
Die Metzgerei Bauer in Poppenroth schließt zum 31. Dezember 2024. „Wir haben gehört, Sie machen zu?“ So steht es es auf der Homepage der Metzgerei und drunter der bestätigende Satz: „Wir schließen unser Geschäft zum 31.12.24 für immer“.
Für viele Kunden der Metzgerei mit Partyservice ist das ein großer Verlust. Auch die Inhaberin Marion Fritsch blickt mit gemischten Gefühlen auf die letzten Öffnungstage zurück. Einerseits bedauert sie das Ende einer langen Familientradition, andererseits freut sie sich auf eine Zeit ohne größere Verantwortung, ohne ständige Termine im Hinterkopf und ohne berufliche Verpflichtungen.
Mitten im Dorf
Die Geschichte der Metzgerei Bauer begann 1928, als Karl Kleinhenz zusammen mit seiner Frau Josefine am heutigen Standort – mitten im Dorf, direkt an der Kirche – eine kleine Metzgerei mit Schlachthaus gründete. Zuvor hatten sie bereits auf der Poppenrother Höhe im ehemaligen Gasthaus Dittrich damit begonnen. Die Metzgerei Kleinhenz war Produktions- und Verkaufsstätte zugleich.

Karl und Josefine hatten drei Töchter: Irma, Gerhilde und die jüngste, Marcella. Diese heiratete den aus Würzburg stammenden Metzger Michael Bauer , dessen Familie ebenfalls eine lange Metzgertradition hatte. Die Ochsenschlachterei in der Würzburger Semmelstraße, die seinem Vater und Großvater gehörte, ging im Zweiten Weltkrieg verloren.
Film über Ochsenkathedrale" weckt Erinnerungen
1965 übernahmen Michael und Marcella Bauer die Metzgerei von Marcellas Eltern, Karl und Josefine Kleinhenz. Unter dem Namen „Metzgerei Bauer“ führten sie den Betrieb weiter und errichteten 1970 ein neues Wohn- und Geschäftshaus am gleichen Standort.
Michael sammelte samstags früh Schweine und Vieh bei den Bauern ein, die montags im Schlachthof Bad Kissingen geschlachtet wurden. Durch einen Film über die Ochsenkathedrale, der im Kino in Bad Kissingen gezeigt wurde, wurden bei Marion Fritsch wieder viele Erinnerungen wach: An Fahrten mit dem Vater zum Schlachthof , um das Fleisch dann abzuholen oder Stangeneis, das man damals bezog für die Produktion. Nach der Schließung des Schlachthofs waren Fahrten nach Bad Neustadt oder anderen Orten notwendig.
Von klein auf mitgeholfen
Schon als Kind half Marion, die Tochter von Michael und Marcella, im Familienbetrieb mit. Sie reinigte Hackstöcke, etikettierte Dosen oder half beim Fleischverkauf.
Besonders samstags war sie aktiv, wenn nach Ladenschluss in Oehrberg Fleisch und Wurst im Nebenraum der Gaststätte Metz verkauft wurden. Auch heute liefert Marion noch Waren direkt zu treuen Kunden.
Die Erinnerungen an Oehrberg bleiben lebendig: „die Krawallmacher Frauen“ die immer um 14 Uhr den Verkaufsraum in beschlag nahmen. Wer dann noch Einkaufen wollte, musste eine Maß Bier zahlen. Häufig endete der Verkauf mit Kaffee und Kuchen bei einer Kundin, bevor es weiter nach Katzenbach ging in den alten Saal des ehemalien Gasthaus Gessner.
Seit 50 Jahren hinter der Theke
Seit 50 Jahren steht Marion hinter der Ladentheke und in der Wurstküche. Von 1975 bis 1978 erlernte sie den Beruf der Fleischereifachverkäuferin im elterlichen Betrieb. Danach sammelte sie drei Jahre Erfahrung in verschiedenen Würzburger Metzgereien. 1981 kehrte sie nach Poppenroth zurück, und im gleichen Jahr eröffnete die Familie eine Filiale in Stralsbach.
Der tragische Unfalltod ihres Bruders Joachim, der bereits seine Metzgerausbildung abgeschlossen hatte und zur Bundeswehr gegangen war, veranlasste Marion, ebenfalls eine Metzgerausbildung zu beginnen, die sie ein Jahr später abschloss.
Partyservice
1984 heiratete Marion den Restaurantfachmann Konrad Fritsch. Ihre erste Tochter, Julia, kam 1985 zur Welt, und 1986 legte Marion die Meisterprüfung ab – ein entscheidender Schritt für die Weiterführung des Betriebs. Der Partyservice, den Vater Michael mit Spezialitäten wie Spießbraten, Spanferkel und gegrillten Haxen aufgebaut hatte, wurde weiter ausgebaut.
Inspiriert durch eine Kundin, die Würste aus Österreich mitbrachte, entwickelte Michael die Käsekrainer, die bis heute zu den beliebtesten Produkten gehören. 1988 wurde Marions zweite Tochter Claudia geboren, 1991 folgte ihre dritte Tochter Lisa.
Treue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
1999 übernahm Marion Fritsch zusammen mit ihrem Mann den Betrieb. Konrad Fritsch leitete den Verkauf mit Unterstützung der langjährigen Mitarbeiterin Silvia Kleinhenz, die seit 46 Jahren im Betrieb tätig ist. Marion kümmerte sich um die Produktion, unterstützt von den ehemaligen Mitarbeitern Mathias und Manfred, die nach wie vor neben ihrer Arbeit aushelfen. Auch die Küchenhilfe Frau Janusch ist seit 20 Jahren im Betrieb.
Der Partyservice wurde zu einem wichtigen Standbein, da der Verkauf von Fleisch und Wurst durch die Konkurrenz von Supermärkten zurückging. Tochter Julia, ausgebildete Köchin, brachte frischen Wind in den Betrieb. Sie setzte neue Ideen um, wie die Integration vegetarischer Gerichte.
Herausforderungen durch Corona
Die Corona-Pandemie stellte den Betrieb vor große Herausforderungen. Veranstaltungen fielen aus, und Kurzarbeit war notwendig. Doch die Familie nutzte die Zeit für kreative Ideen.
Die Enkelin Pauline hatte die Idee eines Burgerwochenendes, bei dem alles hausgemacht war – von den Brötchen bis zu den Soßen. Unterstützt wurde das Vorhaben von der gesamten Familie, darunter Marions Schwester , Schwager, Enkelkind, Nichten und Neffen. Die Vermarktung über Social Media machte die Werbung leicht.
Im Oktober 2023 starb Seniorchefin Marcella Bauer.
Zum 31. Dezember 2024 wird nun auch die Metzgerei geschlossen. Marion und Konrad Fritsch verabschieden sich mit einem lachenden und einem weinenden Auge – dankbar für 25 Jahre Selbstständigkeit und die Treue ihrer Kunden. Bis zum Schluss bleibt alles wie gewohnt: Weihnachtsessen zum Abholen, Schlussverkaufsaktionen und die Möglichkeit, Gutscheine einzulösen.