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Bad Kissingen
Nette Abendunterhaltung
"Passo Avanti" boten Jazz und Klassik.
Ein singender Cellist (Eugen Bazijan), ein Klarinettist am Mikro (Alexander von Hagke), ein sinnender Gitarrist (Alex Jung) und ein im Hintergrund träumender Geiger (Sergey Didorenko) leiten das Publikum zum Mitsingen an bei Johann Pachelbels berühmtem Kanon. Foto: Ahnert       -  Ein singender Cellist (Eugen Bazijan), ein Klarinettist am Mikro (Alexander von Hagke), ein sinnender Gitarrist (Alex Jung) und ein im Hintergrund träumender Geiger (Sergey Didorenko) leiten das Publikum zum Mitsingen an bei Johann Pachelbels berühmtem Kanon. Foto: Ahnert
| Ein singender Cellist (Eugen Bazijan), ein Klarinettist am Mikro (Alexander von Hagke), ein sinnender Gitarrist (Alex Jung) und ein im Hintergrund träumender Geiger (Sergey Didorenko) leiten das Publikum zum ...
Gerhild Ahnert
 |  aktualisiert: 20.08.2022 05:25 Uhr
Es war Jacques Loussier, der in den 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts Bach zum Swingen brachte. Die vier Herren des 2011 gegründeten Quartetts "Passo Avanti" wählen einen etwas anderen Weg bei ihren Crossover-Interpretationen klassischer Hits von Bach bis Brahms und Johann Strauss.
Sie lassen durchweg der klassischen Komposition den Vortritt; die beiden Streicher Sergey Didorenko (Geige) und Eugen Bazijan (Cello) und der Klarinettist Alexander von Hagke (Klarinette, Bassklarinette, Querflöte, Piccoloflöte) beginnen mit Unterstützung der E-Gitarre (Alex Jung) stets mit zum Teil sehr feinfühlig und ausgewogen interpretierten Hits des klassischen Repertoires, das die Streicher an Hochschulen in Moskau und München auch studiert haben. Von Hagke führte das Publikum auch mit einigem Wissenwerten oder Spaßigen zu Kompositionen oder Kompositeuren durch das Programm.


Lockere Entertainer

Er erläuterte, dass sie mit manchen Kompositionen "respektvoller" umgehen müssten wie etwa mit Bachs "Badinerie" aus der h-Moll-Suite, die er auf der Querflöte mal kurz in den Swing entführte, bevor er zu Bach zurückkehrte.
Bei der "Tritsch-Tratsch-Polka" von Johann Strauss Sohn gingen sie nach einer sehr witzig gespielten Interpretation des Originals für ihre vier Instrumente sehr schnell in den Jazz über, indem das Cello als Percussioninstrument hergenommen wurde, der Geiger fröhlich synkopierte und in die Jazzchromatik driftete.
Auch beim "entmilitarisierten" Radetzkymarsch, den sie als Samba "in wärmere Gefilde" verlegten, zeigten sich vor allem die Streicher als mitreißende Entertainer, temperamentvoll, spielten locker und insgesamt recht virtuos auf.
Ihre gut gelaunten Einwürfe zur im Hummelflugmodus spielenden Klarinette in Verdis "Caro nome" machten Spaß und hier gab es endlich auch ein recht ansprechendes Solo vom Gitarristen, dessen halliger Klang mit Ausnahme der kurzen bluesigen Passage in "La donna è mobile" nicht immer so richtig passte zu den klar gestimmten klassischen Instrumenten. Diese zeigten in ihrem eindrucksvoll romantisch getragen gespielten Intro zu Brahms' "Waldesnacht" oder dem sensiblen Beginn durch Streicher und Klarinette bei Bachs "Musette" ihre Versiertheit in klassischen Dingen, bewiesen aber hier auch, dass Geige und Cello nach dem Übergang zum Jazzteil einen wirklich mitreißenden Rhythmus zupfen konnten, während der Gitarrist, nachdem die Harmonie aufgelöst war, sich in eher poppige als jazzige Gefilde begab.


Ein Part für das Publikum

Zur "Musette" hatten die Musiker das dichteste Arrangement des Abends mitgebracht, in dessen Mittelpunkt die nun sehr viel freier als am Anfang aufspielende Klarinette stand. In Alexander von Hagkes Eigenkomposition über seine Urlaubsgegend Skåne (Schonen in Südschweden) ging die Melodiesequenz aus der Bassklarinette durch alle Instrumente, der harmonische Unterbau erfolgte mit recht einfachen Mitteln.
Das Publikum freute sich darüber, dass es bei Pachelbels "Kanon" zwei Stimmen zugeteilt bekam und so (erstaunlich gut) mitsingen konnte, während die vier Instrumentalisten über diesem Cantus firmus improvisierten.
Die Zugabe, die sich das Publikum erklatschte, Passo Avantis "brasilianische" Version von Frédéric Chopins Prèlude in e-Moll, wurde zu einem sensibel interpretierten Tango à la Piazzolla, in dem das Cello mit viel Hingabe improvisierte.


Beim Jazz hapert es noch

Trotz vieler solcher schöner Stellen wurde man aber den Eindruck nicht los, dass das Ensemble den ein Publikum wirklich mitreißenden Übergang von der Klassik zum Jazz erst noch sucht. Sie überzeugen eher in den klassischen Parts. Trotz der Jazzsynkopen, der manchmal auch recht mühsamen Übergänge zu Chromatik und Free-Jazz-Disharmonien fehlte das, was richtig mitreißenden Jazz ausmacht, die Behandlung des musikalischen Materials von vier gleichwertigen, gleichermaßen swingenden und groovenden Spielern, die im freien, fantasievollen Improvisieren und Weiterspinnen wirklich Eigenes machen könnten aus den Clips von den Klassikern. So gab es beides, Klassik und Jazz, doch eine Bühnenshow aus einem Guss blieb die Gruppe schuldig.
Das durchaus amüsierte, freundliche Publikum blieb distanziert, fand sich für den Abend ganz nett unterhalten, aber leider nicht mehr.
 
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