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Oberweißenbrunn an der Rhön
Oberweißenbrunner Spinnstube pflegt alte Rhöner Tradition
Seit 2001 treffen sich immer im Januar im Gasthof zum Mühlengrund Spinnweiber und Musiker zur Spinnstube. Sie pflegen eine alte Rhöner Tradition. Dabei geht es nicht nur um Handwerk und Liedgut, sondern auch um zünftige Witze.
Spinnstube im Gasthof Mühlengrund  in Oberweißenbrunn. An  den Spinnrädern saßen (von links): Irmine Reulbach, Helmtrud Fuß,   Hedwig Röhner (alle Oberweißenbrunn), Ludwina Abert (Wildflecken), Felix  Back (Oberweißenbrunn) und Mechthild Breitenbach (Oberbach). Für die die  Musik sorgten Helmut Handwerker (Unterelsbach), Werner Zirkelbach  (Unterweißenbrunn), Gerhard Kirchner (Oberweißenbrunn), Werner und  Cordula Wehner und Walter Wiesner. Foto: Marion Eckert       -  Spinnstube im Gasthof Mühlengrund  in Oberweißenbrunn. An  den Spinnrädern saßen (von links): Irmine Reulbach, Helmtrud Fuß,   Hedwig Röhner (alle Oberweißenbrunn), Ludwina Abert (Wildflecken), Felix  Back (Oberweißenbrunn) und Mechthild Breitenbach (Oberbach). Für die die  Musik sorgten Helmut Handwerker (Unterelsbach), Werner Zirkelbach  (Unterweißenbrunn), Gerhard Kirchner (Oberweißenbrunn), Werner und  Cordula Wehner und Walter Wiesner. Foto: Marion Eckert
| Spinnstube im Gasthof Mühlengrund in Oberweißenbrunn. An den Spinnrädern saßen (von links): Irmine Reulbach, Helmtrud Fuß,  Hedwig Röhner (alle Oberweißenbrunn), Ludwina Abert (Wildflecken), Felix Back ...
Marion Eckert
 |  aktualisiert: 17.08.2022 20:50 Uhr

Seit 2001 lädt Wirtin Marianne Rauh am letzten Samstag im Januar zur Spinnstube in ihren Gasthof zum Mühlengrund ein. Werbung muss sie für diesen Abend keine machen, die Gäste wissen Bescheid und kommen gern. Mit der jährlichen Spinnstube möchte Marianne Rauh an eine alte Rhöner Tradition erinnern. In früherer Zeit kamen die Menschen an den langen Abenden in den Herbst- und Wintermonaten zum gemeinsamen Handarbeiten und Spinnen zusammen. Aber nicht nur die fleißige Arbeit an den Spinnrädern stand im Vordergrund, sondern auch die Pflege der Gemeinschaft und des heimischen Liedguts. Dass dazu auch manch zünftiger Witz und der eine oder andere Tratsch um die Nachbarschaft und Ereignisse im Dorf gehörte, versteht sich von selbst.

Die Wirte-Koopertion "Rhöner Charme" habe Marianne Rauh 2001 auf die Idee gebracht, diese Tradition in ihrer Wirtsstube wieder zu belebten. "Die Zeiten haben sich geändert, die Spinnstube  in der alten Art gibt es nicht mehr. Aber sie darf nicht in Vergessenheit geraten", erklärte sie. In Zeiten von Mobilität und Internet könne die alte Zeit nicht zurück geholt werden. Es gehe darum, neue Formen zu finden, die das Miteinander, die Pflege des Volksliedes und des Handwerks förderte, ergänzte Bernhard Walter , der Vorsitzende des Rhönklub Zweigvereins Oberweißenbrunn . "Es ist die Veranstaltung von Marianne Rauh, sie ist aber auch Mitglied bei uns im Verein und wir unterstützen ihre Spinnstube seit vielen Jahren", erklärte er.

An den Spinnrädern Platz genommen haben in diesem Jahr Irmine Reulbach, Helmtrud Fuß, Hedwig Röhner (alle Oberweißenbrunn ), Ludwina Abert (Wildflecken) und Mechthild Breitenbach (Oberbach) gekommen. Im Laufe des Abends wurde eifrig gesponnen, genäht und Schlappen geflickt.

Eine Reihe von Musikern sammelte sich um Walter Wiesner (Oberbach) und sein Akkordeon und sorgten für eine gemütliche Atmosphäre. Wiesner ist von der ersten Spinnstube an mit dabei . Außerdem war in diesem Jahr auch wieder Helmut Handwerker (Unterelsbach) mit seiner Ziehharmonika und der Klarinette gekommen. Der Oberweißenbrunner Gerhard Kichner hatte seine Zither mitgebracht, Detlef Enders ( Oberweißenbrunn ) spielte Bass, den er auch Cordula Wehner zur Verfügung stellte. Theo Wehner spielte Gitarre und die Teufelsgeige bediente Werner Zirkelbach (Unterweißenbrunn).

Während die Spinnstube in früherer Zeit vor allem für die jungen Leute da war, hat sich Publikum heute geändert. Gekommen waren Freunde von fränkischem Liedgut und Volksliedern, die gerne in gemütlicher Runde einen gepflegten Schoppen trinken und sich an alte Zeiten erinnern. So gab es genügend Gelegenheit zur Unterhaltung, zum Singen und auch zum Austausch mit den Spinnweibern. Denn wenn die gesponnene Wolle nicht so wollte, wie sie sollte, dann war auch der eine oder andere Besucher gefragt, mit anzufassen, um die drei Garnstränge zusammen zu bringen.

Kurzum: Im Mühlengrund wurde Brauchtum gepflegt. Es war ein amüsanter Abend mit viel Geselligkeit, Musik und Gesang . Textvorlagen brauchten die meisten Besucher nicht. Sie kannten die Lieder von früher noch auswendig und stimmten kräftig mit ein. Dabei durften natürlich das Dammerfeldlied, die Kreuzberglieder oder die Rhönklubhymne "Ich weiß basaltene Bergeshöhn", nicht fehlen.

Eine Anekdote gehört in jedem Jahr zur Spinnstube: In früherer Zeit sollen die Mädchen und Burschen in den Spinn- und Kartstuben nicht nur brav und sittsam Handarbeiten gemacht und Karten gespielt haben. Es war im Jahre 1783. Da hatte der Fürstbischof von Würzburg besonders aus den Rhöngegenden die Klage vernommen, dass die Spinnstuben eine "Hauptursache aller Ausschweifungen seien", woraufhin er sie verboten hatte. Erneuert wurde das Verbot von der königlichen Regierung im Jahre 1851. Spinnstuben verführen zur Unsittlichkeit , wurde damals argumentiert. "Wer nach sechs Uhr Abends des Spinnens halber in ein fremdes Haus geht, wird angezeigt und strenge bestraft werden, der nämlichen Strafe unterliegen jene, welche Spinnstuben halten", so die Anordnung im Jahre 1856. Doch auch in diesem Jahr kann vermeldet werden:  Von der Oberweißenbrunner Spinnstube ging am vergangenen Wochenende ganz sicher keine Gefahr für die Sittlichkeit aus.

 
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