Bad Kissingen
Pflege läuft nicht immer rund im Landkreis Bad Kissingen
Dieter Schölzke musste wochenlang warten, bis das Bett für seinen 86-jährige Mutter Gabriele kam. Das Thema steht im Wahlprogramm von mehreren Parteien.
Enttäuscht, frustiert und auch sauer ist der Münnerstädter Dieter Schölzke. Seit Wochen führt er einen Kampf gegen die Bürokratie, damit seine kranke Mutter die Pflegemittel bekommt, die ihr in der häuslichen Pflege zustehen. Schon seit Anfang August benötigt Gabriele Schölzke (86) ein Pflegebett. Erst jetzt wurde es nach langem Hin und Her genehmigt.
Gabriele Schölzke war im Sommer gestürzt und kam ins Krankenhaus. Als sie Anfang August nach Hause kam, war sie auf die Pflege durch ihren Sohn angewiesen. Selbst das Sauerstoffgerät zu bekommen, das der Mutter von elf Kindern das Atmen erleichtert, sei schon ein Kampf gewesen, erzählt ihr Sohn. Viel schlimmer war für ihn der Gang durch den Antragsdschungel für das Pflegebett. Weil Gabriele Schölzke zum Zeitpunkt der Klinik-Entlassung noch keine Pflegestufe hatte, wurde auch das Pflegebett nicht genehmigt. "Betten sind grundsätzlich Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, welche in Eigenverantwortung fallen", war die Antwort der AOK. Im Schreiben war von Wirtschaftlichkeit und medizinischer Notwendigkeit die Rede. Aber es wurde erwähnt, dass nach gesetzlichen Vorgaben Anspruch auf Pflegehilfsmittel besteht, wenn sie Beschwerden lindern oder die selbstständige Lebensführung unterstützen.
Für Gabriele und Dieter Schölzke wäre das Bett eine solche Erleichterung. Gabriele Schölzke konnte nach der Entlassung aus dem Krankenhaus gar nicht aufstehen und braucht auch jetzt die Unterstützung der Familie. "Ich kam mir vor wie ein Bittsteller", betont Dieter Schölzke. Den Sozialdienst im Krankenhaus, der sich solcher Problemfälle eigentlich annehmen soll, hat er als völlig überlastet erlebt. Seine persönliche Bilanz: "Papier ist wichtiger als Menschen."
Seinen erfolglosen Hürdenlauf durch die Instanzen hatte Dieter Schölzke auch in den sozialen Medien geschildert. Dort hatte die SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar von der Not der Münnerstädter Familie gelesen und sich mit den Schölzkes in Verbindung gesetzt. Von ihr erfuhr Dieter Schölzke, dass er und seine Mutter keineswegs Bittsteller sind, sondern Anspruch auf solche Leistungen haben. Mit Dittmars Hilfe kam die Sache endlich ins Rollen. Dafür ist er dankbar. Der medizinische Dienst hat die Pflegestufe mittlerweile anerkannt. Das Bett wurde genehmigt. Allerdings lässt sich - trotz prominenter Unterstützung - ein Pflegebett auch dann nicht von einem Tag auf den anderen organisieren. Erst nächste Woche soll es geliefert werden - sechs Wochen nach dem ersten Antrag.
Er sei sich vorgekommen wie ein Mensch zweiter Klasse, sagt Schölzke, und: "Das kann nicht sein in Deutschland." Dieter Schölzkes Wunsch ist, dass Menschen in solchen Notfällen schnell und unbürokratisch geholfen wird, auch wenn die Pflegestufe wie bei seiner Mutter erst später festgestellt wird. Wenn nötig, müsse dazu auch das Gesetz geändert werden.
Schölzke hatte seinen Fall bei der Podiumsdiskussion der Saale-Zeitung geschildert, um die Besucher auf das Thema vorzubereiten. "Das war ein Einzelfall", relativierte Dittmar. Vor allem habe der Sozialdienst des Krankenhauses versagt. Und auf den Einwurf von Kabarettistin Lizzy Aumeier, dass die Politiker doch für bessere Bezahlung der Pflegeberufe sorgen müsse, ergänzte Dittmar: "Alle Frauenberufe sind mies bezahlt."
"Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme der Welt", betonte dagegen die CSU-Wahlkreis-Abgeordnete Dorothee Bär. Aus ihrer Sicht wäre es trotzdem sinnvoll, das Medizinstudium für mehr Menschen zu öffnen: "Es kann auch jemand ein guter Arzt werden, wenn er ein 1,5- oder 2,0-Abitur hat."
"Es kann nicht sein, dass kein Politiker zuständig ist", prangerte Manuela Rottmann (Grüne) die Zustände im Gesundheitswesen an, und: "Die Selbstverwaltung funktioniert da nicht mehr." Das habe sie in ihrer Zeit als Stadträtin in Frankfurt unmittelbar miterlebt. "Gesundheit wird immer mehr als Ware gesehen", sieht Frank Hertel (Die Linke) als Problem an. Andrea Klingen (AfD) forderte allgemein eine "würdige Pflege im Alter", für ÖDP-Frau Michaela Reinhard ist die Pflege-Misere im Kreis eine Symptom der Vernachlässigung des ländlichen Raumes, Nicolas Thoma (FDP) setzt auf finanzielle Anreize für Ärzte und Personal, denn: "Wir müssen die Anerkennung in der Gesellschaft erhöhen."
