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Oerlenbach
Erhards Appell: Engagiert euch!
Siegfried Erhard (CSU) ist seit seiner Jugend in der Politik aktiv. Über seine Politisierung und warum er es wichtig findet, dass Menschen für ihre Ziele kämpfen.
Sigfried Erhard in seinem Wohnzimmer: Neben ihm er selbst, ein Geschenk seiner Schule aus der Zeit als Bürgermeister. Dahinter eingerahmt Teile der Bürgermeisterkette, die Ehrenbürgerurkunde der Gemeinde Oerlenbach und daneben die von Douvres, der Partnergemeinde Oerlenbachs.       -  Sigfried Erhard in seinem Wohnzimmer: Neben ihm er selbst, ein Geschenk seiner Schule aus der Zeit als Bürgermeister. Dahinter eingerahmt Teile der Bürgermeisterkette, die Ehrenbürgerurkunde der Gemeinde Oerlenbach und daneben die von Douvres, der Partnergemeinde Oerlenbachs.
Foto: Ellen Mützel | Sigfried Erhard in seinem Wohnzimmer: Neben ihm er selbst, ein Geschenk seiner Schule aus der Zeit als Bürgermeister.
Ellen Mützel
 |  aktualisiert: 05.11.2024 17:11 Uhr

Seit mehr als einem halben Jahrhundert ist Siegfried Erhard politisch aktiv, davon 24 Jahre Bürgermeister, 36 Jahre Gemeinderat und fast 40 Jahre Kreisrat . Politisiert habe er sich etwa mit 17 oder 18 Jahren.

„Das war in der Zeit Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre, da gab es die Studentenunruhen. Da habe ich überlegt, ob ich mich selbst einbringen kann, mich etwas umgehört und bin relativ frühzeitig in die Union eingestiegen.“

Engagierte Jugend 

Die Welt verändern, eigene Ziele durchsetzen, Dinge besser machen als sie laufen – das sei sein Ziel gewesen, so der mittlerweile 71-Jährige. Bei Demos der Studentenproteste in Würzburg sei er auch dabei gewesen, „aber nicht bei den linken.

Wir waren schon etwas moderater“, erzählt Erhard. Etwa gegen die Abschaffung des Numerus Clausus sei es damals gegangen.

Ein bisschen vermisst er das. „Ich habe das Gefühl, damals waren viel mehr Jugendliche engagiert als heute. Wir hatten damals eine Junge-Union-Gruppe (JU) in Rottershausen gegründet, da waren über 30 junge Leute dabei.“

Engagierte junge Leute

Damals hätten die jungen Leute in JU etwa dafür gekämpft, dass das Wahlalter von 21 auf 18 heruntergesetzt wird und einen Volksentscheid erzielt. Aber nicht immer in seiner späteren Laufbahn als Kommunalpolitiker habe er alles durchsetzen können, was er sich wünschte.

„Das ist eben Demokratie: Die Mehrheit entscheidet. Aber ich habe vieles beeinflussen können.“ Eines ist für ihn klar: „Wer sich für das Leben in der Gesellschaft interessiert, der kommt zwangsläufig zum Ergebnis: ,Ich muss mich da irgendwie einbringen, ich habe die Chance, da was zu verändern.‘ Da muss man sich aber auch im Klaren sein, dass man nicht immer alles so durchsetzen kann, wie man will.“

Menschen müssen sich interessieren

Auch als Bürgermeister habe er nicht alles durchsetzen können, was ihm wichtig war. „Man muss immer Abstriche machen. Aber man muss klare Vorstellungen haben.“

Er findet es wichtig, sich zu engagieren. „Wenn ich eine reine Stimmungsdemokratie habe, die Leute das wählen, was ihnen gerade so gefällt und wer die schönsten Luftballons hat, das kann es ja nicht sein.

Die Menschen müssen sich schon interessieren, sonst funktioniert eine Demokratie nicht.“ Wie sollten Wahlen funktionieren, wenn die Leute nicht informiert sind, fragt er.

Andere von Zielen überzeugen

Jeder Mensch habe andere Lebenserfahrungen, ihnen seien andere Dinge wichtig. Dafür müssten sie sich engagieren. Und versuchen, die anderen davon zu überzeugen, dass das auch für eine Gesellschaft wichtig sei. „Wenn möglichst viele ihre Vorstellungen haben und die einbringen, und man dann versucht, das Beste daraus zu machen, dann kommt man sehr nahe dahin, was für die Allgemeinheit gut ist.

