Schon von Anbeginn liegt ein würziger, gesunder, reinigender Duft in der Luft. Dieser schien sich im Laufe des späten Nachmittags des ersten Kräuterfestes des Obst- und Gartenbauvereins Kothen-Speicherz noch zu verstärken, je mehr die Kräuter angefasst, geschnitten und zu Kräuterbüscheln oder –kränzen gebunden werden.
Eine konzentrierte, fast ehrfürchtige Stille legt sich über die Bastlerinnen, jede mit verschiedenen Kräutern beschäftigt. Fünf, sieben oder neun sollten nach altem Brauch in einem Gebinde vorkommen, mitgebracht haben die Teilnehmerinnen etliche.
Kräuter wachsen vor der eigenen Haustür
Der Schatz der heutigen „Kräuterhexen“ liegt keine 500 Meter von daheim entfernt. Unweigerlich wuchs das Bewusstsein, dass viele natürliche Schätze direkt am Wegesrand wachsen, ohne dass man sie nutzt.
Johanniskraut, das am Johannistag natürlich nicht fehlen durfte, wurde ergänzt durch Frauenmantel, Mädesüß, Salbei, Thymian und noch vielen weiteren Pflanzen, die den Sammlerinnen regelrecht vor die Füße gefallen waren. Viele Pflanzen entwickeln zu Beginn des Sommers „ihre höchste Heilkraft“ und die Natur spiegelt Fülle und Fruchtbarkeit wider.
Ein Fest zur Sommersonnwende
Dies wurde schon seit ehedem zur Sommersonnenwende mit „einem Fest des Feuers und des Lichts gefeiert“. Hier vollziehe sich nach altem Glauben der „Übergang von der Zeit des Blühens, Heranwachsens und Gedeihens in die Zeit der Reife und Ernte“, erfuhren die Teilnehmerinnen inmitten Eisenkraut, Gundermann und mehr.
Johanniskraut und seine Stärken
Das Johanniskraut soll am Johannistag besonders heilkräftig sein. Bereits im Mittelalter hängten die Menschen Johanniskraut vor die Fenster, um böse Geister fernzuhalten. Am Sonnwendfest über das Dach geworfene Kränze aus Johanniskraut sollten vor Blitz, Feuer und Dämonen schützen. Man kombinierte damals die Kränze mit Birken- und Eichenästen, das männliche und weibliche Prinzip versinnbildlichend, sowie Efeu, das ewige Leben darstellend.
In Kothen durften die Teilnehmerinnen mitbringen, wonach ihnen der Sinn stand und was gefiel. So fanden auch Holunder, Zitronenmelisse, Lavendel und Rosen ihren Platz in Kräuterkränzen.
Im vergangenen Jahr hatte sich der neue Vorstand gefunden, der gleich zu Beginn viele Ideen einbrachte. Ergebnis sind zwei neue Teams im Gartenbauverein , die regelmäßig Veranstaltungen organisieren. Seit April betreut Team „Entdeckerbande“ die Nachwuchsgruppe.
Naschhecke, Hochbeete und Kompost
Hier sind die Mädels und Jungs schon kräftig dabei und haben nicht nur einen Blühstreifen und eine Naschhecke am Spielplatz in Kothen angelegt, sondern auch Hochbeete und einen Kompost aufgestellt.
Jeden Monat eine Aktion zum Kräuterjahr
Im Januar 2023 hat sich das Team „Gartengeflüster“ gebildet und veranstaltet seit März jeden Monat eine Aktion rund um das Kräuterjahr. Samentauschbörse, grüne Kräutersuppe und alles rund um den Löwenzahn waren bereits Themen, viele sollen noch folgen.
Beim nächsten Termin kann der eigene Kräutertee gemischt werden. Für 2024 sind Treffen zum Thema Baum angedacht.
Hannah Möller erzählt: „Wir hatten einfach Lust darauf“. Interesse, mit der Natur zu basteln und zu arbeiten, hatte die Kothenerin schon immer: „In der Gruppe macht es einfach noch mehr Laune“. Auch für Michaela Bug, die die Aktionen des „Gartengeflüsters“ mitorganisiert, steigt die Begeisterung: „Ich lerne jedes Mal dazu“.
Rezepte und Kräutercocktails
Das recherchierte Wissen veröffentlichen die Organisatorinnen in einem monatlichen Newsletter. Dort verraten Rezepte, was man mit Kräutern alles machen kann, und beim Kräuterfest lieferten die selbst gemixten Kräutercocktails schon den geschmacklichen Beweis.
Die Neugestaltung der Arbeit des Obst- und Gartenbauvereins war für viele neue Mitglieder attraktiv. Laut erster Vorsitzenden Kerstin Beck war die Mitgliederzahl seit letztem Jahr deutlich angestiegen. Eine Kooperation mit dem Obst- und Gartenbauverein Motten vereinfacht die gegenseitige Teilnahme an Veranstaltungen. Auch Nicht-Mitglieder sind bei den Aktionen willkommen. Hierfür werden vom Verein Teilnahmegutscheine für alle Termine eines Jahres angeboten.
Alle Kräuterkränze und -büschel waren gebunden. Am Johannisfeuer wurden sie nach altem Brauch geweiht und sollen Haus und Hof Glück bringen. Alte Kräuter vom Vorjahr warfen die in der Runde Versammelten ins Johannisfeuer, dankbar dafür, dass das vergangene Jahr ein gutes war. Der Jahreskreislauf schließt sich: Was man von der Natur nimmt, muss man ihr wieder zurückgeben.
Der Verein
Mitgliederzahlen: Der Obst- und Gartenbauverein Kothen-Speicherz hat derzeit 150 Mitglieder. Davon sind 28 Kinder zwischen fünf und 12 Jahren in der „Entdeckerbande“.
Kontakt: Interessierte können sich melden unter ogv-ks@gmx.de.
Der Vorstand des Obst- und Gartenbauvereins seit Juni 2022: Kerstin Beck (Erste Vorsitzende), Christina Halbleib (Zweite Vorsitzende), Elke Homann (Kassiererin), Ilse Bug (Schriftführerin), Nina Sturm, Katharina Henzler, Michaela Bug, Walter Bug (Beisitzer); neben Nina Sturm sind auch Rebecca Bug und Juliane Dätig Jugendbeauftragte.
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