"Geht´s so, oder brauchen Sie eine Tüte", fragt die Verkäuferin als sie den letzten Artikel über den Scanner wischt. Wer für seine Einkäufe so eine Tüte verlangt, muss mit einem Aufschlag auf der Quittung rechnen. Ab Juni in noch mehr Läden. 240 Unternehmen haben sich verpflichtet, Plastiktüten künftig nicht mehr kostenlos an ihre Kundschaft abzugeben. So haben es Umweltministerium und Einzelhandel vereinbart.
Wie gehen die Geschäfte mit der neuen Regel um, und wer regt sich am meisten drüber auf?
"Was etwas kostet, wird nicht gebraucht", sagt Babett Krause. Sie leitet die Tchibo-Filiale in der Bad Kissinger Innenstadt und beobachtet, dass 80 bis 90 Prozent weniger Plastiktüten über die Ladentheke gehen, seit die nicht mehr kostenlos sind. Zwei Größen, beide kosten 20 Cent. Eingeführt wurde das im Januar.
Sonst gab´s die Tüte immer umsonst - ganz automatisch. Das macht bequem. "Ok, dann brauche ich keine", bekommt sie meist als Antwort, erzählt Babett Krause. Sicher, es sind auch ein paar dabei, die sich aufregen, sagt sie. Viele ziehen inzwischen wie selbstverständlich ihre Stofftaschen aus den Handtaschen. "Dass wir so viele Tüten einsparen, hätte ich nicht gedacht."
Alternativen: Jutebeutel und Korb
Den
Stammkunden verpackt er den Spargel in den festgewebten Jutebeuteln mit dem grünen Logo-Druck. Den bringen sie immer wieder mit, wenn sie bei Harry Hymon vom Spargelhof Werner in Steinsfeld einkaufen. "Es kommen viele, die einen Korb oder eine Tasche dabei haben", sagt er. Für die anderen verpackt er den Spargel und die Erdbeeren in dünne Plastiktütchen, wie sie an vielen Obst- und Gemüseständen hängen. Die kosten nichts. Auch nicht ab sofort.
Sie fallen nicht in die neue Regelung. "Ja, ich weiß", entschuldigt er sich schon vorsorglich. Harry Hymon schüttelt den Kopf. "Die dünnen Tüten sind vielleicht noch schlechter", sagt er. In den letzten Jahren steige bei der Kundschaft das Bewusstsein. Er könne sie nur auffordern, die Jutebeutel immer wieder mitzubringen, um Tüten zu sparen, sagt er.
"20 Prozent der Kundschaft regt sich immer noch auf", sagt Ursula Hümpfer, Verkäuferin in der
Drogerie "Müller". Denen antwortet sie: "Der Umwelt zuliebe." Der Rest ist einsichtig, meint sie. Seit Januar verlangen sie und ihre Kollegen Geld für die Tüten. Die kleine gibt´s für fünf, die große für zehn Cent. Die ganz große kostet einen Euro. "Sonst haben die Leute jede Kleinigkeit in einer Tüte verpackt. Seitdem die kosten, brauchen sie keine mehr", sagt Ursula Hümpfer.
Sie beobachtet, dass mittlerweile viele mit Stofftasche in den Laden kommen.
Bei dem Modegeschäft "Street One" gibt es schon seit vielen Jahren keine Plastiktüten mehr, erzählen die beiden Verkäuferinnen. Stattdessen werden T-Shirts & Co. in Papiertüten verpackt. Ganz ohne geht´s nicht, versichern sie.
Auch "tegut" hat vor einigen Jahren der Plastiktüte ganz abgeschworen. Seit Ende 2007 liegen keine mehr an den Kassen des Supermarktes.
Ersatzweise kann die Kundschaft eine Baumwolltasche für 50 Cent, eine Papiertasche für 19 Cent und eine sogenannte "Tasche fürs Leben" für einen Euro kaufen. Ist diese Mehrwegtasche verschliessen, bekommt der Kunde eine neue.
Tüte aus Zuckerrohr
Auch für die Plastiktütchen in der Obst- und Gemüseabteilung hat "tegut" eine Alternative zu den dünnwandigen Kunststofftütchen.
"Der neue Obst- und Gemüsebeutel kann in den bestehenden Recycling-Systemen sehr gut wiederverwertet werden", sagt "tegut"-Qualitätsmanager Rainer Würz. Der Beutel sei zu 85 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Zuckerrohr stecke dahinter und darin.
Plastiktüten in der EUIrland geht vornweg: Im Frühjahr 2002 führte die Regierung eine Tüten-Steuer ein. Die liegt heute bei 22 Cent pro Plastiktüte.
Der Verbrauch der Iren ging von über 300 auf unter 20 Tüten zurück. Der EU-Durchschnitt liegt bei knapp 200 Tüten. Besonders die Bulgaren und die Portugieser kommen weit darüber. In Deutschland sind wir bei 71 Tüten pro Einwohner. Das soll sich mit der freiwilligen Selbstverpflichtung bald ändern. Spätestens bis 2025.
Ab dann gilt die EU-Vorgabe von höchstens 40 Tüten pro Person und Jahr.
Wie beantworten Verbraucher die Tüten-Frage? Wir haben uns in der Fußgängerzone in Bad Kissingen umgehört. Klicken Sie sich einfach durch die Bilder, um die Antworten der Passanten zu lesen.
Selbstverpflichtung Ende April hat sich der Handelsverband Deutschland (HDE) eine freiwillige Selbstverpflichtung auferlegt. Aber: Nicht alle machen mit.
240 Unternehmen werden ab Juni Geld für Plastiktüten verlangen. Das macht 60 Prozent der sechs Milliarden Plastiktüten, in denen jährlich in Deutschland Einkäufe transportiert werden.
Tödlich Seevögel, Fische und andere Küsten- und Meeresbewohner verwechseln Plastikteile mit Nahrung und verenden qualvoll.
Andere verfangen sich, ersticken oder verhungern.
Verschmutzung Das Meer wird zur Müllkippe : In einigen Gebieten in den Ozeanen gibt es inzwischen mehr Plastik als Plankton im Wasser. Im Nordpazifik wabert ein Müllstrudel so groß wie Zentraleuropa.
Der Müll stammt von Schiffen und der Fischerei, aus dem Abwasser und illegaler Entsorgung.
Gesundheit Mikroplastik versteckt sich - immer noch - in vielen Kosmetika oder Reinigungsmitteln. Auch von Textilien gelangen sie ins Abwasser. Kläranlagen können die winzigen Partikel nicht herausfiltern. Mikroplastik, kleinste Plastikpartikel, gelangen über die Nahrungskette und das Trinkwasser auch in unsere Lebensmittel.
Gefunden wurden sie inzwischen nicht nur in Speisefischen, sondern auch in Honig, Bier, Trinkwasser und Milch. Wissenschaftler warnen davor, dass Plastikteilchen wie Hormone wirken könnten, die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und krebserregend sein könnten.
Info Hier finden Sie mehr Informationen zu Alternativen und einen Einkaufsratgeber .