Dass Menschen nicht wählen gehen, versteht Erhard umso weniger. Es ärgert ihn fast schon, zu lesen, dass nur 50 bis 60 Prozent zur Wahl gehen – also mehr als ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger kein Interesse an der Demokratie und damit am gesellschaftlichen Zusammenleben haben.

Nichtwähler - wohl zufrieden

Seine Gedanken: „Denen geht es gut, die sind wohl zufrieden. Aber es ist sehr schlecht, wenn man nicht mehr drauf achtet, was läuft – und wenn man sich von anderen fremdbestimmen lässt.“

An diejenigen, die meinen, ihre Überlegungen würde keine Partei vollkommen erfüllen, sagt er: „Die reine Lehre vertritt keine Partei. Ich bin jetzt über ein halbes Jahrhundert bei der CSU. Ich habe mich über die CSU schon manchmal sehr geärgert.“

Die Richtung passe natürlich. Aber jedem einzelnen Punkt, den die Partei vertritt, kann er nicht zustimmen. „Ich war auch schon auf einem Parteitag, wo ich am liebsten gepfiffen hätte“, verrät er. Dennoch ist er der Meinung, seine Partei vertritt seine Werte am besten. Und wenn er sich nicht in der Partei engagiert, kann er darauf auch nicht einwirken.

Resignation bringt nicht weiter

Erhard hat den Eindruck, dass manche Menschen aufgegeben haben. „Aber Resignation bringt nicht weiter, ich kann es nur besser machen, wenn ich mitmache.“ Einfach nicht zur Wahl gehen und hoffen, dass die anderen das schon richten, sei doch auch keine Lösung.

Unter den Menschen, die zur Wahl gehen, sieht er jedoch manchmal etwas Überforderung. Denn es sei schwierig, die Zusammenhänge zu erkennen, wenn man sich in der Zwischenzeit nicht interessiere.

Gedanken über die Gesellschaft machen

Am liebsten wäre ihm, wenn die Leute sich parteipolitisch engagieren würden. „Wer sich parteipolitisch engagiert, versucht die Welt weiterzubringen, natürlich innerhalb seiner Partei. Aber der macht sich Gedanken darüber, wie sich die Gesellschaft und das Umfeld weiterentwickelt.“ Das sei eine Voraussetzung, dass die Demokratie funktioniert.

So habe er das auch in seiner Arbeit als Lehrer seinen Schülern mitzugeben versucht. Eine seiner Schülerinnen habe es sogar sehr weit geschafft: Sabine Dittmar , Abgeordnete der SPD für den Bad Kissinger Wahlkreis und Staatssekretärin. „Sie ist nicht meiner Couleur, aber sie ist engagiert, und das finde ich super“, sagt Erhard.

AfD wählen - gutes Recht, aber problematische Partei 

Bei der AfD hingegen hat er seine Probleme. „Wenn da einer den Wert eines anderen heruntersetzt, wie das teilweise bei der AfD gemacht wird, ist das schon kritisch zu sehen.“ Doch gleichzeitig findet er: Wer meint, die AfD wählen zu müssen, habe auch das Recht dazu.

Er glaubt aber, dass die Menschen sich weniger von den populistischen Aussagen der Partei blenden lassen würden, wenn sie sich politisch mehr interessieren und Zusammenhänge erkennen würden.

Oerlenbacher Gespräche: Wert der Verfassung näherbringen

In seiner Arbeit als Bürgermeister zeigt sich Erhards Engagement für die Demokratie etwa in den Oerlenbacher Gesprächen. Der Ort stehe für den Standort des Bundesgrenzschutzes, später der Bundespolizei – einer Einrichtung der Verfassung, die dort ihre Schule hat.

„Da war mir es darum gegangen, dass um den Tag der Verfassung am 23. Mai eine Veranstaltung zu Verfassungsthemen stattfindet.“ Der Gedanke: den Leuten hier in der Region den Wert des Grundgesetzes deutlich zu machen.

Eingeladen waren Referenten wie etwa Bundespräsident a.D., Roman Herzog , der zum Dienst an der Waffe, Föderalismus und verfassungsfeindlichen Gruppierungen sprach, der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts , Hans-Jürgen Papier zur EU, oder die ehemalige Präsidentin des Landtags, Barbara Stamm zum Thema: Eine lebendige Demokratie braucht Bürgerengagement.

 

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