
Der Friedhof in Pfaffenhausen ist der älteste jüdische Friedhof im Landkreis Bad Kissingen. Aktuell sind noch etwa 1155 Grabsteine ganz oder teilweise sichtbar. Fortschreitende Verwitterung führt jedoch dazu, dass immer mehr Inschriften und damit wertvolle Informationen zur regionalen Identität verloren gehen. Der Friedhof soll daher im Rahmen eines mit Leader-Mitteln geförderten Kooperationsprojektes erforscht und dokumentiert werden.
Das Projekt wurde von Elfriede Böck, der Leiterin des Kulturamtes, den Stadträtinnen und Stadträten vorgestellt. In der öffentlichen Sitzung des Stadtrates der Stadt Hammelburg am 20. September 2021 wurde bereits über das Projekt „ Jüdischer Friedhof Pfaffenhausen , Erfassung und Vermittlung“ beraten und ein einstimmiger Beschluss gefasst, das Vorhaben voranzutreiben.
75.000 Euro zahlt Hammelburg
In der Zwischenzeit wurde ein Konzept erarbeitet und bei der Lokalen Aktionsgruppe des Landkreises Bad Kissingen vorgestellt. Eine Förderung von 60 Prozent, bis zu 89.470 Euro, wird für das Vorhaben in Aussicht gestellt. Bei geschätzten Gesamtkosten von 165.108 Euro muss die Stadt Hammelburg Eigenmittel in Höhe von 75.637 Euro aufbringen. Außerdem wird die Stadt die Trägerschaft für das Projekt übernehmen, was das Gremium einstimmig beschlossen hat.
Der Friedhof diente lange Jahre als Bezirksfriedhof, sodass nicht nur jüdische Verstorbene aus Hammelburg, sondern auch aus der Umgebung beigesetzt wurden. Das Landesamt für Denkmalpflege habe den Friedhof mit einer Drohne überflogen und eine Kartierung der Steine vorgenommen. Ein aktueller Vermessungsplan wurde erstellt und gemeinsam mit einem Restaurator eine Bedarfserfassung vorgenommen.

450 Grabsteine sind zu reinigen
Dabei stellte sich heraus, dass 450 Steine professionell gereinigt werden müssen, was nur ein erfahrener Restaurator übernehmen könne, betonte Böck. Sie habe Kontakt mit der Israelitischen Kultusgemeinde in Bayern aufgenommen, die darum bitte, dass die Steine so gereinigt werden, dass nur die Inschriften lesbar bleiben. Eine Verschönerung sei nicht vorgesehen. Anschließend werden alle Steine mit einer speziellen Technik fotografiert, um die Lesbarkeit zu verbessern.
In einem weiteren Schritt werden alle Inschriften epigraphisch erfasst, sowohl die hebräischen als auch die deutschen Inschriften. Das Konzept sieht vor, dass die gewonnenen Daten dauerhaft in der zentralen Datenbank https://bet-olam-bayern.de/ des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege der Öffentlichkeit, etwa zur Familienforschung , zur Verfügung gestellt werden. Die Daten sollen auch auf der Webseite der Stadt Hammelburg verfügbar sein. Zudem habe sich bereits ein loser Arbeitskreis gebildet, der Daten und Familiengeschichten recherchiere.

Führungen für Schulklassen
Erarbeitet werden müsse ein pädagogisches Konzept für Schulklassen. Denn nicht nur das Erfassen und Dokumentieren sei wichtig, sondern auch die Vermittlung der Geschichte. Dazu werde es auch eine Infotafel geben, mit einer Karte, woher die Bestatteten kamen. Führungen auf dem Friedhof sollen vor allem für Schulklassen angeboten werden.
Die Verwaltung werde sich um weitere Co-Finanzierungen zu bemühen. Unter anderem habe das Landesamt für Denkmalpflege einen Zuschuss von fünf Prozent zusagt. Der Bezirk Unterfranken habe jedoch einen Förderantrag abgelehnt.
Bürgermeister Armin Warmuth (CSU) betonte: „Der jüdische Friedhof ist ein bedeutendes Kulturgut im Stadtgebiet, das immer wieder Gäste anzieht.“ Stadtrat Martin Wende (CSU) regte an, den Kontakt zum Johanna-Stahl-Zentrum in Würzburg aufzunehmen, um eventuelle Fördergelder zu bekommen. Böck versicherte, dass dieser Kontakt bereits bestehe.
Reimar Glückler , Vorsitzender der Fraktion Christlicher Bürgerblock, ließ am Tag nach der Sitzung dieser Redaktion den Antrag des Bürgerblocks vom 12. November 2019 zukommen. Demnach beantragte der Bürgerblock damals einen Zuschuss für den jüdischen Friedhof in Pfaffenhausen . 5000 Euro sollten jährlich für eine Dokumentation und für Sanierungsmaßnahmen einzelner Grabsteine im Haushalt eingestellt werden, um in Zeiten zunehmenden Antisemitismus einem Verlust an Wissen über die jüdische Kultur in Bayern entgegenzuwirken. Ihm war es wichtig, zu betonen, woher die Anregung für das Projekt kam.
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