„Rettung eines Notfallpatienten mit der Drehleiter vom Dach am Rhönklinikum“ lautete der Auftrag für die Freiwillige Feuerwehr Bad Neustadt, dem BRK Rettungsdienst , dem Technischen Hilfswerk ( THW ) Mellrichstadt und der Polizei Bad Neustadt am Samstagmorgen.
Neue Ausrüstung wurde vorgestellt
Kein Ernstfall, aber eine Praxisdemonstration im Rahmen des 16. Notfallmedizinischen Forums, das mit 600 Teilnehmern zu einem der größten Fortbildungsveranstaltungen seiner Art in Deutschland zählt. Vorgestellt wurde dabei die neue Fahrtrage des Rettungsdienstes, die sogenannte power Loud.
Da dieses System nicht mehr wie bisher auf den Korb der Drehleiter zur Personenrettung aus großen Höhen aufgesetzt werden kann, muss nun eine Korbtrage unterhalb des Leiterparks angehängt werden.
Entsprechend gesichert und durch weitere Seile fixiert, konnte der Patient dann vom Dach zum Rettungsdienst gebracht werden, erläuterte Moderator Uwe Kippnich (BRK), der nunmehr zum sechzehnten Mal gemeinsam mit dem Chefarzt Privatdozent Dr. med. Michael Dinkel das Notfallmedizinische Forum organisierte.
Die Praxisdemonstration wurde in bewährter Art und Weise von Professor Peter Sefrin, Kreisbrandmeister Christian Stubenrauch der Bad Neustädter Feuerwehr, Christian Klein vom THW aus Mellrichstadt und Polizeihauptkommissar Gerd Jahrsdörfer von der Polizeiinspektion Bad Neustadt kommentiert.
Reanimation an einer Übungspuppe
Wie im richtigen Einsatz erfuhren die Einsatzkräfte erst vor Ort, welche Aufgabe genau auf sie zukommen. So war nach einer kurzen Lagebesprechung zwischen dem Einsatzleiter Rettungsdienst Christian Holzheimer und Markus Schneyer, Kommandant der Bad Neustädter Wehr, der die Position des Zugführers übernommen hatte, das Vorgehen schnell abgestimmt.
Während Notfallsanitäter und Notarzt auf das Dach zum „ Notfallpatienten “ eilten und dort mit der Reanimation einer Übungspuppe begannen, richteten die Wehrleute mit der neuen „Knick-Drehleiter“ alles für die Höhenrettung her. Die Korbtrage wurde an die Drehleiter angehängt und dann in Richtung Dach gebracht. Wichtig ist dabei die Sicherheit des Patienten, auf die zu allererste geachtet werden sollte, erklärte Professor Peter Sefrin.
Versorgung ohne Unterbrechung
Dort hatte das Rettungsteam zur Unterstützung mittlerweile das automatische Herz-Lungen-Wiederbelebung- Unterstützungssystem „Lucas“ eingesetzt, sodass der Patient auch auf dem Transport nach unten weiterhin die mechanische Herzdruckmassage bekam.
Der Vorteil für den Patienten: „Er erhält vom Ort seines Auffindens bis hin zur Übergabe im Schockraum des Campus eine durchgehend qualitativ gleichbleibende Reanimation, ohne Unterbrechung. So eben beim Transport per Korbtrage und Drehleiter vom Dach zum Rettungsdienst am Boden.
Ein System, über das der BRK Kreisverband bereits seit einigen Jahren verfügt“, sagt Einsatzleiter Christian Holzheimer.
Beste Neuerung seit 25 Jahren
Er verweist dabei auch auf die neue power Loud, über die der neue Rettungswagen des BRK Rhön-Grabfeld verfügt. Mussten die Rettungskräfte früher, oftmals, mit viel Kraftaufwand die Trage mit dem Patienten auf mit Muskelkraft hochheben, so ist das nun nicht mehr erforderlich.
Per Knopfdruck wird die Trage automatisch der jeweiligen Höhe angepasst, in der der Patient liegt. Das Umlagern ist damit viel einfacher und vor allem auch rückenschonender geworden.
„Für mich ist es die größte und beste Neuerung in den letzten 25 Jahren Rettungsdienst ,“ fügt der Notfallsanitäter an.
Das gelte auch für die gesamte neue Trage. Zur Übung mit dem Rettungsdienst erklärte Christian Stubenrauch, der die Veranstaltung von der Seite der Feuerwehr moderierte und professionell die Übung geplant hatte, dass diese Rettung natürlich auch für Einsätze gilt, bei der der Patient in einer Tiefe liegt.
Zu viele Bagatelleinsätze?
Im Zusammenhang mit der gezeigten Rettung eines Patienten aus großer Höhe verwies Chefarzt Privatdozent Dr. Michael Dinkel auf die Notfallversorgung, die aktuell am Limit ist. Der Grund sind sogenannte Bagatelleinsätze, die sich in den letzten zehn Jahren bei mehr als 40 Prozent einpendelten.
Das nächste Problem sei, dass oftmals Notarztstandorte nicht mehr besetzt sind und in den Kliniken das Pflegepersonal fehlt. Das bedeute, dass es hier oftmals zu einem Aufnahmestopp kommt. „Das wiederum führt dazu, dass Patienten zum Teil über 200 Kilometer in andere Kliniken zur Versorgung verlegt werden müssen.
Dringender Handlungsbedarf besteht auch bei den Hilfsfristen, die immer öfter nicht mehr eingehalten werden können.
Lösungen über Landkreisgrenzen hinweg nötig
Lösungsansätze wären nach Meinung Dinkels nicht mehr kleinflächig, sondern über Landkreisgrenzen hinweg denkbar. Es gelte, die Versorgung zu strukturieren.
„Es kann nicht sein, dass nur erlösträchtige Fälle sich rentieren und für den Notfallpatienten kein Intensivbett vorhanden ist“.
Ganz wichtig sei es aber, die Bevölkerung zu sensibilisieren, was den Rettungsdienst betrifft. Michael Dinkel weiß aus eigener Erfahrung als Notarzt , dass das BRK gerufen wird, wenn eigentlich nur Medikamente richtig eingenommen oder ein Pflaster geklebt werden muss.
Deshalb sei eine neue zentrale Notrufnummer erforderlich, die die die 116117 ersetzt, da hier enorme Wartezeiten am Telefon üblich sind. Das führe dann dazu, dass wegen Bagatellfällen die Bürger den Notruf 112 wählen und dann der Notarzt alarmiert wird. Hier sei die Politik gefragt, vor allem was ein neues Vergütungssystem betrifft. Eine Situation, die sich über Jahre immer weiter verschärfte.
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