1702 Beschäftigte in Pflegeberufen arbeiten laut dem jüngsten Kreisvergleich des Statistischen Bundesamtes im Landkreis: 1171 in den 34 Pflegeheimen, 531 bei 23 ambulanten Diensten.
3836 Pflegebedürftige erhalten im Landkreis Bad Kissingen laut Statistik Leistungen aus der Pflegekasse.
Gabriele Schölzke war im Sommer gestürzt und kam ins Krankenhaus. Als sie Anfang August nach Hause kam, war sie auf die Pflege durch ihren Sohn angewiesen. Selbst das Sauerstoffgerät zu bekommen, das der Mutter von elf Kindern das Atmen erleichtert, sei schon ein Kampf gewesen, erzählt ihr Sohn. Viel schlimmer war für ihn der Gang durch den Antragsdschungel für das Pflegebett. Weil Gabriele Schölzke zum Zeitpunkt der Klinik-Entlassung noch keine Pflegestufe hatte, wurde auch das Pflegebett nicht genehmigt. "Betten sind grundsätzlich Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, welche in Eigenverantwortung fallen", war die Antwort der AOK. Im Schreiben war von Wirtschaftlichkeit und medizinischer Notwendigkeit die Rede. Aber es wurde erwähnt, dass nach gesetzlichen Vorgaben Anspruch auf Pflegehilfsmittel besteht, wenn sie Beschwerden lindern oder die selbstständige Lebensführung unterstützen.
Für Gabriele und Dieter Schölzke wäre das Bett eine solche Erleichterung. Gabriele Schölzke konnte nach der Entlassung aus dem Krankenhaus gar nicht aufstehen und braucht auch jetzt die Unterstützung der Familie. "Ich kam mir vor wie ein Bittsteller", betont Dieter Schölzke. Den Sozialdienst im Krankenhaus, der sich solcher Problemfälle eigentlich annehmen soll, hat er als völlig überlastet erlebt. Seine persönliche Bilanz: "Papier ist wichtiger als Menschen."
Politikerin schaltete sich ein
Seinen erfolglosen Hürdenlauf durch die Instanzen hatte Dieter Schölzke auch in den sozialen Medien geschildert. Dort hatte die SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar von der Not der Münnerstädter Familie gelesen und sich mit den Schölzkes in Verbindung gesetzt. Von ihr erfuhr Dieter Schölzke, dass er und seine Mutter keineswegs Bittsteller sind, sondern Anspruch auf solche Leistungen haben. Mit Dittmars Hilfe kam die Sache endlich ins Rollen. Dafür ist er dankbar. Der medizinische Dienst hat die Pflegestufe mittlerweile anerkannt. Das Bett wurde genehmigt. Allerdings lässt sich - trotz prominenter Unterstützung - ein Pflegebett auch dann nicht von einem Tag auf den anderen organisieren. Erst nächste Woche soll es geliefert werden - sechs Wochen nach dem ersten Antrag.
Schnell und unbürokratisch
Er sei sich vorgekommen wie ein Mensch zweiter Klasse, sagt Schölzke, und: "Das kann nicht sein in Deutschland." Dieter Schölzkes Wunsch ist, dass Menschen in solchen Notfällen schnell und unbürokratisch geholfen wird, auch wenn die Pflegestufe wie bei seiner Mutter erst später festgestellt wird. Wenn nötig, müsse dazu auch das Gesetz geändert werden.Schölzke hatte seinen Fall bei der Podiumsdiskussion der Saale-Zeitung geschildert, um die Besucher auf das Thema vorzubereiten. "Das war ein Einzelfall", relativierte Dittmar. Vor allem habe der Sozialdienst des Krankenhauses versagt. Und auf den Einwurf von Kabarettistin Lizzy Aumeier, dass die Politiker doch für bessere Bezahlung der Pflegeberufe sorgen müsse, ergänzte Dittmar: "Alle Frauenberufe sind mies bezahlt."
Weniger Beschränkungen
"Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme der Welt", betonte dagegen die CSU-Wahlkreis-Abgeordnete Dorothee Bär. Aus ihrer Sicht wäre es trotzdem sinnvoll, das Medizinstudium für mehr Menschen zu öffnen: "Es kann auch jemand ein guter Arzt werden, wenn er ein 1,5- oder 2,0-Abitur hat." "Es kann nicht sein, dass kein Politiker zuständig ist", prangerte Manuela Rottmann (Grüne) die Zustände im Gesundheitswesen an, und: "Die Selbstverwaltung funktioniert da nicht mehr." Das habe sie in ihrer Zeit als Stadträtin in Frankfurt unmittelbar miterlebt. "Gesundheit wird immer mehr als Ware gesehen", sieht Frank Hertel (Die Linke) als Problem an. Andrea Klingen (AfD) forderte allgemein eine "würdige Pflege im Alter", für ÖDP-Frau Michaela Reinhard ist die Pflege-Misere im Kreis eine Symptom der Vernachlässigung des ländlichen Raumes, Nicolas Thoma (FDP) setzt auf finanzielle Anreize für Ärzte und Personal, denn: "Wir müssen die Anerkennung in der Gesellschaft erhöhen."
1702 Beschäftigte in Pflegeberufen arbeiten laut dem jüngsten Kreisvergleich des Statistischen Bundesamtes im Landkreis: 1171 in den 34 Pflegeheimen, 531 bei 23 ambulanten Diensten.
3836 Pflegebedürftige erhalten im Landkreis Bad Kissingen laut Statistik Leistungen aus der Pflegekasse.
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