Seit 38 Jahren führen die Rößners die Gaststätte Werner Bräu. Ende September 2010 ist Zapfenstreich. Leicht fiel Peter Rößner der Entschluss daher nicht, den Gastronomiebetrieb aufzugeben, den er zusammen mit seinem Bruder Frank damals 1994 von den Eltern übernahm. Das Haus in der Weingasse ist nun mal seit 1972 seine Heimat. Jetzt soll es verkauft werden.
Schon 2008 machte ihm der Besitzer, die Werner Bräu Immobilien GmbH (Poppenhausen), ein „faires Angebot“, mit dem er lange schwanger ging, sagt der 53-Jährige. Vor kurzem sei ihm dann jedoch klar geworden, dass er das Haus nun doch nicht kaufen will. Mit dem Eigentümer habe sein Entschluss nichts zu tun. „Wer so viele gute Jahre gemeinsam verbringt, muss eine gute Ehe haben“, sagt Rößner über die Firma Werner Bräu.
Ursprünglich habe er das Haus kaufen und später vielleicht verpachten wollen, erläutert Rößner seine früheren Pläne. Aber er fürchtete, 20 Jahre lang an den Verbindlichkeiten zu knabbern. Als Hausbesitzer hätte er vermutlich auch eine Generalsanierung der Räume und vor allem der Energieanlagen anstreben müssen, sagt er.
Hemmnis Denkmalschutz
„Und der größte Hemmschuh ist der Denkmalschutz.“ Die vordere Hälfte des Hauses zum Marktplatz hin darf schließlich nur unter Auflagen der Behörden verändert bzw. saniert werden. Allein in die Schieferschindeln auf den Erkern und Türmchen habe Werner Bräu über die Jahrzehnte wohl ein Vermögen investiert, meint Rößner. Auch diese Investitionen hätte er fortsetzen müssen, zumal das Haus auch historische Bedeutung hat.
Schon im Jahr 1820 sind dort eine Bäckerei und eine Speisegaststätte belegt. Zudem gab es eine beständige Heckenwirtschaft, in der selbst angebauter Wein zum Ausschank kam. 1860 ging das Haus in die Hände der Familie Karch über.
Die Weinstube selbigen Namens war zu Bismarcks Zeiten und in der Wilhelminischen Ära ein Treffpunkt von Diplomaten und berühmten Künstlern. Unter ihnen befand sich seinerzeit auch der Maler Adolf Menzel, nach dem das Erkerzimmer im ersten Stock „Menzel-Ecke“ benannt wurde. Hier soll er oft gesessen und beim Blick auf den Marktplatz gespeist haben. 1954 übernahm dann die Brauerei Werner Bräu das geschichtsträchtige Anwesen.
Rößner verhehlt auch nicht, dass ihn das Getratsche über seine Gaststätte in jüngster Zeit richtig ärgerte. Einmal als er aus dem Urlaub zurückkam, wollten einige Kissinger schon von einem Verkauf der Gaststätte gehört haben.
Hindernis Kanalbaumaßnahme
„Ich wusste von gar nichts.“ Und auch der Besitzer in Poppenhausen war bass erstaunt, als er davon hörte. „Das hat mich dann alles nur noch genervt.“ Hinzu kamen die Pläne der Stadt, ab 2011 in der Fußgängerzone Kanalbaumaßnahmen vorzunehmen und den Plattenbelag zu erneuern. „Wer kommt da noch, wenn hier drei Jahre lang eine Dauerbaustelle ist.“
Sein Entschluss zu schließen stand schließlich fest. Auch wenn ihm das sehr schwer fiel, wie er sagt. Denn in der Gaststätte traf er früher seine Freunde und focht mit seinen Eltern so manchen jugendlichen Kampf aus. Später investierte er in den Ausbau der Fremdenzimmer und der Gaststube. „Ich hab viel Herzblut reingehängt.“
Ein bisschen tröstlich mag für ihn sein, dass er dem Gastronomieleben nicht ganz entsagt. Nach Verhandlungen mit den Inhabern der benachbarten Weinstube Hofmann entschloss er sich, zusammen mit seiner Frau Sabine das Weinlokal zum 1. November zu übernehmen. Und an Arbeit mangelt es ihm ohnehin nicht, denn schließlich führt er zusammen mit Claus-Peter Laufer das Incentive-Unternehmen pro-log.