
Oma erleidet plötzlich einen Schlaganfall. Sie kommt ins Krankenhaus, ihr Zustand bessert sich nicht. Sie braucht dringend einen Pflegeplatz. Für Angehörige ist das eine sehr stressige Situation.
Oft bleibe ihnen nichts anders übrig, als bei jedem Pflegeheim einzeln anzurufen, um dort nachzufragen, ob es einen freien Platz gibt, sagt Daniela Wehner vom Pflegestützpunkt des Landratsamtes. "Die Platzvergabe entscheidet sich in Minuten." Um 8.15 Uhr könne ein Platz frei geworden sein, der um 8.25 Uhr schon wieder besetzt sei. Früher hätte sie Phasen erlebt, in denen Heimplätze eine längere Zeit frei geblieben seien. "Das hat sich komplett gewandelt." Manche Pflegeheime hätten sogar aufgehört, eine Warteliste zu führen.
Carl-von-Heß-Sozialstiftung
Auch Marco Schäfer bestätigt: "In der geschilderten Situation ad hoc einen Pflegeplatz zu finden, ist fast unmöglich." Als Vorstand der Carl-von-Heß-Sozialstiftung hat er die Übersicht über die Seniorenheime "Dr.-Maria-Probst" (Hammelburg), "Waldenfels" (Bad Brückenau), "Haus Rafael" (Zeitlofs), "Thulbatal" (Oberthulba), "St. Elisabeth" und "Juliusspital" (Münnerstadt).
Insgesamt werde die Chance, einen Pflegeplatz zu finden, immer schlechter. Man müsse zwar von Region zu Region unterscheiden, Bad Brückenau sei mit Pflegeplätzen besser ausgestattet, Hammelburg dagegen eher schlechter. Das Problem aber bleibe: "Es werden Plätze abgebaut, aber es sind keine neuen Plätze entstanden." Das Pflegeheim im Bürgerspital in Hammelburg schloss etwa im Herbst vergangen Jahres. Auch das Seniorenhaus Euerdorf wurde auf bislang unbestimmte Zeit stillgelegt.
Pflegeplatz finden sehr schwer
Für Pflegebedürftige und Angehörige hat das unangenehme Folgen. Angehörige müssten damit rechnen, die zu pflegende Person nicht im direkten Umkreis unterzubringen, sondern sie müssten teilweise bei Heimen außerhalb der Landkreisgrenze anfragen, um einen Platz zu finden. Angehörige mussten die pflegebedürftige Person in Einzelfällen sogar schon nach dem Krankenhaus in einem 200 Kilometer entfernten Heim unterbringen, berichtet Wehner.
Damit fehlt die Möglichkeit für Angehörige mal in der Mittagspause oder am Abend im Heim vorbeizuschauen. Die Folge: Heimbewohner erhalten weniger Besuch und wohnen in einer Umgebung, die ihnen kaum vertraut ist.
Auch die Möglichkeit zwei, drei Wochen auf Kurzzeitpflege auszuweichen, bis ein fester Platz in der nahen Umgebung gefunden ist, funktioniert nur noch selten. In der Pandemie seien die Angebote heruntergefahren worden, erzählt Schäfer.
Es habe für die Heime kaum Sinn gemacht, jemanden für ein bis zwei Wochen aufzunehmen, wenn derjenige dann die ersten vier Tage isoliert in seinem Zimmer in Quarantäne verbringen müsse. Hinzu komme eine aufwendige Dokumentationsarbeit. Unattraktiv an der Kurzzeitpflege ist für Heime außerdem das Risiko, dass eine Anschluss-Belegung nicht gewährleistet ist.
Hauptproblem aber bleibt das fehlende Personal. Selbst wenn Heime offen bleiben, bedeutet das nicht, dass alle potenziellen Plätze besetzt sind.
Pflegestützpunkt
Schäfers Fazit: Mittel- und langfristig werde das stationäre Angebot weiter zurückgehen. Es bräuchte mehr Unterstützung - vom Freistaat und von den Pflegekassen. Schäfer rät, sich frühzeitig Gedanken zu machen, wo und wie man im Alter leben will.
Beratung bietet der Pflegestützpunkt unter Tel.: 0971/801 53 00 oder pflegestuetzpunkt@kg.de. Dieser richtet sich an alle ratsuchenden Menschen, die Fragen und Unterstützungsbedarf in Bezug auf eine bestehende oder absehbare Pflegesituation haben.