
Wenn der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Helfer für seine alljährliche Herbstsammlung sucht, stehen Hermann Desch und Peter Schneider selbstverständlich bereit. Das ist für die Vorstandsmitglieder der Krieger- und Soldatenkameradschaft (KSK) Untererthal, einen der wichtigsten Vereine im Hammelburger Stadtteil, Ehrensache. Sie und zwei weitere "Veteranen" bitten nicht vergeblich um Spenden. Rund 700 Euro sollten es auch in diesem Jahr wieder sein, hoffen die beiden. Desch: "Damit können wir sehr zufrieden sein. Die Untererthaler sind großzügig."
Die KSK-ler gehen aber nicht von Haustür zu Haustür. Desch und Schneider postieren sich seit fünf Jahren immer an Allerheiligen, 1. November, pünktlich zum Friedhofsgang am dortigen Kriegerdenkmal. Zwei andere Sammler sind am Vormittag nach dem Gottesdienst im Einsatz. Mit dieser zeitsparenden Arbeitsteilung haben sie gute Erfahrungen gemacht. Zumal es immer schwieriger werde, freiwillige Helfer zu finden. Sie stellen sich in den Dienst der guten Sache, weil die Opfer der Kriege würdige Ruhestätten haben sollen. Ihre Schicksale sollten außerdem immer wieder in Erinnerung gerufen werden, sagte Desch.
Auch ein Friedensauftrag
Das sieht auch Bayerns Landesvorsitzender Wilhelm Wenning (Fürth) so. Der Volksbund kümmere sich nicht nur um die Gräber, er habe auch einen Friedensauftrag und leiste eine Menge in Sachen Jugendbildung. Er sei deshalb auch längst kein "Auslaufmodell". Noch gebe es viele familiäre Bindungen insbesondere an die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges, wenn sich auch die Vergangenheit im Laufe der Jahre "immer mehr verdunkelt". Für viele Hinterbliebene, so Wenning, sei es wichtig, einen Ort der Trauer zu haben. Und diese Orte - nicht nur in Frankreich oder Russland - müssen gepflegt und behütet werden.
In Sandanski, einer kleinen Stadt in Bulgarien, macht das hervorragend Ljudmilla "Lussy" Karaiwanowa. Die einstige Lehrerin kam als Angestellte im Rathaus mit dem Volksbund in Kontakt, als der seine Arbeit in dem Balkanland aufgenommen hat. Das war vor 20 Jahren. Ljudmilla Karaiwanowa hat damals alles organisiert: "Es war viel zu tun." Seither ist sie mit Leib und Seele dabei. Denn es handele sich auch um eine Friedensbewegung, sagte die 64-Jährige. Dazu gehörten auch der kulturelle Austausch und gemeinsame Abende mit deutschen Besuchern. So hätten Berufsschüler aus Baden-Württemberg mehrere Tage im Gebirge verbracht, um den Friedenspfad zu gehen. Außerdem wurde ein Weg durch dichten Wald zu einem Grab von vier deutschen Luftwaffensoldaten hergerichtet.
Macht mehr als sie müsste
Ljudmilla Karaiwanowa macht mehr, als sie eigentlich müsste. Die von ihr betreuten Anlagen befinden sich in einem sehr guten Zustand. Denn "ich freue mich auf die Aufgabe und könnte mir nicht vorstellen, damit aufzuhören". Das weiß der Volksbund. Landesvorsitzender Wenning überreichte der überraschten Mitarbeiterin eine silberne Ehrennadel der Organisation. Die so Gewürdigte strahlte über das ganze Gesicht: "Eine solche Auszeichnung hat sonst niemand", jubelte sie. Auch wenn das Salär von "Lussy" vermutlich eher überschaubar ist, ihre Arbeit und die vieler anderer muss finanziert werden. Die jährliche Sammlung ist nach Angaben von Landesgeschäftsführer Jörg Raab dazu "von elementarer Bedeutung". Denn der deutsche Staat übernehme - anders als die USA, Frankreich oder England - nur einen relativ kleinen Teil der Ausgaben. Die Herbstaktion sei aber auch eine wichtige Möglichkeit mit dem Bürger in einen Dialog zu treten.
Info: 832 Gedenkstätten in 32 Ländern
Zwingend auf Spenden ist der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge angewiesen. Rund zwei Millionen Euro soll auch in diesem Jahr die Herbstsammlung alleine in Bayern erbringen. Sie dauert bis Sonntag, 4. November. Zwei Euro gibt jeder Bürger bei der alljährlichen Sammlung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Durchschnitt. Diese Einnahmen plus andere Spenden finanzierten rund 70 Prozent der vorgesehenen Ausgaben. Viel Arbeit wartet auch heute noch auf den Volksbund. Der gemeinnützige Verein betreut nach eigenen Angaben 832 Soldatenfriedhöfe in 32 Ländern. Fast 800 000 Tote seien bislang auf 82 Kriegsgräberstätten umgebettet worden. Vor allem in Osteuropa gibt es viel zu tun. Gegründet wurde der Volksbund 1919. Er hat seinen Sitz in Kassel und ist ein gemeinnütziger Verein. Präsident ist der frühere General Wolfgang Schneiderhan. Die Organisation hat bundesweit 400 000 aktive Förderer, 560 haupt- und mehr als 9000 ehrenamtliche Mitarbeiter. In jedem Bundesland gibt es einen Landesverband. Der bayerische gliedert sich in acht Bezirks-, 80 Kreis- und 2208 Ortsverbände mit 2700 Ehrenamtlichen und 83 000 Mitgliedern. An der Spitze steht seit gut einem Jahr der frühere Regierungspräsident von Oberfranken, Wilhelm Wenning. Er war unter anderem Oberbürgermeister seiner Heimatstadt Fürth und eine Periode lang für die CSU Landtagsabgeordneter. Im Landkreis Bad Kissingen existieren fünf Kriegsgräberstätten. Weitere Informationen unter www.volksbund.de .