
Ein hölzernes Mühlrad an der Dürrmühle unterhalb von Obereschenbach an der Bundesstraße 27 klappert schon seit 1927 nicht mehr. Beim Besuch von Müllermeister Waldemar Zellhan taucht man in eine ganz besondere Welt ein. Sie hat das Berufsleben des Ruheständlers geprägt. Zellhan gehörte zu den letzten 17 Kollegen, die 1967 an der Handwerkskammer Unterfranken die Meisterprüfung ablegten. Danach gab es dort für diesen Berufszweig keine Meisterkurse mehr.
Gerne erzählt er bei einem Besuch dieser Redaktion, wie seine Müllerfamilie mit der Zeit ging. 1927 ersetzte eine Wasserturbine das Mühlrad. Seit 1991 wird kein Mehl mehr gemahlen. Das Gefälle des Eschenbachs dient mit einem Generator von 7,5 PS immerhin zur Stromerzeugung.
Arbeitsplatz mit steilen Treppen
Lebendig wird die Geschichte, wenn Waldemar Zellhan Besucher aus seinem Wohnhaus mit in die Mühle nach nebenan mitnimmt. Dort zeugen Mahlsteine, Antriebsriemen, Übersetzungen, Transportschläuche, Trichter und Mehlsiebe weiter von seinem einstigen Wirken.
Tausendfach ist der Renter früher die steilen Stiegen zwischen den drei Stockwerken hinauf- und herabgestiegen, um die Anlage am Laufen zu halten. Der rüstige Rentner nimmt die schmalen Stufen weiter mit einem Elan, der sein Alter kaum vermuten lässt.
Mühle fast noch startklar
"Ich könnte mit dem Mahlen sofort wieder anfangen", verrät er mit einem Augenzwinkern. Nur ein paar über die Jahre wohl etwas spröde gewordene Transportschläuche müssten wohl erneuert werden, räumt der Jubilar selbstbewusst ein.
Tatsächlich wirkt alles blitzeblank. So, als ob erst gestern Abend Feierabend gewesen wäre. Tatsächlich hat Zellhan die Anlage nie aus den Augen verloren. Schließlich versteht er sich seit jeher als Botschafter seines traditionsreichen Handwerkes.
Diese Begeisterung zeigte er auch bei Führungen zu den legendären Mühlenfesten der Feuerwehr von 2001 bis 2017. Jeweils mehrere hundert Besucherinnen und Besucher bevölkerten dabei das Anwesen. Zu den Gästen am Eschenbach hatte auch der damalige Wirtschaftsminister und Berufskollege Michael Glos (Prichsenstadt) gehört, mit dem Zellhan den Meisterkurs absolviert hatte.
Pferdefuhrwerke mit schwerer Fracht
Wenn der Müllermeister ins Erzählen kommt, könnte man stundenlang zuhören. Allerdings schwindet dabei der verklärte Rückblick auf die "gute alte Zeit". Denn der Umgang mit dem weiß stäubenden Gold bedeutete harte Knochenarbeit. Dafür sorgten schon alleine die langen Transportwege für Getreide und Mehl. Denn der Mühle waren noch aus den Vorkriegsjahren Mahlkunden im Nachbarlandkreis Main-Spessart jenseits der Hainbuch von Höllrich bis nach Aschenroth zugeteilt.

Mit 14 Jahren hatte Zellhan 1948 im elterlichen Betrieb die Ausbildung zum Müllergesellen begonnen. Sein Vater Josef war Müller in dritter Generation, seine Mutter Tochter von Bürgermeister Gregor Löser. Nachdem zwei Geschwister früh gestorben waren, musste Waldemar Zellhan seinen Eltern allein zur Hand gehen.
Azubis schleppten schwere Säcke
Getreide und Mehl mussten mit vierspännigen Pferdefuhrwerken und bis zu 40 Zentnern Ladung den steilen Berg über die Hainbuche transportiert werden. "Teils sind die Pferde auf den Knien gerutscht", erinnert sich Zellhan an die Plackerei. Den Lehrbuben erging es nicht viel besser. "Teils ist das Blut aus der Nase gelaufen", schildert er den Kampf beim Hochwuchten der Mehlsäcke.
Erst langsam brachte der technische Fortschritt Erleichterung. 1952 gab es in dem Betrieb den ersten Schlepper und 1957 den ersten Hanomag-Lastwagen. Innerhalb der Mühle transportierten ab den 1960er Jahre Gebläse das Mehl zur Reinigung und Abfüllung auf den Dachboden.
Müllerfamilie hielt 40 Schweine
In dem eingespielten Betriebsablauf war die Müllerfamilie Fuhrunternehmer, Mehlhändler und Viehhalter zugleich. "Hammelburg hatte in den 1950er Jahren bis zu 18 Bäckereien", beschreibt Zellhan den florierenden Absatzmarkt. Weil die wenig betuchten Landwirte ihre Mahlaufträge mit Getreide bezahlten, gab es in der Dürrmühle 40 Schweinen, um den Erlös zu verfüttern.
Nachdem auch sein Vater früh gestorben war, übernahm Waldemar Zellhan die Mühle 1965 im Alter von 31 Jahren. Erst mit dem Siegeszug der Mähdrescher ab den 1960er Jahren und dem Aufkommen der auswärtigen Großmühlen wuchs die Konkurrenz.

Nach dem frühen Tod seiner Ehefrau 1991 übergab Zellhan, plötzlich auf sich alleine gestellt, die Mühle an seinen Sohn Benno, um sie in fünfter Generation zu sichern. Im Jahr 2000 starb auch Tochter Ingrid. Danach begann Waldemar Zellhan mit seiner neuen Lebensgefährtin Hannelore Metz ein neues Leben abseits landwirtschaftlicher Verpflichtungen.
Er wirkte im Männergesangsverein Stralsbach mit und reiste viel mit dem Trachtenverein. Nach dem Tod seiner Hannelore kehrte Zellhan zurück zu seinen Wurzeln.
Die anstrengenden Jahre in seiner Zunft will Zellhan nicht missen. "Müller ist ein stolzer Beruf", erinnert er sich an rauschende Bäcker- und Müllerfeste samt Tanzbällen und Festumzügen mit vielen Saaletaler Berufskollegen in seiner Kindheit.
Zum Geburtstag gratulieren auch Tochter Andrea und Sohn Benno, erinnert er sich an rauschende Müllerfeste samt Tanzbällen und Umzügen mit vielen Saaletaler Berufskollegen. Zum Geburtstag gratulieren Tochter Andrea und Sohn Benno.