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Maria Bildhausen
Perfekt bis in die kleinste Nuance
Das Klaviertrio-Matinée mit dem Prager Geiger Josef Špacek und dem Budapester Cellist István Várdai sowie Mao Fujita als Ersatz für Lukáš Vondrácek war durchaus eine Entdeckung.
Der Prager Geiger Josef Špacek (links) und der Budapester Cellist István Várdai (rechts) sowie Mao Fujita       -  Der Prager Geiger Josef Špacek (links) und der Budapester Cellist István Várdai (rechts) sowie Mao Fujita
Foto: Gerhild Ahnert | Der Prager Geiger Josef Špacek (links) und der Budapester Cellist István Várdai (rechts) sowie Mao Fujita
Thomas Ahnert
 |  aktualisiert: 29.08.2022 19:02 Uhr

Das wird dieses Jahr dem Kissinger Sommer wohl noch öfter passieren, dass Absagen von Künstlern wegen Corona - aber nicht nur deshalb - ins Haus flattern und kurzfristig Ersatz gefunden werden muss. So auch bei dem ersten der beiden Kammermusikkonzerte im Kloster Maria Bildhausen , zu dem der Pianist Lukáš Vondrácek aus gesundheitlichen Gründen nicht anreisen konnte. Das war schade, weil so ein eingespieltes Trio gesprengt wurde. Aber auch weil man Lukáš Vondrácek gerne wieder einmal gehört hätte. Schließlich war er 2005 Zweiter bei der Kissinger KlavierOlympiade (so durfte sie damals noch heißen) hinter Herbert Schuch (an dem war nicht vorbeizukommen). Für ihn kam Mao Fujita, ein 21-jähriger Japaner mit einer ganz erstaunlichen Karriere.

Und er musste auch gleich als Erster allein raus aufs Podium (wie es geplant war). Ausgesucht hatte er sich Thema mit Variationen d-moll op. 18a von Johannes Brahms , also die Transkription des zweiten Satzes aus Brahms ' Streichsextett op. 18. Unter technischen Aspekten konnte man Fujitas Karriere verstehen, da konnte ihn nichts in die Enge treiben. Aber gestalterisch konnte er nicht wirklich überzeugen, konnte man den Eindruck gewinnen, dass er selbst nicht immer ganz genau wusste, worauf er in den Variationen hinauswollte. Zwar spielte er das Thema noch sehr ruhig, aber bestimmt und klar. Aber schon in der ersten Variation zog er sich zurück aufs Pedal und nutzte dessen verunklärenden und kaschierenden, weichspielenden Kräfte. Dadurch litt auch die dynamische Differenzierung. Er hatte schon gute Ideen für die einzelnen Variationen, aber sie waren nicht standfest genug. Erst in der recht delikat gespielten Coda konnten sie sich wirklich behaupten.

Und dann die beiden lange Angekündigten und auch Angereisten: der Prager Geiger Josef Špacek und der Budapester Cellist István Várdai mit Zoltán Kodálys Duo für Violine und Violoncello, einem Werk, das die Streicher erst allmählich für sich entdecken wegen seiner geistreichen und auch humorvollen Machart.

Perfekte Übereinstimmung

Dass die beiden diese Machart wunderbar zelebrieren würden, dass sie sich aneinander reiben und auch wieder versöhnen würden, dass es ihnen nicht um den schönen, sondern lebendigen bis ruppigen Klang gehen würde, war weniger überraschend als ihre absolut perfekte Übereinstimmung in Klang und Interpretation bis in die kleinste Nuance. Und man begann zu spüren, wie sehr Lukáš Vondrácek beim nächsten Stück fehlen würde. Bei dem Klaviertrio e-moll op. 90, dem "Dumky-Trio" von Antonín Dvorák. Da überraschten - trotz der Kodály-Erfahrung - Josef Špacek und István Várdai mit ihrem interpretatorischen Zugriff. Sie hatten sich völlig von der Dvorákschen romantischen Heimattümelei gelöst und zielten auf die durchgehenden Kraftlinien der Musik: Wo zu singen war, sangen sie (kräftig), wo zu poltern war, polterten sie, wo zu kämpfen war, kämpften sie, wo zu flüstern war, flüsterten sie. Oder anders gesagt: Derart vital und kämpferisch hat man diese Musik eigentlich noch nicht erlebt. Das war durchaus eine Entdeckung .

Der junge Mao Fujita konnte einem da ein bisschen leidtun, auch wenn es für ihn sicher eine hilfreiche Erkenntnis war. Es fehlten ihm einfach die Zeit und die Erfahrung, um in diesem Trubel mithalten zu können. Großes Kompliment, wie er seinen höchst virtuosen Klavierpart bewältigte. Aber er konnte sich nicht gestaltend einbringen oder auch mal in den Vordergrund spielen. Er war halt dabei. Das war ein bisschen schade wegen der Balance. Aber der Gesamteindruck hallt lange nach.

 
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