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MARIA BILDHAUSEN
Packender als ein reiner Mahler
Kammermusik mit Sogwirkung: Das Minguet-Quartett verzauberte bei seinem Auftritt in Maria Bildhausen die Zuhörer.
Foto: Frank Kupke | Kammermusik mit Sogwirkung: Das Minguet-Quartett verzauberte bei seinem Auftritt in Maria Bildhausen die Zuhörer.
Von unserem Mitarbeiter Frank Kupke
 |  aktualisiert: 27.06.2013 16:21 Uhr

Freilich spielte das Minguet-Quartett, das für seine Beschäftigung mit moderner Musik bekannt ist, Mozart und Brahms. Und die vier Musiker Ulrich Isfort, Annette Reisinger, Aroa Sorin und Matthias Diener taten dies sogar gut bis sehr gut. Aber eigentlicher Höhepunkt des Konzerts in Maria Bildhausen war die Aufführung eines modernen Stücks des Komponisten Peter Ruzicka.

Die Instrumentalisten spielten Ruzickas fünftes Streichquartett von 2004 mit soviel Herzblut und Verve, dass einige Zuhörer zu Zwischenapplaus ansetzten. Die Musiker hatten die Instrumente derweil nicht abgesetzt und wollten offensichtlich eigentlich nach einem kurzen Verharren mit dem nächsten Programmpunkt fortfahren. Aber natürlich waren die Musiker über die Publikumsreaktion nicht gerade unglücklich. Sie bedankten sich lächelnd, bevor sie weiterspielten.

Was war passiert? Ganz einfach: Keiner der Zuhörer hatte sich der Magie dieser ausdrucksstarken experimentellen Musik und dem technischen Können der Interpreten entziehen können.

Von ähnlicher Sogwirkung war in dem Konzert des Minguet-Quartetts eigentlich nur noch das c-Moll-Quartett von Brahms. Allerdings gab es da im Finale einige wenige intonatorische Unschärfen des ersten Geigers Ulrich Isfort, der ansonsten seiner Führungsrolle aber durchweg gerecht wurde. Alle vier Instrumentalisten wirkten als starke Musiker-Persönlichkeiten, die in dem Stimmen-Gewebe der Quartette alle einmal zu Wort kamen.

Außergewöhnlich war, dass die Musiker aus der Partitur und nicht aus der jeweiligen Einzelstimme spielten. Damit sie nicht so viel blättern mussten, hatte sich jeder die Partitur-Seiten auf etwa Din-A-3-große Blätter kopiert. Entsprechend stattlich nahmen sich die Noten auf den vier Notenständern aus. Aber dass die Musiker aus der Partitur spielten, trug mit Sicherheit dazu bei, dass es mit der Koordination so hervorragend klappte. Das war beim Brahms und in Mozarts d-Moll-Quartett KV 421, aber erst recht beim Ruzicka zu bewundern.

Außerdem gab es noch zwei Mahler-Lieder in Streichquartett-Bearbeitungen, die die zweite Geigerin Annette Reisinger als Lieder ohne Worte angefertigt hatte. Aber die Mahler-Lieder funktionierten nicht ohne Text. Zudem hätte die Bearbeitung instrumentatorisch viel weitergehen müssen und modernere Mittel einsetzen müssen, als es Reisinger getan hat. Weil die Bearbeiterin offenbar zu viel Ehrfurcht vor die Mahlers Noten hatte, war das Ergebnis enttäuschend.

Ganz anders war dagegen die Zugabe: Das Quartett spielte den Schluss von Ruzickas zweitem Streichquartett, in dem kurz das Choralthema aus dem Fis-Dur-Adagio von Mahlers unvollendeter zehnter Sinfonie anklingt. Als „fast reinen Mahler“ hatte Cellist Matthias Diener die Zugabe dem Publikum angesagt, die aber vielleicht sogar packender war, als es ein reiner Mahler gewesen wäre.

 
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