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LKR Bad Kissingen
P43: Im Landkreis Bad Kissingen herrscht Unklarheit, Unverständnis und Ablehnung
Die Mitarbeiter von Tennet waren angetreten, um über die geplante Wechselstromtrasse P43 aufzuklären und für Verständnis dafür zu werben. Bei Bürgermeistern und Vertretern von Bürgerinitiativen herrscht indes eine ganz andere Gefühlslage.
Für den Protest gegen Südlink ging Jochen Vogel vor fünf Jahren schon mal auf den Strommast. Jetzt wendet sich der Bad Brückenauer Bürgermeister wie viele seiner Kollegen gegen die P43. Foto: Ulrike Müller       -  Für den Protest gegen Südlink ging Jochen Vogel vor fünf Jahren schon mal auf den Strommast. Jetzt wendet sich der Bad Brückenauer Bürgermeister wie viele seiner Kollegen gegen die P43. Foto: Ulrike Müller
| Für den Protest gegen Südlink ging Jochen Vogel vor fünf Jahren schon mal auf den Strommast. Jetzt wendet sich der Bad Brückenauer Bürgermeister wie viele seiner Kollegen gegen die P43. Foto: Ulrike Müller
Steffen Standke
 |  aktualisiert: 17.08.2022 16:45 Uhr

Für Jochen Vogel , Bürgermeister von Bad Brückenau, dürfte die Tennet-Infoveranstaltung vergangene Woche im Hotel Frankenland zur P43 (wir berichteten) wie ein Déjà-vu gewesen sein. "Die Pläne weisen große Ähnlichkeit mit denen von Südlink vor drei Jahren auf", sagt er. Wie damals lässt sich spekulieren, wo die Trasse letztlich langführt. Und wer betroffen sein wird. Dafür gibt es zumindest Anhaltspunkte.

Einer davon ist, dass die Tennet-Planer dem Prinzip der Bündelung folgen wollen. Das bedeutet, dass existierende Infrastruktur wie Autobahnen und Bundesstraßen, aber auch Bahntrassen, Ferngasleitungen und bestehende Stromleitungen genutzt werden, um die Höchstspannungsleitung daran entlangzuführen. Und so rücken die Rhönautobahn, aber auch die ICE-Strecke Fulda-Würzburg, die Ferngasleitung Sannerz-Rimpar und selbst die 110-kV-Stromleitung an den Schwarzen Bergen in den Fokus der Betrachtung.

Die A7 stellt augenscheinlich die direkteste Verbindung zwischen dem P43-Anfangspunkt Dipperz bei Fulda und der Endstation Bergrheinfeld-West im Landkreis Schweinfurt dar. Damit wären Bad Brückenau und speziell der Stadtteil Römershag unmittelbar betroffen - falls die Trasse dort gebaut wird.

Für Vogel, seit Mai Oberhaupt der Stadt, ist es "schwer zu sagen", wie wahrscheinlich Letzteres ist. Einerseits habe diese Variante schon bei der Gleichstromtrasse Südlink eine große Rolle gespielt, als die noch überirdisch geplant war. Andererseits würden der Truppenübungsplatz Wildflecken und diverse Kernzonen des Biosphärenreservats, die bei Römershag bis an die Autobahn reichten, starke Raumwiderstände darstellen.

Vogel betont, dass er die Pläne für P43 "mehr als kritisch" sieht. Und zwar deswegen, weil er "deren Bedarf in Zweifel" zieht. Bei Südlink sei erzählt worden, dass die Leitung mehr Strom nach Bayern und in die Region bringe, als das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld je produziert habe. Jetzt komme durch P43 noch mehr in Bergrheinfeld an? Wer mit den Teilnehmern der Tennet-Infoveranstaltung spricht, merkt: Die meisten denken ähnlich.

Reiner Morshäuser wohnt in Singenrain - in Sichtweite der A7 und auch nicht weit von der 110-kV-Leitung, die an den Schwarzen Bergen vorbeiführt. Der Vorsitzende der "Bürgerinitiative Ortsteile Schondra gegen SuedLink " sieht bei Tennet "die gleiche Marschrichtung" wie bei der Gleichstromtrasse.

Morshäuser ist überzeugt, dass beim Übertragungsnetzbetreiber längst ein bevorzugter Korridor für die Trasse feststeht. Die Raumwiderstände seien ja bereits durch Südlink bekannt und hätten sich kaum geändert. Doch da Tennet damit nicht herausrücke, entstehe ein Problem: "Da man nichts weiß, kann man die Bevölkerung nicht mobilisieren und zum Widerstand motivieren. Die Menschen gehen nur mit,wenn sie wissen: Wir sind betroffen." Das sei einst bei Südlink und der A7 anders gewesen. "Es gibt einfach kein Zielbild." Tennet will die breite Öffentlichkeit im September über mögliche Trassenkorridore informieren.

