
Im gesamten Landkreis Bad Kissingen mit seinen über 100.000 Einwohnern und einem überdurchschnittlich hohen Altersdurchschnitt gibt es weder eine spezialisierte ambulante palliativmedizinische Versorgung (SAPV) noch eine Palliativstation oder ein stationäres Hospiz. Um diesem offensichtlichen Mangel wenigstens etwas entgegen zu setzen, bietet der langjährig erfahrene Palliativmediziner Dr. Reinhard Höhn , Gründer und Vorsitzender des Bad Kissinger Hospizvereins , an jedem letzten Montag eines Monats ab 14 Uhr eine kostenfreie Sprechstunde in den Räumen des Vereins an.
Mangelhafte Situation im Landkreis
"Angesichts der demografischen Entwicklung wird die Hospiz- und Palliativarbeit in Deutschland in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung zunehmen", beklagt Höhn schon seit Jahren die mit dem Fehlen entsprechender Einrichtungen mangelhafte Situation im Landkreis. Mit seiner Sprechstunde will Reinhard Höhn , der von 2010 bis 2017 leitender Arzt für Palliativmedizin im Elisabeth-Krankenhaus war, im Jahr 2011 den Bad Kissinger Hospizverein gründete und seit April 2020 Mitarbeiter im SAPV-Team "Palliativo Main/Saale/Rhön" (Schweinfurt) ist, einmal monatlich hilfe- und ratsuchenden Angehörigen von schwerstkranken oder sterbenden Menschen sachdienliche Beratung anbieten.
Unter dem Motto "Kaffeetrinken mit dem 1. Vorsitzenden" stellt der Hospizverein nach vorheriger Terminvereinbarung seine Räumlichkeiten "zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativarbeit im Landkreis Bad Kissingen " zur Verfügung.
Welchen Amtsweg muss ich gehen, um ein Bett in einem Hospiz zu bekommen? Bei welchen Erkrankungen und vor allem in welchem Krankheitsstadium kann die SAPV beantragt werden? Wo gibt es die nächste Hospizstation oder das nächste stationäre Hospiz? Auf diese und alle anderen Fragen weiß Reinhard Höhn eine Antwort: "Ich kenne alle Bedingungen zur Inanspruchnahme entsprechender palliativmedizinischer Leistungen und Angebote."
Enorme Verletzlichkeit unserer Strukturen
Im April berichtete Höhn als Gründungsvorsitzender in der Jahreshauptversammlung des inzwischen 280 Mitglieder starken Hospizvereins über die durch Corona und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen nur sehr eingeschränkt möglichen Aktivitäten des Vorjahres. "Unsere ambulante Hospizarbeit hat noch funktioniert. Aber wir haben eine enorme Verletzlichkeit unserer Strukturen im Pflege- und Gesundheitswesen erlebt. Auch die Hospizarbeit war davon betroffen." Einschränkungen in der Arbeit an den Kranken und Sterbenden sowie der zu begleitenden und trauernden Angehörigen musste von den 35 ehrenamtlichen Hospizbegleitern des Bad Kissinger Vereins notgedrungen akzeptiert werden. Besonders stark waren die psychischen Auswirkungen der Pandemie auf die Schwerstkranken und ihre Angehörigen durch die Einhaltung von Schutzmaßnahmen mit der phasenweise strikten Kontaktbeschränkung und der damit verbundenen Einsamkeit sowie der fehlenden Möglichkeit, von Sterbenden angemessen Abschied nehmen zu können. Diese Isolationserfahrung setzte sich bei den Hinterbliebenen auch bei Begräbnissen fort. "Trauerprozesse können nicht nachgeholt werden, Spätfolgen sind zu erwarten", folgerte der erfahrene Palliativmediziner .
Im vergangenen Jahr begleitete der Hospizverein im Landkreis in insgesamt über 1 500 Begleitstunden 97 Menschen auf ihrem letzten Weg, von denen inzwischen 45 verstorben sind.
Vom Verein geplante Veranstaltungen konnten nicht durchgeführt werden. Dazu gehörte neben dem jährlichen Hospiztag und vereinsinternen Feiern auch die sonst übliche vom Verein ausgerichtete Gedenkfeier für die Angehörigen der Verstorbenen. Als kleine Entschädigung erhielten diese betroffenen Familien Päckchen zum Gedenken.
Kursangebot "Letzte Hilfe"
Schwerpunktarbeit des vergangenen Jahres war die Weiterbildung von Erwachsenen mit dem Kursangebot "Letzte Hilfe", dem sich heuer die Jugendprojekte "Letzte Hilfe Kids" und "Hospiz macht Schule" in Schulen des Landkreises anschlossen. Für deren professionelle Durchführung dankte der Vorsitzende seiner speziell für diese Projekte ausgebildeten Vereinskordinatorin Rita Hillenbrand und ihrem Team.
Im Dezember ist der Bad Kissinger Hospizverein dem Landkreis-Netzwerk "Demenz und Pflege" beigetreten, einem Zusammenschluss verschiedener Einrichtungen und Dienste aus den Bereichen Pflege, Soziale Arbeit, Medizin, Bildung, Zivilgesellschaft und Kommunalverwaltung. Nach siebenjährigem Engagement als zweite Vereinsvorsitzende ist die evangelische Pfarrerin Christel Mebert nach ihrem Wechsel in den Ruhestand aus dem Vorstand ausgeschieden. Auf ihren Posten wurde auf der Mitgliederversammlung nun deren Nachfolgerin Pfarrerin Jacqueline Barraud-Volk einstimmig gewählt.
Sprechstunde
"Kaffeetrinken mit dem 1. Vorsitzenden": nur nach vorheriger Anmeldung jeden letzten Montag im Monat im Hospizverein , jeweils 14 Uhr, Kapellenpfad 3, Bad Kissingen , Tel.: 0971/ 785 88 56.