Bereits in der jüngsten Sitzung des Bad Kissinger Stadtrats hatte Holger Richterstetter, Abteilungsleiter im staatlichen Bauamt (Schweinfurt), Pläne und Modell des ab September zu errichtenden Ersatzbaues für das altersschwache Gradierwerk aus dem Jahr 1993/1994 an der Unteren Saline vorgestellt.
Sanierungsarbeiten aufwendiger als Neubau
Während des 30-jährigen Betriebs waren die verzinkten und beschichteten Stahlverbindungen des Nordflügels durch den hohen Chloridgehalt der Sole stark beschädigt worden, so dass die Standsicherheit auf weite Sicht nicht mehr gewährleistet werden kann.
Die zunächst angedachten Sanierungsmaßnahmen wären allerdings aufwendiger als ein Neubau, weshalb sich der Freistaat Bayern als Eigentümer für einen nun auch vom Stadtrat einvernehmlich beschlossenen Ersatzbau entschieden hatte.
Auf die von vielen Kissingern erhoffte Verlängerung durch einen zusätzlichen Neubau des bis 1993 bestehenden Südflügels, dessen Fundamentteile noch heute sichtbar sind, wird allerdings verzichtet.
Baumaßnahmen beginnen im September
Am Donnerstag präsentierten Oberbürgermeister Dirk Vogel ( SPD ), Baudirektor Otmar Gerhard (Bereichsleiter Hochbau im staatlichen Bauamt) und Abteilungsleiter Holger Richterstetter die Pläne noch einmal öffentlich vor Ort den Lokalmedien.
Dies war dem Oberbürgermeister „angesichts der historischen Bedeutung des Gradierwerks für den Welterbe-Standort“ besonders wichtig, zumal die Baumaßnahmen schon im September mit dem Abriss beginnen wird.
Das Gelände wird also für die kommenden eineinhalb Jahre abgesperrt sein. Der baldige Baubeginn ist deshalb notwendig, um nur eine Saison pausieren zu müssen und den Neubau in der Saison 2026 in Betrieb nehmen zu können.
Eine Herausforderung
„Der Gradierbau ist eine Herausforderung für uns“, betonte Baudirektor Gerhard. Es sei eine „große Sache“, das neue „Freiluftinhallatorium“ als Teil des Welterbes einerseits durch völligen Verzicht auf Stahl und Edelstahl nach alter Handwerkskunst zu errichten, andererseits aber mit den Erfordernissen heutiger Zeit wie der Barrierefreiheit zu kombinieren. So soll, am Nordende beginnend, eine Rampe um den Gradierbau herum südlich zum Haupteingang in den Wasserturm führen.

Während der noch gut erhaltene Turm erhalten bleibt, wird der Neubau des Nordflügels um ein Geschoss niedriger ausfallen, um aus statischen Gründen künftigen Stürmen keine unnötig große Widerstandsfläche zu bieten.
Grund für den Abriss des historischen Gradierwerks im Jahr 1993 waren nämlich vor allem die durch den Orkan „Wiebke“ verursachten Schäden. Diese Entscheidung, vor allem aber die historische hölzerne Bauweise ohne Verwendung von Edelstahl wird nach Meinung der Fachleute dem Neubau eine doppelt so lange Lebensdauer ermöglichen.
Belebung des Gradierbaus und des Umfelds
Über einige Neuerungen zur Belebung des Gradierbaus und seines Umfelds informierte der für die Baumaßnahme verantwortliche Abteilungsleiter Richterstetter. So soll der bisher für Besucher geschlossene Wasserturm , in dem sich der Haupteingang zum Gradierbau befindet und aus dessen viertem Obergeschoss das Solewasser über die im Nordflügel verbauten Schwarzdornbündel geleitet wird, künftig zumindest im ersten Obergeschoss geöffnet werden: Auf dessen Fläche, wo bisher nur weitere Schwarzdornbündel zum Austausch lagern, ist künftig eine Ausstellung über die historische Aufgabe und aktuelle Funktion des Gradierwerks geplant.
Überhaupt soll sich der Neubau auch in seiner äußeren Struktur offen zeigen: Entgegen dem jetzigen Bau, in dem das nördliche Ende des Flügels verdeckt ist, sollen beim Neubau die Besucher hineinblicken können, um die Funktionsweise des Gradierwerks besser erkennen zu können.
Für die intensivere Nutzung als Freiluftinhallatorium ist, wie auf historischen Ansichten erkennbar, wieder ein umlaufender Balkon als „Rückzugsebene“ geplant, auf dem Sitz- und Liegemöbel zum Verweilen einladen sollen.

Besucherfreundliche Gestaltung
Generell soll nach den Plänen des staatlichen Hochbauamts nicht nur das Gradierwerk selbst neu erstehen, sondern auch dessen direktes Umfeld, wo weitere Ruheplätze für Besucher eingeplant sind, völlig neu und besucherorientiert gestaltet werden: So wird der Radweg, der heute noch in weitem Abstand das Gradierwerk unberücksichtigt lässt, in Zukunft, ohne den Fußgängerverkehr zu stören, um den Gradierbau herum- und direkt am Haupteingang am Turm vorbeiführen, wo Fahrradstellplätze eingerichtet werden, um Radlern eine Frischluftpause zu ermöglichen. Auf der dortigen Grünfläche sollen auch Schwarzdornbüsche angepflanzt sehen, um das im Gradierwerk verwendete Material im Originalzustand zeigen zu können.
Budget von drei Millionen Euro
Nach erster Kostenschätzung wurde seitens des Freistaats für die gesamte Baumaßnahme ein Budget von knapp drei Millionen Euro festgelegt. Die genauen Kosten können erst errechnet werden, wenn die Fachleute nach Abriss des Altbaus wissen, ob das vorhandene Fundament auch für den Neubau genutzt werden kann. Doch geht Baudirektor Gerhard davon aus, dass die drei Millionen in jedem Fall für das neue Gradierwerk ausreichen sollten.
