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Elfershausen
Peter Bethäuser bangt um Bestand des Circus Luna in Langendorf
Seit 30 Jahren arbeitet Peter Bethäuser mit Kindern in der Manege. Wegen der Pandemie steht der "Circus Luna" in Langendorf jetzt aber vielleicht bald vor dem Aus.
Das Zirkuszelt ist für heuer bereits abgebaut, weil sämtliche Schulprojekte auf Anordnung des Kultusministeriums abgesagt werden mussten. Direktor Peter Bethäuser weiß nicht, wie es weitergehen soll. Foto: Ralf Ruppert       -  Das Zirkuszelt ist für heuer bereits abgebaut, weil sämtliche Schulprojekte auf Anordnung des Kultusministeriums abgesagt werden mussten. Direktor Peter Bethäuser weiß nicht, wie es weitergehen soll. Foto: Ralf Ruppert
| Das Zirkuszelt ist für heuer bereits abgebaut, weil sämtliche Schulprojekte auf Anordnung des Kultusministeriums abgesagt werden mussten. Direktor Peter Bethäuser weiß nicht, wie es weitergehen soll. Foto: Ralf Ruppert
Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 17.08.2022 14:20 Uhr

Kinder und Zuschauer kennen Peter Bethäuser immer gut gelaunt : Seit 30 Jahren steht er in der Manege, seit dem Jahr 2003 ist der Kinder- und Jugend-Zirkus "Luna" in der ehemaligen "Westheimer Mühle" angesiedelt. Mehr als 20 000 Kinder und Jugendliche haben bei Camps und Schul-Projekten mitgemacht. Doch die Corona-Pandemie hat in diesem Jahr alles auf den Kopf gestellt. Sämtliche Rücklagen seien mittlerweile aufgebraucht. "Wir können es wirtschaftlich gar nicht bis zum März schaffen", malt der 52-Jährige ein düsteres Bild für die Zukunft des Circus Luna. Durch eine Online-Petition erhofft er sich nun Hilfe.

Einstieg über die Jugendarbeit

Über die Jugendarbeit in der katholischen Kirche kam Bethäuser 1989 auf die Arbeit im Zirkus. Der gelernte Erzieher organisierte im Rahmen eines Berufspraktikums erste Projekte, engagierte sich ehrenamtlich in der Katholischen Jungen Gemeinde auf Diözesanebene für die Kinder-Mitbestimmung. Nach dem Zivildienst kaufte er vom Sold sein erstes Zirkus-Zelt, im spanischen Ben Posta holte er sich Anregungen in einem der weltweit ältesten Kinder- und Jugend-Zirkusse.

"Der Zirkus ist ein ideales Medium, um Kindern Selbstbestimmung und Mitverantwortung mitzugeben", sagt Bethäuser. Das sehen auch Teilnehmer so: "Man trainiert nicht nur Körpergefühl, sondern die Woche schweißt einfach zusammen, es ist wie eine Familie", berichtet etwa Leander Teichmann aus Würzburg. Der 25-Jährige war zunächst als Kind in den Camps, später machte er die Ausbildung zum Jugend-Trainer und hat mittlerweile rund 35 Camps mitbetreut. "Man ist traurig, wenn man geht, und freut sich schon aufs nächste Jahr", beschreibt er die Atmosphäre.

"Dort wird wertvolle pädagogische Arbeit geleistet", sagt auch Leanders Vater Christian Teichmann. Seine vier Kinder hätten im Circus Luna tolle Zeiten erlebt, deshalb setzt sich der Architekt, der in Bad Kissingen bereits an Regentenbau und Luitpoldbad mitgebaut hat, auch vehement für die Erhaltung des Zirkusses ein: "Ich habe schon mit dem Landrat und dem Gesundheitsamt gesprochen", berichtet er, und bedauert: "Es ist ein Jammer."

Auch viele weitere Eltern bringen sich ein, beraten, wie sie helfen können. "In Langendorf gibt es ein Angebot, das weit über das hinaus geht, was wir sonst im Landkreis haben", sagt etwa Michael Hinn. Der Familienvater ist Diplom-Psychologe, Kinder- und Jugend-Psychotherapeut und sitzt in der Steuerungsgruppe des Arbeitskreises Vernetzung des Landkreises Bad Kissingen. Dort habe er schon versucht, Kontakte herzustellen. Das Problem: "Peter Bethäuser hat sich bisher nicht vernetzt, sondern alles mit viel Herzblut als privates Gewerbe aufgebaut."

