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Bad Kissingen
Pfändung eskaliert: Gerichtsvollzieher mit Faust bedroht
Er hätte besser einfach mal die Klappe halten sollen. Aber das fällt einem 50-Jährigen aus dem Landkreis offenbar sehr schwer. Wegen Bedrohung eines Vollstreckungsbeamten stand er deshalb vor Gericht.
Gerichtsvollzieher mit Faust bedroht       -  Mit der Faust soll ein 50-Jähriger aus dem Landkreis Bad Kissingen einen Finanzbeamten bedroht haben.
Foto: Symbolbild: Karl-Josef Hildenbrand/dpa | Mit der Faust soll ein 50-Jähriger aus dem Landkreis Bad Kissingen einen Finanzbeamten bedroht haben.
Rüdiger Schwenkert
 |  aktualisiert: 26.11.2024 02:42 Uhr

Es ist der 25. April dieses Jahres, als ein Steuerhauptsekretär des Finanzamtes Bad Kissingen gegen 11.15 Uhr am Wohnhaus des Angeklagten eintrifft. Er hat einen Pfändungsbeschluss in der Aktentasche, der auf die Schwester des Mannes ausgestellt ist. Der Finanzbeamte findet am Klingelbrett nicht den gesuchten Namen. An einem Knopf steht nur „Klingel“.

Tür zum Abstellraum offen

Er geht ums Haus, um zu sehen, ob dort jemand ist. Dort sieht er einen weiteren Klingelknopf. Er drückt ihn, aber niemand meldet sich. Die Tür eines Abstellraums ist nicht abgesperrt. Er macht sie auf und tritt ein. Jetzt ist plötzlich jemand da.

Der Beamte erklärt sein Anliegen. „Was suchst Du dann hier drin?“, ist die Antwort. Dann wird der 50-Jährige sehr laut und sehr deutlich: „Verschwinde hier! Gleicht setzt es was“, soll er geschrien haben. Dabei habe er drohend die Faust erhoben, erinnert sich der Vollstreckungsbeamte vor Gericht.

"Hier wird nichts angefasst!"

In diesem Moment fährt die Schwester des 50-Jährigen auf den Hof. Die Situation entspannt sich, aber nur kurz. Der Beamte erläutert der 46-Jährigen den Grund seines Besuchs. Die nimmt es gelassen, ihr Bruder aber nicht. „Hier wird nichts angefasst!“, soll er getobt haben. Und weiter: „Blöder Vollidiot, gleich setzt es was.“

Der gelernte Kfz-Mechaniker sagt vor Gericht, dass er den „Beamtenausweis“ des Gerichtsvollziehers sehen wollte. „Es gibt nur Dienstausweise“, korrigiert ihn die Richterin. Und dieser müsse nur der Person gezeigt werden, die es direkt betrifft – also in diesem Fall der Schwester.

Protokoll wird ausgefüllt

Der Beamte und die Frau gehen ins Haus. Hier wohnen die 46-Jährige, der Angeklagte und die Mutter. Am Esstisch füllt der Finanzbeamte gerade das Protokoll aus, als der Mann in der Wohnung erscheint. Sofort besteht er ein weiteres Mal darauf, den Ausweis zu sehen. „Da kann doch jeder kommen!“

„Warum mischen Sie sich da überhaupt ein?“, will die Richterin wissen und fügt hinzu: „Er darf Ihnen doch gar nicht sagen, warum er da ist.“ Schließlich soll er wieder Beleidigungen in Richtung des Beamten gerufen und abermals die Faust erhoben haben.

Außendienst aufgegeben

Der Gerichtsvollzieher hat genug. Eigentlich müsste er jetzt die Wohnung nach pfändbaren Gegenständen durchsuchen. In Anbetracht der Umstände verzichtet er darauf und geht.

„Ist Ihnen so etwas in Ihrem Außendienst schon einmal passiert?“, fragt die Staatsanwältin. „Nein, in dieser Form bisher nicht.“

Die bedrohliche Situation hat den Gerichtsvollzieher erheblich mitgenommen. Zurück im Finanzamt, schreibt er ein Gesuch. Er bittet darum, vom Außendienst entbunden zu werden.

Schwester bricht Aussage ab

Nun tritt die Schwester in den Zeugenstand. Die Richterin belehrt sie eingehend, dass sie sich als Verwandte auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen kann und nicht aussagen muss. Aber sie will.  Der Beschuldigte hatte sie darum gebeten. Er hat keinen Anwalt mitgebracht, verteidigt sich selbst.

Doch die Aussage dauert nicht lange. Sie wird gefragt, ob der Beamte ihr eröffnet habe, dass er vom Finanzamt kommt. Sie verneint. Er habe nur gesagt, dass es um Geld geht.

Die Richterin kann das nicht glauben: „Sie lassen einen fremden Mann, der Geld will, einfach in Ihre Wohnung?“, fragt sie. Die Zeugin wird unsicher und beschließt, lieber doch nicht mehr auszusagen.

Bei der Polizei "sehr aufgebracht"

Aus der Anzeige hat der 50-Jährige, der zurzeit Bürgergeld bezieht, offenbar nichts gelernt. Er soll zur Vernehmung in die Polizeiinspektion Bad Kissingen kommen. Der Sachbearbeiter in seinem Fall ist ein 59-jähriger Polizeihauptkommissar.

Der Beamte kann sich noch gut an den Angeklagten erinnern. Er habe den Mann und seine Schwester im Vorraum der Inspektion empfangen. Der Beschuldigte soll sehr aufgebracht gewesen sein. Ein vernünftiges Gespräch sei mit ihm nicht möglich gewesen.

Noch eine Anzeige wegen Beleidigung

Schließlich sei er aufgesprungen und Richtung Ausgang geeilt. An der Tür habe er schließlich in Richtung des Beamten gerufen: „Ihr Affenköpfe habt mir nix zu sagen.“ Die Folge war eine weitere Anzeige wegen Beleidigung.

Die Beweisaufnahme ist beendet, die Staatsanwältin hat das Wort. Zu Gunsten des Angeklagten wertet sie, dass kein materieller Schaden entstanden sei. Ungünstig wirke sich aus, der er offenbar „keine Unrechtseinsicht hat“ und bereits zwölf Vorstrafen auf dem Konto.

War schon im Gefängnis

In der Vergangenheit stand der heute 50-Jährige regelmäßig vor Gericht. Die Liste seiner Vergehen ist lang: Trunkenheit im Verkehr, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Sachbeschädigung und Beleidigung.

Und immer wieder hatte er mit Drogen zu tun. Deshalb wurde er schon zu Bewährungsstrafen verurteilt und saß auch einmal im Gefängnis.

Geldstrafen addiert

Weil der Beschuldigte wegen eines anderen Vorfalls bereits eine hohe Geldstrafe monatlich abstottern muss, will die Vertreterin der Anklage diesen Betrag und die neue Strafe zusammenfassen und hält 140 Tagessätze zu je 30 Euro für angemessen – also 4200 Euro. Außerdem soll der Entzug seiner Fahrerlaubnis bestehen bleiben.

Die Richterin folgt diesem Antrag in allen Punkten. Das Urteil ist rechtskräftig, weil der 50-Jährige auf Rechtsmittel verzichtet hat.

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  • Peter Fischer
    Kann der Tagessatz eines Bürgergeldempfängers €30 betragen? Das Bürgergeld ist doch nur etwa halb so hoch.
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