
Elferräte, Prinzenpaare und weitere Karnevalisten aus 22 Vereinen Unterfrankens haben sich am Samstag in Nüdlingen getroffen, um gemeinsam eine Karnevalssitzung höchster Qualität auf die Beine zu stellen, und damit die närrische Zeit des Jahres angemessen zu begrüßen. Die Auftaktsitzung des unterfränkischen Regionalverbands der Föderation Europäischer Narren (FEN) feierte dabei die 30. Sitzung und die Närrinnen und Narren des Nüdlinger Carneval Clubs (NCC) unter Leitung von Ingo Kneup waren auserkoren diese Veranstaltung in der Schlossberghalle abzuhalten und ihr damit einen würdigen Rahmen zu verleihen. Natürlich haben sich die Nüdlinger hier nicht lumpen lassen und die Vereine des FEN haben sich mehr als nur Mühe gegeben mit ihren insgesamt 23 Programmpunkten diesem Rahmen und auch dem Jubiläum gerecht zu werden. Nach einer kurzen Begrüßungsrede des Präsidenten des Regionalverbands Heiko Förster aus Frankenwinheim folgten in insgesamt fünfeinhalb Stunden Programm, für das Förster augenzwinkernd ein Ziel ausgab: Zum Ende des Programms sollten möglicherweise anwesende Faschingsmuffel bekehrt werden.
Den Anfang bildeten die Gardetänzerinnen des NCC, die mit ihrer Darbietung den großen Reigen der Narren begannen, wenn auch in verkleinerter Form: eine der Tänzerinnen hatte sich nämlich am Vorabend bei der Generalprobe verletzt. Ihre Kolleginnen allerdings ließen sich nichts anmerken, definitiv ein Beweis des Könnens des gesamten Teams. Die erste komödiantische Einlage brachte Lehrer Lämpl, alias Michael von Prümmer aus Oberthulba. Trotz Beteuerungen, dass ihn "Politik heute kalt" ließe, gab er einen großen Überblick über die politischen Geschehnisse des Jahres, und zeigte klare Kante bei Themen von Donald Trump über Recep Tayyip Erdogan, den FC Bayern bis hin zu Björn Höcke und die AfD.
Die siebenjährige Mila Hauke aus Albertshausen wirbelte im Anschluss über die Bühne und zeigte ihr schon jetzt gewaltiges Können. Dem Tanz folgte Rainer Breunig aus Augstadt, der sich mit den Tücken der modernen Technik auseinandersetzte. Vom verwirrenden Kauf eines Flachbildfernsehers bis hin zu wundersamen Abenteuern auf digitalisierten Toiletten. Das war definitiv ein großer Erfolg beim Publikum. Wieder bei einer Tanzeinlage angekommen wurde den begeisterten Zuschauern ein Auszug aus dem Musical Sister Act geboten, besser gesagt: eine Kurzversion des Welterfolgs, inklusive Besuch des Papstes - oder zumindest eines Doubles. Nach so göttlichem Beistand blieb die Halle in Frauenhand, denn die Jammersinger aus Schwebheim hatten sich in feinste Leopardenleggins gehüllt, um auf die Pirsch nach einem Mann zu gehen. Als Opfer hierbei hatten sie FEN-Bundesvorstand Egon Schmid auserkoren. Und wenn es mit den Männern nicht klappt, dann muss Freund Alkohol herhalten, um besungen zu werden, so hieß es bald "Schuld war nur der Jacky Cola" oder "Der Grappa wird's schon richten", eine Einstellung die beim Publikum mehr als gut ankam. Danach gaben sich die "Blauen Dragoner" die Ehre und führten klassischen, mitreißenden Gardetanz auf. Das Tanzpaar des Faschingsclub Selbsthilfe Ebenhausen wussten mit ihren beeindruckenden Hebefiguren das Publikum zu fesseln.
