
Nach starken Regenfällen hatten 18 bayerische Kreisverwaltungsbehörden Anfang Juni wegen Hochwassers den Katastrophenfall ausgerufen. Besonders betroffen waren die Bezirke Schwaben, Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz. Bis zu 85 000 Fluthelfer aus dem ganzen Bundesgebiet waren tagelang im Einsatz, vom Wasser eingeschlossene Menschen zu retten sowie deren Hab und Gut zu sichern. Auch Katastrophenschützer aus dem Landkreis Bad Kissingen – Mannschaften der freiwilligen Feuerwehren , der Wasserwacht , des Bayerischen Roten Kreuzes, des Technischen Hilfswerks und der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft – unterstützten die lokalen Rettungskräfte vor Ort. Als Zeichen der besonderen Würdigung ihres ehrenamtlichen Einsatzes stiftete der Freistaat Bayern die Fluthelfernadel 2024, deren Verleihung jetzt Staatssekretär Sandro Kirchner im Namen von Innenminister Joachim Herrmann gemeinsam mit Landrat Thomas Bold im Rahmen eines gemeinsamen Abendessens im Atemschutzzentrum Oberthulba vornahm.
Ein prägender Großeinsatz
Für Debora Wenzel (27) aus Frauenroth, die schon als Zwölfjährige bei der Feuerwehr Waldfenster war und seit ihrem Umzug nach Frauenroth vor drei Jahren Mitglied der Feuerwehr Stangenroth wurde, war ihr dreitägiger Katastrophendienst im südlich der Donau gelegenen Manching (Landkreis Pfaffenhofen) der erste Großeinsatz außerhalb der Heimat. Als Mitglied eines 16-köpfigen Teams war sie für die Versorgung eines Ölwehr-Kontingents von hundert Feuerwehrleuten aus ganz Unterfranken mit täglich drei Mahlzeiten zuständig. Die von zwei Feldköchen zubereiteten Speisen musste sie nicht nur in der Turnhalle verteilen, in der sie untergebracht waren, sondern auch mit dem Boot oder zu Fuß durch kniehohes Wasser direkt zu den Einsatzkräften bringen.
Der Anblick der gewaltigen Schäden, der Trümmer, Möbel und des Unrats vor den Häusern hat die 27-Jährige sehr bedrückt. Sie habe sich gut in die Gefühlslage der Bewohner hineinversetzen können. „Wir haben erst vor drei Jahren ein Haus gebaut. Man weiß ja nie, ob es irgendwann einem selbst passieren kann.“ Für sie war deshalb ihr Einsatz als Fluthelfer zwar selbstverständlich, aber dennoch besonders anerkennenswert: Vier Monate zuvor war sie Mutter eines Töchterchens geworden, das während ihrer drei Einsatztage nun von der Oma versorgt wurde. „Aber ich hatte dank meiner Baby-App auf dem Smartphone alles genau im Blick.“
Großer Dank an die Rettungskräfte
An die „unvorstellbaren, dramatischen Bilder“ im Hochwassergebiet erinnerte Staatssekretär Sandro Kirchner ( CSU ) in seinen Dankesworten. Es seien nicht nur Bewohner um ihr Hab und Gut gebracht worden, sondern manche hätten ihr Leben verloren. Ein Feuerwehrmann werde seit einem Bootsunfall immer noch vermisst. Als Staatsekretär für Katastrophenschutz sei er an einigen Einsatzorten gewesen. „Es hat mich stolz gemacht, dass auch Mannschaften aus meiner Heimat dort geholfen haben.“ Alle Rettungs- und Hilfskräfte vom Bayerischen Roten Kreuz bis zur Bundeswehr hätten „Außerordentliches für die Gesellschaft geleistet“. Deshalb habe es zum Dank nicht nur einen Empfang für 6000 Helfer auf Schloss Schleißheim bei München gegeben, sondern die Bayerische Fluthelfernadel 2024 sei als „äußeres Zeichen der besonderen Anerkennung“ gestiftet worden.

Ohne Ehrenamt geht es nicht
„Wir hoffen alle, dass wir bei uns keinen solchen Katastrophenfall bekommen“, meinte Landrat Thomas Bold ( CSU ). „Ohne Unterstützung in diesem Ausmaß wäre die Bewältigung der Hochwasserkatastrophe nicht möglich gewesen“, dankte er allen Ehrenamtlichen. Der Zivilschutz bekäme seit 1990 eine immer größere Bedeutung, weshalb die „Blaulichtfamilie“ ständig besser ausgestattet werde. „Aber letztlich geht es nicht ohne Ihren ehrenamtlichen Einsatz. Wir sind stolz auf Sie.“
Die Lage war kritischer als erwartet
Zur Evakuierung und Versorgung der Bewohner aus dem Hochwasser war Jan Wehler (21) aus Nüdlingen eingesetzt in Dinkelscherben bei Augsburg eingesetzt. Schon als Achtjähriger wurde er Mitglied bei der DLRG Bad Kissingen und vor drei Jahren hat er eine Spezialausbildung zum Strömungsschwimmer gemacht. „Diese Ausbildung wird immer wichtiger“, weiß er jetzt nach seinem ersten Katastrophen-Einsatz. „Wir fuhren ins Ungewisse. Niemand wusste, was auf uns zukommen würde. Was ich dann gesehen habe, war mit dem Hochwasser in unserem Landkreis nicht vergleichbar.“ Er habe mit dem Boot Menschen aus ihren Häusern geholt und später anderen geholfen, auch noch ihre Haustiere in Sicherheit zu bringen. „Eine Katze habe ich aus dem Wasser gerettet.“
Aufruf zum ehrenamtlichen Engagement
Besonders im Gedächtnis blieb dem jungen Helfer aber die Evakuierung einer alleinlebenden 85-jährigen Frau, die er mit Kameraden aus dem zweiten Obergeschoss tragen musste und später der Feuerwehr übergeben konnte, wo schon die Familie auf sie wartete. „Wir haben bei unserem Einsatz viel erlebt, aber auch tiefe Dankbarkeit erfahren.“ Für den DLRG-Rettungsschwimmer war sein ehrenamtlicher Einsatz selbstverständlich: „Ich liebe es, Menschen zu helfen.“ In Erinnerung an die dramatischen Eindrücke aus seinem Großeinsatz appelliert Wenzel deshalb an alle Jugendlichen, sich ehrenamtlich in den Dienst des Katastrophenschutzes zu stellen: „Jeder Mensch hat irgendwelche speziellen Fähigkeiten, die er im Rettungsdienst für andere einbringen kann.“

