30 Jahre nichts als Pferdefleisch. Seit 1983 preist Metzgermeister Rainer Fuhrmann (64) seine fränkischen Rosswurst-Spezialitäten an den Markttagen vor der Bad Kissinger Jakobus-Kirche an. Seit ein paar Wochen ist die Nachfrage wieder gestiegen.
„Etwas Besseres als der Pferdefleischskandal konnte mir gar nicht passieren“, strahlt er. „Für mich ist das gute Werbung.“ Viele Interviews habe er seitdem geben müssen. Durch den Etikettierungsschwindel sei die Öffentlichkeit wieder auf das gesunde Fleisch aufmerksam geworden, das vor Jahrzehnten noch auf jedem Mittagstisch stand, dann von Huhn, Rind und Schwein verdrängt wurde. Dabei sei Fleisch vom Pferd viel gesünder, habe kein Fett und kaum Cholesterin, sei stark eiweiß- und eisenhaltig und „gut für Diabetiker“.
Sein Berufsleben als fahrender Markthändler begann der Metzgermeister 1980 nebenberuflich. Damals verdiente er noch im zivilen Personenschutz sein Geld. Aber 1983 stieg er dann voll ins Geschäft mit dem Pferdefleisch ein. Vor 30 Jahren habe er täglich bis zu 500 Kilogramm verkauft, später sei der Umsatz auf unter 200 gesunken.
Doch seitdem das Pferdefleisch wieder tägliches Gesprächsthema sei, ginge die Nachfrage stetig nach oben. „Heute verkaufen wir 250 Kilo pro Tag.“
Da er nur alle drei Monate in dieselbe Stadt kommt, kaufen seine Kunden immer gleich größere Mengen auf Vorrat. Überwiegend seien es ältere Menschen, die Pferdefleisch noch von früher kennen. Am beliebtesten seien bei ihm die Knackwürste und seine drei Sorten Salami. Der Rouladen-Verkauf habe auch stark zugenommen. Aber auch Gulasch, Sauerbraten und Filet habe er im Angebot, „eben das ganze Sortiment“.
Tiere aus der Region
Das Fleisch beziehe er von einem Pferdemetzger in Kupferberg bei Kulmbach. Dieser verarbeite ausschließlich Pferde aus der Region. Meistens seien es Jungtiere und Fohlen. Es seien übrigens nicht nur Pferde, die wegen körperlicher Mängel nicht als Reit- oder Arbeitstiere eingesetzt werden können, betont Fuhrmann. Manche Tiere würden sogar von vornherein als Schlachttier aufgezogen, auch wenn deren Fleisch in der heutigen Gesellschaft nicht mehr so angesagt sei wie früher.
„Aber Pferdefleisch wird immer gegessen“, ist Fuhrmann sicher. Er selbst wird sein eigenes Geschäft irgendwann altersbedingt aufgeben müssen. Doch ein paar Jahre wird man ihn noch auf den großen Märkten antreffen. Am 2. Mai steht er beim Walburgi-Markt wieder mit „Fuhrmann's Fränkischen Roßwurst-Spezialitäten“ auf sechs Quadratmetern auf dem Bad Kissinger Rathausplatz direkt vor der Jakobus-Kirche – wie schon seit 30 Jahren sechsmal pro Jahr.