Warum vor Jahrhunderten die Talkirche am Rannunger Weg gebaut wurde, weiß schon sehr lange niemand mehr. Doch es gibt eine Sage dazu: Zwei Rannunger Bauern waren mit hoch beladenen Fuhrwerken von der Erntearbeit auf dem Weg zurück nach Hause. Im Tal wurden sie von heftigem Regen überrascht. Das Wasser staute sich dort so hoch an, dass sie im Morast stecken blieben und mitsamt den Zugtieren in eine äußerst gefährliche Lage gerieten. Deshalb leisteten sie das Gelübde, der Muttergottes im Tal eine Kapelle zu bauen, wenn sie mit Tieren und Fuhrwerk unversehrt nach Hause zurückkämen.
Diese Sage steht in dem Buch "Sagen und Geschichten aus Maßbach und Umgebung." Gabriele Sebald die Vorsitzende des Maßbacher Heimatvereins, las im Seniorenzentrum St. Elisabeth daraus vor. "Wir wollen Kulturgut erhalten. Dazu zählen auch Geschichten, Sagen und alte Dokumente" umriss Gabriele Sebald, die früher Rektorin der Grundschule in Poppenlauer war, die Aufgaben des Heimatvereins Maßbach. Deshalb hat der Verein 1995 dieses Buch herausgegeben.
Vor zwei Jahren erschien eine zweite, erweiterte Auflage. Vor allem Klaus Hart aus Weichtungen hat die mündlich überlieferten Geschichten und Sagen gesammelt und aufgeschrieben. Die originellen Illustrationen stammen von Milli Genth, der Tochter von Gabriele Sebald. "Ich habe vor allem organisiert" umreißt sie ihren eigenen Beitrag.
Das Interesse an dem Buch ist offenbar groß. Exemplare wurden auch schon nach Texas und sogar Alaska verschickt. "Sagen erzählen, was früher war. Sie wurden mündlich überliefert, es wurde mal was weggelassen, mal was hinzugefügt und die Schwerpunkte geändert" , erklärte Gabriele Sebald den Seniorinnen und Senioren, die interessiert zuhörten. Es gibt dämonische Sagen, in denen übernatürliche Wesen vorkommen , die böse Menschen bestrafen und gute Menschen belohnen. In historischen Sagen werden nicht politische Ereignisse, sondern Einzelschicksale geschildert. Erklärungs-Sagen schildern zum Beispiel, woher Flurnamen wie "der blaue Storch" kommen.
Viele Sagen sind makaber und blutrünstig, nichts für zarte Gemüter. So prahlte ein Thundorfer Metzgermeister, der zu einer Hausschlachtung auf den Ransbachhof (Weichtungen) gerufen worden war, nach viel "Hochprozentigem", er fürchte sich vor nichts und niemand, auch nicht bei Sturm und Dunkelheit. Ein Knecht des Hofes wollte ihn das Fürchten lehren. Er schlüpfte in eine Kuhhaut und baute sich am Weg zwischen Weichtungen und Maßbach auf. Als der Metzgermeister kam, brach er aus dem Gehölz. Doch der Metzger erschrak nur kurz, zog seine Fleischeraxt aus dem Gürtel und erschlug damit das vermeintliche Untier. Von dem Marterstock, der hier aufgerichtet wurde, ist heute nichts mehr zu sehen.
Eher zum Schmunzeln regt dagegen die Sage "die Glocke von Maßbach" an, die Gabriele Sebald vortrug. Während der Schwedenkriege holten in Maßbach Soldaten eine Glocke vom Kirchturm und nahmen sie mit. Eines Tages, sehr viel später, wühlte bei Stadtlauringen eine Sau eine Glocke aus dem Erdreich. Pfarrherr und Pfarrgemeinde von Stadtlauringen freuten sich über den Fund allerdings nicht lange. Die Glocke wurde in den Kirchturm gehängt, gab aber keinen Ton von sich, obwohl sie nicht beschädigt war. Ein Fremder gab den weisen Rat, die Glocke einem Esel aufzuladen und das Tier laufen zu lassen. Es steuerte sofort Maßbach an. Dort wurde sie in den Turm gehoben und sofort schallte ihr heller Klang über das ganze Dorf, sie gehörte also nach Maßbach. Zum Dank bekam Stadtlauringen ein Stück Wald geschenkt. Diese nette Geschichte stammt aus dem 1861 erschienen Buch "Geschichte des Centgerichts und der Pfarrei Maßbach" des damaligen Pfarrers Kretzer. Dieser wusste auch "wer aufmerksam lauscht, kann noch heute die Glocke tönen hören ‚eine Sau hat mich ausgewühlt, ein Esel hat mich heimgeführt...‘"
Lügen haben kurze Beine, das ist die Lehre, die der Leser aus der Sage "der Diebsfleck" ziehen kann. Diese Feldabteilung gehörte einst zu Rannungen, aber auch die Poppenläurer beanspruchten sie als ihr Eigentum. Der angerufene Richter fand keine Zeugen, der Schultheiß von Poppenlauer war bereit, vor Ort einen Eid zu leisten. Er streute sich Erde aus seiner eigenen Flur in die Schuhe und bedeckte seinen Kopf mit einem Schöpfer (Schöpflöffel) und einem Hut. So ausgerüstet, schwor er "so wahr der Schöpfer über mir ist und so wahr ich hier auf Poppenläurer Erde stehe, gehört die Flur zu unserer Markung!" Der Richter entschied für ihn. Er eilte gleich zum neu gewonnen Feld, stolperte über einen Grenzstein, brach sich ein Bein und starb kurze Zeit später. Noch heute muss der Mann als Strafe für sein Verbrechen als "Feuermann" umgehen. Das Buch "Sagen und Geschichten aus Maßbach und Umgebung" enthält nicht nur Sagen, sondern auch lesenswerte heimatgeschichtliche Beiträge. In Münnerstadt ist es erhältlich im "Tintenfässchen" und im Museum im Schloss. Im Markt Maßbach wird es in den Lotto-Annahmestellen in Maßbach und Poppenlauer und im Rewe-Markt in Maßbach verkauft.