen zeitgenössischen Leergut-Sammler, der nur wegen seines hessischen Dialekts auf eine große Schauspielkarriere hatte verzichten müssen.