Bisher ohne Förderung gearbeitet

"Ich habe den Zirkus nicht angefangen, um damit Geld zu verdienen, das hat sich halt so entwickelt", erzählt Bethäuser selbst. Deshalb habe er auch nie öffentliche Förderungen für den Zirkus beantragt, höchstens für einzelne Projekte bestimmter Träger. Weder inhaltlich, noch bei der Größe der Gruppen habe er sich beschränken lassen wollen. Das räche sich jetzt: Als GbR habe er nur ein Konto, alle Einnahmen der Familie laufen darüber. "Ich habe immer darauf geachtet, dass wir im Winter Rücklagen haben", erzählt er. Die seien jetzt aber bereits im Sommer aufgebraucht.

Im Frühjahr plante er noch die Ertüchtigung des Scheunendachs, um eine Solaranlage darauf zu installieren. Kurz nach deren Lieferung zog die Bank jedoch wegen des Corona-Shutdowns eine Kreditzusage zurück. "Als Zirkus ist man nicht kreditwürdig", sagt Bethäuser. Zum Glück zahlten die meisten Eltern bereits vorab für die Sommer-Camps. Dass diese auch wirklich stattfinden konnten, entschied sich erst in der letzten Juli-Woche. Eltern , darunter ein Richter, hätten ihm geholfen, ein Hygiene-Konzept zu erstellen. "Ohne die Sommercamps wäre es hoffnungslos", sagt Bethäuser. Mit Not-Kursen sei er immerhin auf 618 Teilnehmer heuer gekommen, in den Vorjahren waren es noch 1330 beziehungsweise 1599. Zudem fehlten wegen der Hygiene-Regeln die Zuschauer - bei viel höherem Aufwand.

Der emotionale Tiefpunkt sei der 1. September gewesen, als das Kultusministerium alle Schul-Freizeiten bis Ende Januar verbot. "Uns sind 100 000 Euro an Umsatz weggebrochen", sagt Bethäuser. Außerdem Auftritte bei Veranstaltungen wie der Nacht des Sports in Bad Kissingen. "Ich habe im Kopf nur noch Corona", erzählt Bethäuser, und: "Wenn ich eine Chance sehen würde, das alles gut zu verkaufen und einfach abzuhauen, würde ich es machen."

Private Spenden will Bethäuser vorerst nicht annehmen. Zum einen müsse er sie als Einnahmen verbuchen, die dann bei den bisherigen Corona-Hilfen abgezogen werden, zum anderen wolle er nicht auf Almosen angewiesen sein. Deshalb startete er auf www.openpetition.de eine Petition. Mehr als 2800 Unterschriften sind in den ersten vier Tagen bereits zusammen gekommen. Die Petition richtet sich an die Politik. Zumindest den SPD-Landtagsabgeordneten Volkmar Halbleib hat er schon auf seiner Seite: "Das Zirkusprojekt droht durchs Raster zu fallen", warnt Halbleib. Da helfe kein Programm, um ein größeres, pandemiegerechtes Zelt zu kaufen. Halbleib hat Bethäuser bereits Tipps zur Spielstättenförderung geschickt.

Verweis auf Bund und Länder

Große Wertschätzung, aber keine konkrete Hilfe kommt von Gemeinde, Landkreis und Regierung von Unterfranken . Alle weisen auf bestehende Förderprogramme für gewerbliche Unternehmen hin. "Die Förderung als freier Träger der Jugendarbeit scheitert etwa an der überregionalen Ausrichtung des Circus", teilt das Landratsamt mit. "Wenn wir ihm etwas geben, kommen auch alle anderen", befürchtet der Elfershäuser Bürgermeister Johannes Krumm (SPD/FW) und berichtet von sinkenden Steuereinnahmen der Kommune. Aus seiner Sicht seien Freistaat und Bund in der Pflicht. Ähnlich argumentiert der Landkreis: "Es darf nicht vergessen werden, dass auch andere Unternehmen und Betriebe im Landkreis wirtschaftliche stark unter den Beschränkungen durch die Corona-Pandemie gelitten haben und leiden." Die Regierung von Unterfranken prüft aktuell, ob eine Unterstützung über den Kultur-Fonds möglich ist.

 
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Wie bei Buchbinder Wanninger: Einer schiebt die Angelegenheit zum Nächsten und die Sache dreht sich im Kreis. Hier muß dringend geholfen werden. Die Arbeit von Herrn Bethäuser ist sehr wertvoll. Unglaublich was die Kinder und Jugendlichen in den Camps für sich und ihr Leben lernen. Auch der Zuschauer ist begeistert von den Darbietungen, die in der relativ kurzen Zeit einstudiert werden.
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