Heinz-Ernst Schmittke, eine Kunstfigur von Jürgen Häfner der Spaßgruppe Oberthulba eroberte die Bühne, um mit frechen, gewagten Pointen und einem Hauch Absurdität den menschlichen Hang zur Schadenfreude zu stimulieren. Als letzter Beitrag vor der Pause zeigte die Oberthulbaer Fasenachtsgemeinde einen Marschtanz.
Nach solchen Glanzleistungen war die Stimmung im Saal ausgelassen, und trotz des dicht gepackten Programms blieben die Zuschauer begeisterungsfähig, was allerdings beim komödiantischen Tanzpaar aus "Rafld" kein Wunder war: mit ihrem reichlich untypischen Ballett zu Musik von Aschenbrödel hatten sie den Saal nach der Pause schnell unter Kontrolle und machten Lust auf mehr, was "der perfekte Schwiegersohn" mit seiner Stand-Up-Nummer übernehmen sollte. Seinen Rollennamen ironisch verstehend, überspitzte er sexistische Klischees und genoss das Spiel mit vorgetäuschtem Chauvinismus, sowie frecher Interaktion mit dem Publikum.
Die Senk- und Spreizhopser aus Albertshofen stellten als ölverschmierte Arbeiter verkleidet unter Beweis, dass es für eindrucksvolle Akrobatik manchmal nur Leitern aus dem Baumarkt braucht, eine Nummer die mit Recht für Standing Ovations sorgte, ebenso wie ihre Nachfolger: Klaus Bollwein und Birgit Schreiber, alias Hermann und Mathilde. Das streitende Ehepärchen erzählte auf der Bühne von seinem Ausflug ins ferne Hamburg. Mit einer Mimik, die Jim Carrey neidisch gemacht hätte, beschrieben sie äußerst charmant ihre Erlebnisse zwischen Dollhouse, Reeperbahn und Herbertstraße, und hatten dabei auch noch Mitbringsel in Form eines belebenden Pulvers dabei.
Weiter ging es mit den Frankensternen von Rot-Weiß-Frankenwinheim und einem Sketch von den Augstädtern, der komödiantisch illustrierte, wie viel Übung auch kleinste Theaterparts brauchen, speziell wenn es gilt, auf der Bühne imaginäre Hirsche zu erlegen. Wie viel Übung die Tanzvorführung der "Pechvögel" aus Waigolshausen gebraucht haben muss, lässt sich nur grob erahnen, speziell mit dem gut getimten Pech, das die Vögel erleiden müssen: Stürze und spontane Mauser sind zu Musik wahrlich nicht ohne.
Der letzte Comedybeitrag des Abends kam vom "Kümmerle", alias Otmar Schraud aus Binsfeld. Das Kümmerle betätigte sich hier als chaotischer Bademeister, der von seinen bizarren und seltsamen Erlebnissen von der Arbeit, die sich auch schon mal um die Region unterhalb der Gürtellinie drehten. Am Ende des Abends standen Legionärinnen, Legionäre und Caesar selbst vor einem römischen Tempel versammelt, um beim "Kampf der Titanen" das Publikum noch ein letztes mal mit präzisen und schönen Tanzformationen sowie Ehrfurcht gebietenden Hebefiguren mitzureißen, um so ihrem Verein, dem Blauweiß Elfershausen, quasi ganz im Stil der Römer zur Ehre zu gereichen.
Nach fünfeinhalb Stunden endet ein volles Programm, das allerdings zu keinem Zeitpunkt langweilte oder gar ermüdete. Ganz im Gegenteil. Die Stimmung im Saal war am Kochen, und FEN-Bundesvorstand Egon Schmid hat absolut Recht wenn er sagt: "Sie mögen zwar Amateure sein, aber man merkt das Herzblut wie bei den Profis!".
Wer mehr Fasching will: für die Prunksitzungen des NCC am 16. und 23. Februar in Nüdlingen gibt es noch Karten im Vorverkauf.