Johannes Krumm, Bürgermeister von Elfershausen, glaubt einen direkten Verlauf von P43 an der A7 ausschließen zu können. Das Nadelöhr Schwedenberg verhindere das. Wenn, dann führe der Korridor östlich am Stapp-Berg entlang und weiter Richtung Sulzthal. Auch Krumm spricht sich gegen die Wechselstrom-Trasse aus. "Die Energie muss vor Ort produziert werden."

Nächste Woche will er sich mit der Bürgerinitiative "Der Gegenstrom Elfershausen" treffen. Deren Vorsitzender Markus Stockmann kritisiert in einer Pressemitteilung: "Die Rhön wurde von Wirtschaftsminister Aiwanger verkauft. Aber auch die Bundesregierung steht nicht zu ihren Vereinbarungen. Alles ist hinfällig: Die Entlastung des Netzverknüpfungspunktes Bergrheinfeld, sowie das Aussparen von 'schützenswerten Bereichen' bei der Planung. Diese Entscheidung wirft uns vor 2014 zurück."

Der Markt Zeitlofs liegt weit abseits der Rhönautobahn. Dennoch sieht Bürgermeister Matthias Hauke den Ort und seine Ortsteile potenziell von P43 betroffen. Schon allein deswegen, weil die Tennet-Mitarbeiter unter anderem die ICE-Strecke Würzburg-Fulda und die Ferngasleitung Rimpar-Sannerz für die sogenannte Fulda-Main-Leitung ins Spiel brachten.

Die Schnellbahn-Trasse streift Zeitlofs und den Landkreis Bad Kissingen zwar nur westlich. Doch 65 Meter hohe Strommasten zusätzlich zur schon dominanten ICE-Brücke wären sicher kein schöner Anblick. Und die Gasleitung durchschneidet von Mottgers kommend wenige hundert Meter entfernt vom Zeitlofser Sportplatz das Sinntal, überquert einen Höhenrücken und streift Roßbach östlich, ehe sie im Roßbacher Forst verschwindet. "Da können wir nicht sagen, wir sind nicht dabei", findet Hauke.

Er ergänzt: "Gerade in unserer Ecke haben wir nicht viel Industrie, aber schöne Natur und etwas Tourismus. Beide werden nicht profitieren, wenn da hohe Strommasten stehen."

Bis 24. Juli kann die Gemeinde Einwände anbringen, die in die Planung der künftigen Trassenkorridore einfließen könnten. Hauke hat seine Gemeinderäte aufgefordert, sich Gedanken zu machen. "Wir haben aber nicht viel mehr Argumente als damals bei Südlink . Vielleicht können wir die aufgreifen und bestärken." Auch auf Landkreisebene müsse man darüber nachdenken, wie die P43 noch zu verhindern sei.

Weiter südlich, in Wartmannsroth, sieht Bürgermeister Florian Atzmüller die Sache ähnlich. "Wie bei Südlink sehe ich eine mögliche Orientierung an der Erdgas-Pipeline." Die quert bei Heiligkreuz mitten im Wald das liebliche Schondratal, um Völkersleier und Waizenbach zu streifen und schließlich bei Weickersgrüben in den Main-Spessart-Kreis abzubiegen.

Auch Atzmüller fragt sich: "Ist überhaupt der Bedarf da, dass man durch unsere schöne Landschaft eine Trasse bauen muss, die nicht im Boden versenkt werden kann." Der Bürgermeister fürchtet eine massive Beeinträchtigung von Natur und Kulturlandschaft.

René Gerner, Bürgermeister von Fuchsstadt, kann sich "beim besten Willen nicht vorstellen, dass P43 durchs Saaletal geführt wird". Auch der Truppenübungsplatz Hammelburg bilde ein großes Hindernis. Gerner glaubt, dass Tennet sich an ICE-Strecke oder Gasleitung orientiert. Und dass der Schwenk Richtung Bergrheinfeld bei Gemünden erfolgt. Dass es neben Südlink eine weitere Stromtrasse geben wird, nennt der Fuchsstadter "idiotisch".

Gar nicht über mögliche Streckenverläufe und Betroffenheiten spekulieren möchte Hammelburgs Bürgermeister Armin Warmuth . Dazu sei es zu früh. "Grundsätzlich ist die gesamte Region betroffen. Und wir sind uns einig, dass die Region zusammensteht." Die P43 wird übrigens auch Thema in der Dienstbesprechung der Landkreis-Bürgermeister an diesem Freitag sein.

 
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