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Osterhasen stehen bei den Gourmets hoch im Kurs
Gruppenbild mit Hasenvater: Seit fünf Jahren züchtet Peter Seuberling aus Hausen Rhönkaninchen. Dass sie auch Ostereier legen, glaubt er trotz hart gekochter Tatsachen nicht mehr.
Foto: Christian Heinrich | Gruppenbild mit Hasenvater: Seit fünf Jahren züchtet Peter Seuberling aus Hausen Rhönkaninchen. Dass sie auch Ostereier legen, glaubt er trotz hart gekochter Tatsachen nicht mehr.
Von unserem Mitarbeiter Christian Heinrich
 |  aktualisiert: 29.03.2013 12:02 Uhr

Seinen Glauben an den Osterhasen hat Peter Seuberling längst verloren. „Wir haben uns als Kinder immer gestritten, ob die Hühner oder die Hasen die Eier legen“, erinnert sich der Rentner aus Hausen mit einem Lächeln. Der Legendenbildung über den fabelhaften „lepus paschalis“ konnte Seuberling nichts mehr abgewinnen, als er vor über einem halben Jahrhundert begann, selber Hasen zu züchten. Mit verschiedenen Rassen hat er sich seitdem beschäftigt, mittlerweile gilt seine Leidenschaft dem schwarz-grau gefärbten Rhönkaninchen.

Die munteren Hoppelmänner, die in der Thüringischen Rhön herausgezüchtet wurden, tragen nicht nur den Namen seiner Heimat, sondern zeichnen sich für ihn auch durch „einen eigenen Charakter“ aus. Um die 40 Tiere zieht der 66-Jährige jeden Frühling groß. Mit den erlesensten besucht er im Herbst kleine und größere Kaninchenschauen, die anderen wandern in den Kochtopf.

Seuberling hat gewisse Hemmungen, über den Verzehr seiner Lieblinge zu sprechen, während immer mehr Zeitgenossen beim Gedanken an einen Hasenbraten das Wasser im Mund zusammenläuft. „Die Tendenz ist steigend“, konstatiert Sabine Schuster-Woldan, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Bayern. Circa 41 000 Tonnen Kaninchenfleisch gehen in Deutschland jährlich über die Ladentheken. Das klingt gewaltig, macht aber nicht einmal ein Prozent des nationalen Fleischverzehrs aus. Diesen Aufwärtstrend kann Josef Steinack aus eigener Erfahrung bestätigen. „Die Nachfrage ist in den vergangenen Monaten gewaltig gewachsen.“

„Viele von ihnen wissen gar nicht, wie sich ein Hase überhaupt anfühlt.“
Friedrich Ganzenmüller, Kaninchenzüchter

Der Bezirksvorsitzende der unterfränkischen Rassekaninchenzüchter führt die Entwicklung auf die jüngsten Lebensmittelskandale zurück. „Die Verbraucher sind verunsichert, so dass sie den Weg zum Erzeuger suchen“, lautet die Erklärung des Hasenspezialisten aus Geroldshausen.

Den 2300 aktiven Züchtern zwischen Untermain und Haßberge eröffnet sich ein neuer Markt für die gut 9000 Langohren, die sie pro Jahr aufziehen. Eigentlich geht es ihnen nur darum, die Merkmale ihrer Rassen zu veredeln und das eine oder andere Zuchttier zu verkaufen. In letzter Zeit musste aber auch Friedrich Ganzenmüller immer mehr Anfragen nach einem Hasenbraten beantworten, denn Züchter gelten bei den Gourmets als vertrauenswürdig und zuverlässig. „Es sind vor allem Auswanderer aus Russland, die große, schwere Hasen für ihre Familien wollen“, hat der Kreisvorsitzende der Bad Kissinger Kaninchenzüchter ein spezielles Klientel ausgemacht.

Mit seinen Englischen Schecken und Hermelin Blauaugen kann der 67-jährige Wartmannsröther da nicht dienen, die sind für solche Ansprüche zu klein. Nur sein neunjähriger Enkel Luca schätzt die Mümmelmänner als Unterrichtsobjekte, mit denen er seine Mitschüler in Würzburg in Verzückung versetzt.

„Viele von ihnen wissen gar nicht, wie sich ein Hase überhaupt anfühlt“, berichtet Ganzenmüller von den eigentümlichen Erfahrungen seines Enkelsohns in der urbanen Welt. Dabei gibt es kaum ein Tier, das wie der Osterhase und seine zahlreichen Verwandten so bekannt und förmlich in aller Munde ist.

Seit einem Monat blasen die Kunden im E-Center von Klaus Rüttger an der Bad Kissinger Spitzwiese zum fröhlichen Halali auf Meister Lampes Abbilder. „Weit im fünfstelligen Be-reich“ werden in der Fastenzeit Schokohasen in Rüttgers Revier zur Strecke gebracht. Selbst der Weihnachtsmann kommt nicht auf eine solche Genussquote.

Großen Wert legen die Kunden dabei auf Qualität. „Geiz ist geil ist vorbei“, hat Rüttger festgestellt, dass vor allem Markenprodukte hoch im Kurs stehen. Das gilt auch für die gut hundert Schlachthasen aus der Region, die Rüttger in diesen Tagen vor allem für seine älteren Kunden geordert hat.„Die Oma weiß noch, wie es geht“, spielt er darauf an, dass die Kochkunst bei den jüngeren Generationen immer mehr in Vergessenheit gerät. Dabei eignet sich Kaninchen nicht nur für den obligatorischen Braten, sondern auch für Wurst, Gulasch oder Cevapcici. Als Steinack vor einem Jahr in Schwanfeld einen Kochkurs für Kaninchenfleisch anbot, kamen fast hundert Interessierte.

Das cholesterinarme Fleisch besitzt im Allgemeinen einen hervorragenden Ruf, der jedoch einer eingehenden Prüfung nicht ganz standhält. „Es ist nicht besser und auch nicht schlechter als anderes hochwertiges Fleisch“, sagt Schuster-Woldan. Sie weist aber darauf hin, dass sich die deutschen Massentierhalter erst in diesem Jahr Richtlinien zur Haltung der Schlachthasen gegeben haben, die jedoch von den Tierschützern als unzureichend angesehen werden.

Das kann dem Eigenproduzenten Peter Seuberling egal sein. Seine Rhönkaninchen werden die Karwoche ohnehin alle lebend überstehen. „Zu Ostern gibt es Lamm.“

 
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